Lebertran

[298] Lebertran (Kodöl, Oleum jecoris aselli), aus der Leber mehrerer Schellfischarten, besonders vom Schellfisch (Gadus Aeglefinus), Kabeljau (Gadus Morrhua), vom Dorsch (G. Callarias) und Köhler (G. carbonarius), in Bergen, Neufundland und Newhaven in Schottland gewonnenes Öl. Der blanke, hellblanke, gelbe (weiße) L. fließt bei Erwärmung im Wasserbad aus den Fischlebern aus; doch gewinnt man ihn auch durch Einwirkung von Wasserdampf auf die zerkleinerte Leber (daher Dampflebertran, Fabriktran). Er ist klar, etwas dickflüssig, stroh- oder goldgelb, von schwachem Geruch und Geschmack und reagiert schwach sauer. Durch stärkeres Erhitzen der Lebern und Auspressen erhält man den braunblanken oder blanken hellbraunen L., der hell kastanienbraun ist, stärker riecht und schmeckt und deutlich sauer reagiert. Die Rückstände der Leber liefern endlich durch Auskochen mit Wasser den braunen L. Der beste norwegische L. wird auf den Lofoten aus den ganz frischen Lebern des Dorsches in den ersten Wintermonaten hergestellt. Die Lebern sind dann sehr hell und reich an Fett. Im Handel versteht man unter Bergener L. alle bessern Sorten. 4500 Dorschlebern liefern etwa 100 kg L. Der L. besteht aus Glyzeriden der Olein-, Stearin- und Palmitinsäure und enthält außerdem ca. 3–5 Proz. freie Fettsäuren und in geringer Menge Gallenbestandteile, Essigsäure, Buttersäure, Jod- und Bromverbindungen (0,02–0,05 Proz. Jod), Phosphor etc. Sein spezifisches Gewicht ist 0,920–0,929; er bleibt meist noch bei -4 bis -6° klar, ist leicht löslich in Äther, wenig in kaltem Alkohol und wird durch ätzende Alkalien verseift. Man benutzt ihn in der Medizin, weil er infolge seines Gehalts an freien Fettsäuren mit dem in der Galle enthaltenen Alkali Seifen bildet, die eine äußerst seine Emulgierbarkeit des Trans herbeiführen, so daß er leichter als andre Fette resorbiert wird. Hierauf beruht der große Nährwert des Lebertrans (der theoretisch bei dunklem L. größer sein sollte als bei hellem, da dieser weniger Fettsäure enthält), und er wird deshalb oft mit Erfolg bei Skrofulose, Rachitis, Lungenschwindsucht, Zuckerruhr etc. benutzt. Im Anfang der Kur erregt L. oft Widerwillen, Appetitlosigkeit, selbst Erbrechen, und wenn diese Erscheinungen nicht bald verschwinden, so ist von dem fernern Gebrauch des Trans abzusehen. Der widerliche Geschmack wird durch Pfefferminzplätzchen, auch durch Trinken von eisenhaltigem Wasser gleich nach dem Einnehmen des Trans verdeckt, immerhin hat man sich bemüht, Präparate zu erfinden, denen dieser Übelstand nicht anhaftet. Dahin gehören der solidisizierte L. (6 L., 1 Walrat in Oblaten), mit L. gefüllte Kapseln, brausender L. (mit Kohlensäure imprägniert, auch mit Eisenpräparaten, Jod, Phosphor etc. versetzt), Scotts Emulsion (44 L., 16 Glyzerin, 1 unterphosphorsaurer Kalk, 0,5 unterphosphorsaures Natron) u.a. Technisch benutzt man L. in der Gerberei. Man gewinnt jährlich etwa 30,000 hl Dampftran und 50,000 hl dunklern L.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 298.
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