Lydgate

[894] Lydgate (spr. liddgĕt), John, engl. Dichter, geb. um 1370 in Lydgate bei Newmarket, gest. um 1450 in Bury St. Edmunds, studierte in Oxford und Cambridge, wurde mit 16 Jahren Benediktiner in der Abtei Bury und hatte hier zeitlebens seine Heimat, obwohl er vielfach in London lebte, Reisen machte und eine Zeitlang auch Prior in Hatfield war. Er ist der Hauptschüler Chaucers. Wie sein Meister, stellte er die Feder in den Dienst vieler vornehmer Gönner, schrieb Legenden, Gebete und Gelegenheitsgedichte für den König, für Fürsten und namentlich für Damen, immer brav und gewandt, nie mit dem Stempel des Genies. Seine umfänglichsten Werke sind Epen: »The Troy book«, begonnen um 1412; »The story of Thebes«, begonnen um 1420 und als Ergänzung zu Chaucers »Canterbury-Geschichten« gedacht (gedruckt bei Chalmers, »British poets«, 1. Bd., 1810), und »The falls of princes«, eine Bearbeitung von Boccaccios »De casibus virorum illustrium«, geschrieben 1424–33. Kürzer und interessanter gab er sich in der »Fabula duorum mercatorum« (hrsg. von Schleich, Straßb. 1897) sowie in den allegorischen Dichtungen: »Temple of glass« (hrsg. von Schick in der »Early English Text Society«, 1892); »Court of sapience«, »Assembly of gods« (hrsg. von Treggs, Berl. 1895); »Fleur of courtesy«, »Reason and sensibility« (hrsg. von Sieper, das. 1901) u.a. Bedeutenden Einfluß auf die satirische Literatur der Folgezeit hat er geübt durch seinen »Aesop«, »Dance of death«, »Order of fools«, »London Lackpenny«, »Of a marriage between an old man and a young wife« (hrsg. meist von Halliwell für die »Percy Society« 1870 als »Minor poems«). Von der Unzahl seiner geistlichen Schriften sei die metrische Übersetzung von Deguillevilles »Pèlerinage de la vie humaine« erwähnt, durch die das Urbild von Bunyans »Pilgrimage« nach England kam (hrsg. von Furnivall in der »Early English Text Society«, 1899), und Legenden (hrsg. von Horstmann an verschiedenen Orten). Eine Gesamtausgabe seiner Werke fehlt noch. Am meisten Aufschluß über ihn ist zu finden inten Brinks (s. d. 2) »Geschichte der englischen Literatur«, in Schicks Einleitung zum »Temple of glass« und in Gattingers »Lyrik Lydgates« (Wien 1896). Als Fortführer von Chaucers Stil- und Verskunst und als Einführer humanistischer Stoffe hatte er Bedeutung bis herab zur Zeit Shakespeares, worauf er der Vergessenheit anheimfiel.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 894.
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