[40] Olitäten (v. lat. oleum), ölige oder balsamische Volksarzneimittel, die von Laboranten nach geheim gehaltenen Vorschriften alter Zeit fabrikmäßig für den Handel als Spezialitäten gefertigt werden und sich durch mündliche Tradition in der Gunst der ärmern Bevölkerung erhalten haben. Hierher gehören: Benediktusöl, Güldenbalsam, Harlemer Öl oder Tillijtropfen, Jerusalemer oder Wiener Balsam, Lebensöl, Bergöl, Skorpionöl, englischer Wunderbalsam etc., dann aber auch Kaiserpillen, Schneeberger Schnupftabak, Augenwasser, Klepperbeins, Hamburger und Schwarzburger Pflaster, Universalsalbe, einige Tierheilmittel etc. Vielen O. ist eine gedruckte Beschreibung beigegeben, deren oft sehr einfältiger Text gewöhnlich in der volkstümlichen Schreibweise früherer Jahrhunderte abgefaßt ist. Die meisten O. werden als Universalheilmittel zu innerlicher und äußerlicher Anwendung empfohlen. Einige von ihnen enthielten früher gefährliche und stark wirkende Arzneistoffe (Arsen, Quecksilberpräparate, Opium, Krotonöl. [40] Gummigutt), und noch jetzt enthalten die Kaiserpillen und einige andre Abführmittel drastische Stoffe, die nicht für jedermann zuträglich sind. Die meisten andern, zur innerlichen Anwendung dienenden O. bestehen zwar gemeiniglich aus indifferenten Arzneistoffen, es fehlt für ihre nicht genau bekannte Zusammensetzung indessen jede Garantie, und es ist leicht möglich, daß sie in falscher Menge, in unrichtiger Weise und an verkehrter Stelle angewendet werden und Schaden anrichten. Die Olitätenindustrie im sächsischen Erzgebirge und in der Lausitz ist heute belanglos, sie blüht aber noch im Thüringer Wald, wo sie durch Mylius aus Oberweißbach (gest. um 1680) organisiert wurde, und von Königsee, Mellenbach, Oberweißbach und Ölze werden diese Arzneispezialitäten auch als Ausfuhrartikel im großen in alle Gegenden der Welt gesandt, in denen sich Deutsche aufhalten. Früh er wurden die O. an die ärmere Landbevölkerung vorwiegend durch sogen. Balsamträger verkauft, gegenwärtig ist der Verschleiß durch diese Hausierer gesetzlich nicht mehr zulässig und wird nur noch heimlich betrieben. Sehr eingebürgerte O. werden hier und da auch in Apotheken feilgehalten. Über die Zusammensetzung einzelner O. vgl. Hahn und Holfert, Spezialitäten und Geheimmittel etc. (5. Aufl., Berl. 1893).