Pferdefuß [1]

[712] Pferdefuß (Pes equinus, Spitzfuß), Mißgestaltung des Fußes, wobei die Fußsohle mit dem Unterschenkel dieselbe Richtung hat und die Ferse bedeutend in die Höhe gezogen ist, so daß der Kranke beim Gehen nur mit den Zehen und vorzüglich mit dem Ballen auftritt. Die Achillessehne ist dabei stark gespannt, der Rücken des Fußes stärker gewölbt, seine Sohle mehr ausgehöhlt. Im höchsten Grade des Übels kann sich die Fußspitze nach hinten richten, so daß der Kranke auf dem Fußrücken geht. Die Ursache des Pferdefußes liegt in abnormer Zusammenziehung und Verkürzung der Wadenmuskeln; später verkürzen sich auch die Aponeurose der Fußsohle, der hintere Schienbein- und der lange Wadenmuskel. Bei hohem Grade der Verkrümmung wird die Gelenkfläche des Sprungbeins so weit verschoben, daß sie beinahe außer Verbindung mit der Schienbeinröhre und letztere beinahe ganz auf den hintern Teil des Fersenbeins zu stehen kommt. Der P. ist bald angeboren, bald in frühester Kindheit erworben. In allen Fällen ist das Gehen unmöglich oder doch in hohem Grade schmerzhaft. Die Behandlung ist eine mechanisch-operative. Nach Durchschneidung der Achillessehne wird der Fuß in der Chloroformnarkose richtig gestellt und in einem Gipsverband bis zur Heilung fixiert. In sehr hochgradigen Fällen muß diese Korrektion in wiederhol len Sitzungen hergestellt werden. Die Behandlung mit Maschinen ist sehr viel langwieriger und dabei unsicher. Wo der Fußrücken sehr stark gewölbt und die Aponeurose der[712] Fußsohle strangartig gespannt ist, wird meist auch deren Durchschneidung notwendig. – Der P., den der alte Volksaberglaube dem Teufel als charakteristisches Abzeichen beilegt und einerseits dem Hinkefuß des Feuer- und Schmiedegottes der Ägypter, Griechen, Römer und Germanen, anderseits den Bockfüßen des gehörnten Pan und seiner Scharen analog erscheint, ist wahrscheinlich auf das Roß Wuotans zurückzuführen, der nach Einführung des Christentums in der Sage als Teufel fortlebte, und dessen Hufeisenspuren überall im Lande auf Steinen und Felsen gezeigt wurden (s. Roßtrappen).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 712-713.
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