Pfirsichbaum

[714] Pfirsichbaum (Pfirsche, Pfirsing, Persica Tourn., hierzu Tafel »Pfirsiche und Aprikosen«), Untergattung der Gattung Prunus (Familie der Rosazeen), Bäume oder Sträucher mit länglich-lanzettförmigen Blättern, vor den Blättern erscheinenden, meist nur zu 1–2 stehenden Blüten, saftiger, samtartig behaarter Steinfrucht und unregelmäßig und tief gefurchtem Stein mit punktförmigen Gruben. Der gemeine P. (P. vulgaris Mill.), ein Baum mit kurzgestielten, lanzettlichen, stachelspitzig gesägten Blättern, kurzgestielten, dunkel- bis hellrosa gefärbten, auch weißen Blüten, die sehr früh vor Entwickelung der Laubknospen erscheinen. Die Frucht ist meist rundlich, mit einer von oben nach unten gehenden Furche, auf der Oberfläche mit samtartigem Überzug oder glatt (Nektarinen). Der Stein löst sich nicht immer von dem sehr saftigen Fleisch, er enthält einen großen, ölreichen, bittern oder süßen Samen. Der P. ist ohne Früchte schwer oder kaum sicher vom Mandelbaum zu unterscheiden, und eine Form, der Mandelpfirsich (Pfirsichmandel), mit hartfleischigen, aufspringenden Früchten, gilt als Bastard zwischen beiden, gibt aber bei der Aussaat immer wieder dieselbe Pflanze und ist vielleicht die ursprüngliche Form des Pfirsichbaums. Der P. gedeiht als Hochstamm nur in wärmern Klimaten, bei uns kann er meist nur an Mauern am Spalier in südlicher oder südwestlicher Lage gezogen werden; er ist viel empfindlicher[714] als der Mandelbaum, und nur mit vorzugsweise harten Sorten (früher Alexander, frühe Beatrix etc.) ist in günstiger, geschützter Lage eine hochstämmige Anzucht erfolgreich. In neuester Zeit will man die Erfahrung gemacht haben, daß der P. härter ist, als man bisher annahm, und in frei wachsender Buschform besser gedeiht als am Spalier. Er verlangt einen nahrhaften, tief lockern, nicht zu feuchten Boden, der besonders in den untern Schichten mit kalkhaltigem Schutt gemischt ist. Im Winter schützt man ihn vorteilhaft durch vorgehängtes Fichtenreisig, das im Frühjahr bis nach der Befruchtung hängen bleibt. Man vermehrt ihn durch Erziehen aus dem Kern, durch Okulieren auf das schlafende Auge oder Kopulieren auf aus dem Kern gezogenen Pfirsichwildlingen oder auf Pflaumen. Im dritten Jahre nach der Veredelung beginnt der Baum zu tragen. Man unterscheidet vier Klassen: Früchte mit samtartigem Überzug und vom Fleisch leicht ablösbarem Stein, echte Pfirsiche; Früchte mit samtartigem Überzug und vom Fleisch nicht ablösbarem Stein, Härtlinge, Nager (Pavies); glatte Früchte mit leicht ablösbarem Stein, Nektarinen; glatte Früchte mit vom Fleisch nicht lösbarem Stein, Brügnoten. Die meisten Pfirsiche haben weißes Fleisch, doch gibt es auch rotfleischige, sogen. Blutpfirsiche, und gelbfleischige Aprikosenpfirsiche; die gelbfleischigen Nektarinen heißen Prünellen, die weißfleischigen wegen ihrer meist violetten und oft marmorierten Außenschale Violetten. Empfehlenswerte Sorten sind: Amsden oder Junipfirsich, früher Bergpfirsich, frühe von Rivers (Fig. 6), frühe Viktoria (Fig. 8), gelber wunderschöner Blutpfirsich, Bollweiler Liebling, Bourdine, Galandpfirsich, Alexander, Königin der Obstgärten, Leopold I. (Fig. 7), Georg IV., roter und weißer Magdalenenpfirsich, Maltapfirsich, frühe und große Mignonne (Fig. 10), Etruges Nektarine (Fig. 9), Pfirsichnektarine (Fig. 11), Prinzessin Marie von Württemberg, Prinzessin von Wales, früher Purpurpfirsich, Schmidtbergers Pfirsich, Schöne von Doué, Venusbrust, Willermoz, Madame Gaujard, Schöne von Vitry, Schöne von Westland. Pfirsiche enthalten im Mittel 80,03 Wasser, 4,48 Zucker, 0,92 freie Säure, 0,65 Eiweißstoffe, 7,17 Pektinstoffe, 6,06 Kern und Schale, 0,69 Asche. Der größte Feind des Pfirsichbaums ist der die Kräuselkrankheit der Blätter hervorrufende Pilz, der durch Bespritzen mit Bordelaiser Brühe sicher bekämpft wird. Die Samen kommen vielfach als Mandeln, Aprikosenkerne (aus Kleinasien) in den Handel, und daraus gepreßtes Öl wird dem Mandelöl beigemischt. Nach De Candolle stammt der P. aus China, er scheint früh im nordwestlichen Indien naturalisiert worden zu sein, gelangte auch nach Persien und wurde in Europa zuerst gegen die Mitte des 1. Jahrh. in Italien angepflanzt. Jetzt blüht seine Kultur besonders in Frankreich, namentlich in Montreuil bei Paris; in Südtirol bringen oft schon dreijährige Pflanzen Früchte hervor, man läßt sie aber nur kurze Zeit tragen und ersetzt sie oft schon nach einem Jahrzehnt durch andre. Sehr ausgebreitet ist die Pfirsichkultur in Nordamerika. In Kalifornien standen 1900 auf 8000 Acres mehr als 5,5 Mill. Pfirsichbäume. Vgl. Ompteda, Anleitung zur Pfirsichzucht (Berl. 1879); Lepère-Hartwig, Kultur des Pfirsichbaums am Spalier (2. Aufl., Weim. 1886); Buche, Anleitung zur Pfirsichzucht (2. Aufl., Münch. 1901); Kotelmann, Pfirsiche und Aprikosen, deren Anzucht etc. (Berl. 1899); Rudolph, Die Freilandzucht des Pfirsichbusches (Frankf. a. O. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 714-715.
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