Pilātus [1]

[875] Pilātus (im Mittelalter auch Frakmont, Mons fractus genannt wegen seines zerklüfteten Gipfels), Gebirgsstock der Emmentaler Alpen, am Unterende des Vierwaldstädter Sees dem Rigi gegenüber aufragend. Er besteht aus 1–5 Falten aus Eocän und Kreide. Auf seiner untern, sanft ansteigenden Hälfte ist der P. bewaldet und bietet hier Weiden dar; die obere Hälfte aber besteht aus kahlen, verwitterten, in mehreren Spitzen emporragenden Felskolossen, von denen das Tomlishorn (2132 m) der höchste ist. Andre Punkte sind der am meisten besuchte Esel (2122 m), Gemsmättli (2052 m), Widderfeld (2078 m), Matthorn (2040 m), Klimsenhorn (1910 m) etc. Auf der Höhe des P. liegt der Pilatussee (s. Pilatus, Pontius). Auf den trefflichen Alpenweiden des Berges werden im Sommer über 4000 Stück Rindvieh ernährt. Auf dem Esel ist das Chriesiloch, eine schlotartige, schief eingesenkte Höhle; nachdem man diese auf Leitern durchklettert hat, eröffnet sich eine überraschende Aussicht auf die Berner Alpen. Eine noch freiere Aussicht bietet das Tomlishorn, wohin ein kühn angelegter, sicherer Weg führt. Auf Klimsenhornegg (1860 m) steht ein Gasthaus. Auf der Bründelenalp befindet sich das Dominikloch, eine Höhle hoch oben an einer senkrechten Felsenwand, an deren Eingang eine über 3 m hohe bildsäulenähnliche Figur von weißem Gestein steht. Der P., schon 1518 von dem St. Gallischen Reformator Vadian bestiegen, bietet dem Botaniker eine reiche Flora dar. Der zum Alpnacher See abfallende Teil des Berges heißt Lopperberg, den der Bergpfad von Alpnach nach Hergiswil im Renggpaß (883 m) überschreitet. Man ersteigt den Esel am häufigsten von Hergiswil in 4 Stunden; etwas länger, aber bequemer und schöner ist der Weg von Alpnach (441 m), von wo aus seit 1889 eine Zahnradbahn bis zum Hôtel Pilatus-Kulm (2070 m) hinausführt. Die Länge der Bahn beträgt 4455 m, die Spurweite 80 cm, die Steigung schwankt zwischen 18 und 48 Proz. Die Bahn weist an Kunstbauten einen Viadukt, 3 kleinere und einen größern Tunnel auf (s. Tafel »Bergbahnen III«, Fig. 5). Vgl. Kaufmann, Der P. (in den »Beiträgen zur geologischen Karte der Schweiz«, Bern 1867); Hardmeyer, Die Pilatusbahn (Zürich 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 875.
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