[497] Pilatus (Pontius), der durch Christi Hinrichtung merkwürdig gewordene röm. Landpfleger der Juden, war als [497] Richter Jesu, in welchem er nur einen bedauernswerthen Schwärmer erkennen mochte, von dessen Unschuld überzeugt und bemüht, ihn zu retten. Es fehlte ihm aber theils an tiefer gewurzelter Gerechtigkeitsliebe und Festigkeit des Charakters, theils bei den Drohungen der Juden an einem guten Gewissen, um Das, was er wünschte, durchzusetzen. Vielleicht daß P., da die Menge sich nicht für den Unschuldigen erklärte, auch den Aufstand des reizbaren Volkes fürchtete, wenn er ihm Jesus entriß, wovon er die Folgen in seiner amtlichen Stellung am kais. Hofe nicht zu vertreten vermocht hätte. Die in der Leidensgeschichte erwähnte Frau des P., welche durch einen Traum gewarnt, ihn von der Verurtheilung des Unschuldigen abzuhalten suchte, hieß Procla und ihr Traum war nach Dem, was sie von Jesus gehört haben mochte, nicht übernatürlich. Bald nach der Hinrichtung wurde P. selbst wegen seines gewaltthätigen Verfahrens gegen die Juden zur Verantwortung nach Rom gerufen und nach Caligula's Regierungsantritte in die Verbannung geschickt, während die kirchliche Sage ihn das Leben in der Verzweiflung über das an Christus begangene Unrecht durch Selbstmord enden läßt.