Pneumothorax

[52] Pneumothorax (Pneumatothorax, griech.), Luftansammlung im Brustfellraum. Die Luft gelangt dahin entweder von außen durch Brustwunden oder häufiger von innen durch Lungenzerreißung, indem ein Luftröhrenzweig und das Lungenfell zerrissen wird. Die Lunge zieht sich dabei vermöge ihrer Elastizität von der Wandung des Brustkorbes zurück und sinkt, sofern sie nicht verwachsen ist, zusammen. Sie wird beim Einatmen nicht mehr mit Luft gefüllt, weil der äußere Luftdruck nicht, wie gewöhnlich, nur von der Luftröhre aus auf der Lunge lastet und sie an die Wand des bei der Atmung sich bewegenden Brustkorbes angedrückt erhält, sondern auch vom Rippenfellraum auf die Lunge drückt und dadurch ihre Abdrängung von der Brustwand ermöglicht. Die betreffende Lunge geht also für das Atmen teilweise oder ganz verloren, und daher entsteht bei P. oft hochgradige Atemnot, zumal wenn noch andre Lungenkrankheiten daneben bestehen. Unter den Ursachen sind ziemlich häufig Schuß- und Stichwunden, seltener Geschwüre krebsiger Natur an der Brust oder in der Speiseröhre; die Durchlöcherung der Lunge erfolgt durch Lungenabszeß, Lungenbrand, durch Bersten von Emphysemblasen, am häufigsten aber bei Lungentuberkulose, wenn der Zerfall des Lungengewebes sich auf das Lungenfell ausdehnt, so daß dieses durchbrochen wird. Zeichen des P. sind meist plötzlich auftretende oder erhöhte Atemnot, unter Umständen mit Fieber und Schmerzen auf der kranken Seite. Objektiv kennzeichnet sich der P. hauptsächlich durch die Verschiebung der Nachbarorgane, ferner erscheint der Brustkorb auf der befallenen Seite ausgedehnt, er atmet nicht mehr wie auf der gesunden Seite; Atmungsgeräusch und Resonanz sind verschwunden. Die infolge von Krankheiten an P. Leidenden gehen meist ziemlich schnell zugrunde, teils durch die Tuberkulose, teils durch Brustfellentzündung, die den P. fast stets begleitet, teils durch unvollständige Atmung. Selten tragen Kranke einen vollständigen P. ohne besondere Beschwerden mit sich herum. Bei durch äußere Verletzungen entstandenem P. wird die Luft resorbiert, und die Lunge tritt wieder an die Thoraxwand heran, oder ein pleuritischer Erguß drängt die Luft auf demselben[52] Weg aus der Brustfellhöhle heraus, auf dem sie dahin gelangt ist, der pleuritische Erguß wird wieder aufgesaugt und die Norm annähernd wieder hergestellt. Unter Umständen kann man die Luft durch operativen Eingriff (Thorakozentese) aus der Brusthöhle zu entfernen suchen. Die Behandlung ist bei dem durch Krankheiten entstandenen P. ziemlich ohnmächtig. Sie hat den Verfall des Kranken durch entsprechende Ernährung aufzuhalten und seine Atemnot zu lindern. Bei dem durch Verletzung der Brustwand entstandenen P. gilt es, die Luft abzusperren, damit nicht stets von neuem Luft von außen in den Brustfellraum eindringt. – Pneumopyothorax besteht, wenn neben Luft auch Eiter in der Brusthöhle vorhanden ist; Ventilpneumothorax, wenn ein Lappen des schräg durchrissenen Lungengewebes die Verbindung zwischen den Luftröhrenästen und dem Brustfellraum ventilartig schließt, so daß nur bei der Einatmung Luft in den Brustraum eingesogen, bei der Ausatmung aber nicht ausgetrieben werden kann.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 52-53.
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