Polizeihunde

[104] Polizeihunde, Hunde, welche die Polizeibeamten in ihrer Berufstätigkeit unterstützen sollen, sind in Belgien seit Ende vorigen, in Deutschland seit Anfang dieses Jahrhunderts eingestellt. Im Exekutivdienst sind Hunde in zahlreichen Ortschaften Belgiens, auch in vielen größern und kleinern Städten Deutschlands eingeführt, insbes. im rheinisch-westfälischen und im schlesischen Industriebezirk. Vorbildlich ist der Polizeihundezwinger in Braunschweig, wo zurzeit etwa 20 Hunde Nachtdienst versehen; von dort wurden abgerichtete Diensthunde nach Holland, England, Italien und Rußland abgegeben. Dem deutschen Beispiel folgten die Schweiz, Österreich und Rußland. Die Hunde dienen zur Begleitung der Nachtwachbeamten, insbes. in verrufenen, abgelegenen, weit ausgedehnten oder unübersichtlichen Bezirken. Der sinnesfeine Hund mit seiner Abneigung gegen Regelwidriges soll den Posten stehenden oder patrouillierenden Schutzmann auf verdächtige Geräusche oder andre Vorgänge aufmerksam machen, auch auf Befehl selbständig seitwärts und vorwärts abspüren und Verdächtiges melden. Auch kann er bei der Verfolgung auf frischer Tat Ertappter, bei Verhaftungen und Gefangenentransporten sowie bei Versuchen von Arrestantenbefreiung und bei Angriffen oder Überfällen auf Schutzleute, auch bei gemeinsamen »Streifen« von größtem Nutzen sein. Der Hund soll zunächst nur vorbeugend wirken, nur stellen, die Verhaftung nur vorbereiten. Aktiv darf er erst in Tätigkeit treten, wenn sein Führer ernstlich bedroht, daher zur Waffe greifen müßte. Versuche, das Dunkel einzelner Kriminalfälle durch Heranziehen von Hunden aufzuhellen, sind schon alt. Sie scheiterten zumeist daran, daß die Hunde vor eine unmögliche Aufgabe gestellt oder nicht in sachgemäßer Weise, entsprechend ihren Fähigkeiten, verwendet wurden. Erfolg ist hier nur zu erwarten, wenn die Spürhunde bald in Tätigkeit treten können, wenn Örtlichkeit oder andre Umstände ihnen ausreichende Aufnahme der vom Täter hinterlassenen Witterung ermöglichen. Auch ist Erfolg zu erwarten, wenn es angeht, dem Hunde der Tat Verdächtige vorzuführen, damit er deren Witterung mit der am Tatort gefundenen vergleichen kann. Außer im Polizeidienst finden Hunde mich bei der Gendarmerie und im Gefängniswesen and seitens der Wach- und Schließgesellschaften Verwendung, ferner als Begleiter der Aufsichtsbeamten in Irrenanstalten, Staats- oder bedeutenden Privatbetrieben, im Grenzzolldienst. Geeignet zur Verwendung sind nur mittelgroße, dabei aber kräftige, ausdauernde und bewegliche Hunde mit wetterharter Behaarung. Am geeignetsten sind die Schäferhunde. Die Ausbildung der am zweckmäßigsten etwa dreivierteljährig roh vom Schäfer zu beschaffenden Hunde ist sehr leicht. Die Unterhaltungskosten betragen etwa 10 bis 12 Mk. monatlich. In Belgien werden nur die landeseingebornen Schäferhunde verwandt, in Deutschland stellenweise auch die aus England eingeführten, aus wirtschaftlichen und andern Erwägungen minder empfehlenswerten, sonst aber gleichfalls gut geeigneten Airedale-Terrier. Für die Verbreitung der P. sorgen der Verein zur Förderung der Zucht und Verwendung von Polizeihunden (P. H. V.) in Elberfeld und der Verein für deutsche Schäferhunde (S. V.) in München; beide auch durch Abhaltung von Leistungsprüfungen für Diensthunde. Vgl. v. Stephanitz, Der Hund im Dienst der Polizei (3. Aufl., Münch. 1905); Berdez, Anleitung zur Dressur und Verwendung von Kriegshunden mit dem Anhang: Der Polizeihund (Bern 1903); Laufer, Unsere Polizei (Schwelm 1901); Montini, Il cane e la polizia (Macerata 1905). Zeitschriften: »Der Polizeihund«, Beilage zu »Der Gendarm« und »Die Polizei« (Berlin); »Zeitung des Vereins für deutsche Schäferhunde« (München).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 104.
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