Prügelstrafe

[412] Prügelstrafe, die strafweise Zufügung von Peitschen-, Stock- oder Rutenstreichen, die wichtigste Art der Leibesstrafe, kann entweder als eigentliche Strafe oder als Disziplinarmittel in Strafanstalten etc. vorkommen. Früher reichlich verwendet (im preußischen Landrecht als Staupenschlag bei den schwersten Verbrechen, als Willkomm und Abschied, als selbständige Strafe bei Bubenstreichen), ist sie seit der Mitte des 19. Jahrh. als kriminelle Strafe in den meisten Ländern (in Preußen durch Erlaß vom 6. Mai 1848 »infolge der allen Untertanen gleichmäßig verliehenen politischen Rechte«, in Österreich 1867) beseitigt worden. Dagegen kennt auch noch das heutige englische Recht (trotz Beseitigung der neunschwänzigen Katze, s. d.) die körperliche Züchtigung durch Peitschenhiebe, im allgemeinen nur bei männlichen Jugendlichen unter 16 Jahren (bis zu 25 Hieben), nach der Garrotter's Act 1863 aber auch gegen Erwachsene (bis zu 50 Hieben). Als Disziplinarstrafe findet sie auch in den deutschen Einzelstaaten reichliche Verwendung; so in Preußen (gegen männliche Zuchthausgefangene, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind), Sachsen, Hamburg, Lübeck, Oldenburg, Mecklenburg und Schwarzburg-Rudolstadt. In Dänemark wurde sie durch Gesetz vom 8. Sept. 1905 als Strafe für gewisse Roheitsdelikte eingeführt und hatte nach den statistischen Ausweisen unverkennbar gute Wirkungen schon im ersten Jahr ihres Bestehens gezeitigt. Seit 1879 (Mittelstädt) hat sich eine lebhafte Bewegung zugunsten der P., insbes. als kriminelle Strafe gegen Jugendliche einerseits, gegen Roheitsverbrechen anderseits, gebildet, deren Träger vor allen die rheinisch-westfälische Gefängnisgesellschaft und die Gefängnisgesellschaft für die Provinz Sachsen sind (Verhandlungen von 1890). Man rühmt von der P., neben ihrer abschreckenden [412] Kraft, daß sie das entsittlichende Gefängnis in vielen Fällen entbehrlich mache. Gegen sie führt man vor allem die Gefahr einer Klassenjustiz und die verrohende Wirkung auf die vollstreckenden Beamten. Vgl. v. Liszt, Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, Bd. 2, S. 250 ff. (Berl. 1905); Krauße, Die P. (das. 1899); Quanter, Die Leibes- und Lebensstrafen bei allen Völkern (Dresd. 1902); Hammer, Die P. ärztlich beleuchtet (Leipz. 1906); Wolfsheim, Zur Geschichte der P. in Schule und Haus (Berl. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 412-413.
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