[272] Predigt (v. lat. praedicare, »verkündigen«), die religiöse, speziell kultische Rede durchweg auf Grund eines biblischen Textes, von andern Reden, Vorträgen etc. vor allem durch lebendigere Anschaulichkeit und erweckliche Eindringlichkeit unterschieden. Von Anfang an im christlichen Gottesdienst geübt, wurde die P. durch die Reformation zu seinem wesentlichsten Stück erhoben und gilt dafür in der ganzen protestantischen Kirche noch heute. Die P. in der lutherischen Kirche knüpft an bestimmte wiederkehrende Perikopen (s. d.) an und will mehr praktische Auslegung sein, während die reformierte Kirche es mehr auf zusammenhängende Schrifterklärung absieht. Die eigentliche (sogen. synthetische) P. (im Gegensatz zur Homilie, s. d.) ist durchweg an bestimmte Kunstformen gebunden. Auf einen kurzen Eingang folgt das Thema, eine Behauptung in der Form eines Urteils, einer Frage oder Überschrift; es muß Einheit haben, sich erschöpfen lassen und bestimmt und bündig gegeben werden. Meist schließt sich ihm gleich eine Ankündigung der Teile, eine Disposition, an, d. h. eine Angabe der Gedankenreihen, in denen der Prediger seine Hauptidee[272] entfalten will, und die gehörig aus dieser entwickelt und logisch ihr untergeordnet sein müssen. Neuerdings hat man angefangen, Thema und Teile, zusammen auch Proposition genannt, nicht immer ausdrücklich anzukündigen. Verschiedene Arten der P. ergeben sich aus ihrer Stellung im Kultus (gewöhnliche, Kasual- und Festpredigten) und aus dem kirchlichen Organismus (Gast-, Probe-, Antritts- und Abschiedspredigten) sowie aus sonstigen Veranlassungen (Gedächtnis-, Ernte-, Brand-, Heer-, Missions-, Bußtagspredigten etc.). Freieres Gepräge tragen die an gewisse kirchliche Handlungen geknüpften geistlichen Gelegenheitsreden (Tauf-, Konfirmations-, Beicht-, Trau-, Leichen-, Einweihungs- und Einführungsreden). Diewissenschaftliche Lehre von der P. bietet die Homiletik (s. d.). Über die Geschichte der P. s. Kanzelberedsamkeit.