Singanfu

[489] Singanfu (Singan), Hauptstadt der chines. Provinz Schensi, 360 m ü. M., 10 km vom Weiho, dem größten Nebenfluß des Hwangho, umgeben von einer mit Türmen gekrönten, 12 m hohen Ziegelmauer, bildet ein 3,5 km langes, 2 km breites Viereck. Vier Tore führen in das von vielen Gärten und Feldern, seit dem Einfall der Taiping 1872 auch von vielen Ruinen erfüllte Innere, in dessen Mitte sich ein von hohen Mauern umgebener kaiserlicher Palast, jetzt Residenz des Gouverneurs, befindet. Mit den Vorstädten soll die Stadt 0,5–1 Mill. Einw. haben, darunter 50,000 Mohammedaner, die acht Moscheen besitzen. Der Handel ist sehr bedeutend, da S. den Durchgangsplatz für den ganzen Verkehr zwischen Innerasien und dem östlichen und südlichen China bildet. Von Tschekiang und Sz'tschwan kommt Tee, von Hupé und Honan Zucker nebst andern Waren, wofür in Kansu, Turkistan, Kuldscha und Tibet Rhabarber, Moschus, Arzneipflanzen, Opium, Wolle und Pelzwerk eingetauscht werden. S. hat ein sehr reiches archäologisches Museum mit 20 Jahrhunderte alten Inschriften, darunter die berühmte zweisprachige (chinesisch und syrjakisch) Nestorianische Tafel von 78 ln. Chr., die 1625 von Jesuiten aufgefunden wurde. Nach S., das in frühern Zeiten mehrfach Reichshauptstadt gewesen war, flüchtete während des Boxeraufstandes im August 1900 der kaiserliche Hof vor den verbündeten europäischen Truppen und kehrte erst im Januar 1902 nach Peking zurück.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 489.
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