Stenographisches Bureau

[933] Stenographisches Bureau, die Gesamtheit der Personen und Einrichtungen, die zur Herstellung »stenographischer Berichte« (s. d.), d. h. bei der stenographischen Aufnahme längerer Verhandlungen und deren Übertragung nötig sind. In den Parlamenten gibt es offizielle (staatliche) und private stenographische Bureaus. Erstere arbeiten meist so, daß stets je zwei Stenographen z. B. 10 Minuten lang zusammenarbeiten und dann von einem andern Stenographenpaar abgelöst werden; jeder Stenograph diktiert dann die Hälfte seines »Turnus« (5 Minuten) einem Stenographensekretär oder Stenographenschreiber, neuerdings auch einem Schreibmaschinenschreiber. Der »Journalist« hat die einzelnen Blätter in die richtige Stelle der Gesamtübertragung des Bureaus einzuordnen. Die Redner korrigieren die Übertragung während der Sitzung. Neben diesem in den Berliner Parlamenten üblichen System der Stenographenpaare kennt man auch das System des Kettenschlusses (in der württembergischen Kammer) und das System der Revisoren (in Frankreich, Sachsen, Elsaß-Lothringen). Bei erstern schreiben auch ständig zwei Stenographen, jeder z. B. 10 Minuten, sie werden aber nicht zu gleicher Zeit abgelöst, sondern nach 5 Minuten wird einer abgelöst, nach weitern 5 Minuten der zweite, und so erfolgt fortan die Ablösung alle 5 Minuten; jeder überträgt die zuletzt von ihm geschriebenen 5 Minuten, so daß er sich in der ersten Hälfte seiner Zeit zugleich zur Kontrolle seines Partners einschreiben und in den Zusammenhang der Rede einarbeiten kann. Das Revisorensystem bezweckt, die Korrektur den Rednern zu ersparen: neben den sich in kürzerer Zeit abwechselnden Stenographen (in Frankreich rouleurs) schreiben Revisoren (reviseurs) längere Zeit, z. B. je eine halbe Stunde, zur Kontrolle mit und besorgen sodann die Korrektur und Drucklegung der Übertragung. Die stenographischen Privatbureaus arbeiten auf den Journalistentribünen der Parlamente für eine größere Zeitung oder für eine Mehrzahl von Zeitungen. Auch diese Tribünenstenographen diktieren die Übertragung ihres Stenogramms Diktatstenographen oder Maschinenschreibern. Vgl. Simmerlein im »Archiv für Stenographie«, März 1881; Kramsall, Die Stenographie im Dienste der Parlamente (Wien 1891); Wigard, Lehrbuch der Redezeichenkunst, 2. Teil (2. Ausg., Dresd. 1869); Verhandlungen der internationalen Stenographentage zu London 1887, Paris 1889 und München 1890; Wertheimer, Die Stenographie in der Volkswirtschaft (Berl. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 933.
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