[339] Tatbestand (Corpus oder Materiale delicti), im Strafrecht der Inbegriff derjenigen Merkmale, die den Begriff einer strafbaren Handlung ausmachen. Subjektiver T., die innere Tat, das Willensmoment, objektiver T., die äußern tatsächlichen Merkmale, die zu dem Begriff des Verbrechens gehören, allgemeiner T., die Merkmale eines Verbrechens überhaupt, besonderer T., die Merkmale einer einzelnen Verbrechensart. Im Zivilprozeßrecht (§ 313 der Zivilprozeßordnung) bedeutet T. denjenigen (von der Urteilsformel und den Entscheidungsgründen äußerlich zu sondernden) Bestandteil des Urteils, der die gedrängte Darstellung der dem Urteil zugrunde liegenden Tatsachen, die Geschichtserzählung, enthält. Diese Darstellung hat auf Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien, unter Hervorhebung der gestellten Anträge, durch das Gericht (nach französischem Rechte durch die Anwälte) zu geschehen. Da der T. des Urteils rücksichtlich des mündlichen Parteivorbringens Beweis liefert und nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden kann, so ist es den Parteien gestattet, falls der T. Unrichtigkeiten, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche enthält, eine sogen. Berichtigung des Tatbestandes zu beantragen. Über einen solchen Antrag wird mündlich verhandelt und ohne vorgängige Beweisaufnahme vom Gericht entschieden. Der Beschluß, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen bemerkt; eine Änderung des übrigen Teiles des Urteils hat sie nicht zur Folge. Auch nach der österreichischen Zivilprozeßordnung (§ 417 u. 420 ff.) hat das Urteil einen besondern T. zu enthalten und findet ein Berichtigungsverfahren statt. Die Bedeutung der T. ist jedoch geringer, weil der Inhalt der Protokolle maßgebend ist. Im Strafprozeß wird die Geschichtserzählung in die Urteilsgründe verflochten; einen besondern Urteilstatbestand in dem geschilderten zivilprozessualen Sinne kennt der Strafprozeß nicht. Vgl. Deutsche Zivilprozeßordnung, § 284, Z. 3 u. 5; § 291.