Verfassungsänderung

[69] Verfassungsänderung (Revision der Verfassung) ist jeder Akt der Gesetzgebung, der bezweckt, eine Bestimmung der Verfassung oder eines der Verfassung gleichgestellten Gesetzes (Verfassungsgesetzes) aufzuheben, authentisch auszulegen oder abzuändern. Die Eigenschaft eines Verfassungsgesetzes ergibt sich nicht aus seinem sachlichen Inhalt, sondern nur aus dem formellen Umstand, daß seine Änderung an erschwerende Formvorschriften gebunden ist. Der Gegensatz des Verfassungsgesetzes ist das einfache Gesetz, bei dem eine solche Erschwerung der Abänderung nicht Platz greift. Jene Erschwerung besteht regelmäßig darin, daß für die Beschlußfassung des Parlaments über eine V. eine größere Mehrheit als bei einfachen Gesetzen vorgeschrieben ist, wohl auch eine größere Präsenzziffer bei der Beschlußfassung. Auch kommen Vorschriften vor, die das Recht des Parlaments, Verfassungsänderungen zu beantragen (Initiativrecht), einschränken. Die deutsche Reichsverfassung gibt für[69] Verfassungsänderungen hinsichtlich des Reichstags keine erschwerenden Bestimmungen; dagegen sagt sie in Art. 78, Absatz 1: Veränderungen der Verfassung »gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrat 14 Stimmen gegen sich haben«. Vgl. Jellinek, V. und Verfassungswandlung (Berl. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 69-70.
Lizenz:
Faksimiles:
69 | 70
Kategorien: