Revision

[851] Revision (lat.), nochmalige Durchsicht, Prüfung; im Rechtswesen ein Rechtsmittel, durch das die nochmalige Entscheidung einer Rechtsfrage in höherer Instanz veranlaßt wird. Die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 545–566) gestattet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile der Oberlandesgerichte das Rechtsmittel der R., doch ist deren Zulässigkeit der Regel nach durch einen Wertbetrag des Beschwerdegegenstandes von mehr als 2500 Mk. (Revisionssumme) bedingt. Die R. kann nur auf die Verletzung eines Gesetzes gestützt werden. Über die R. in Zivilsachen, die binnen einer einmonatigen Frist von der Zustellung des anzufechtenden Urteils an (Revisionsfrist) eingelegt und binnen eines weitern Monats begründet werden muß, entscheidet regelmäßig das Reichsgericht. In Bayern entscheidet jedoch das oberste Landesgericht (s. d.) über die R. in landesrechtlichen Angelegenheiten. Nach der österreichischen Zivilprozeßordnung (§ 502 ff.) findet die R. gegen die Urteile der Berufungsgerichte statt; in Bagatellsachen wird sie jedoch nicht zugelassen. Die Entscheidung darüber steht in allen Fällen dem obersten Gerichtshof zu. Die Revisionsfrist beträgt 14 Tage. R. ist nur zulässig aus einem der in § 503 genannten Revisionsgründe.

In Strafsachen findet R. nach der deutschen Strafprozeßordnung (§ 374 ff.) gegen Urteile der Strafkammern und der Schwurgerichte statt, und zwar ebenfalls nur für den Fall einer Gesetzesverletzung. Die Revisionsfrist beträgt in Strafsachen eine Woche. Als Revisionsgerichte sind, wenn es sich um die Anfechtung von Urteilen der Strafkammern handelt, in der Berufungsinstanz die Strafsenate der Oberlandesgerichte zuständig. Dasselbe ist der Fall, wenn die R. ausschließlich auf die Verletzung einer landesgesetzlichen Bestimmung gestützt wird. Im übrigen ist das Reichsgericht (s. d.) zuständig. Im Militärstrafverfahren entscheidet über die R. gegen Urteile der Oberkriegsgerichte das Reichsmilitärgericht. Die R. ist hier nicht bloß wegen Gesetzesverletzung statthaft, sondern auch wegen Nichtanwendung oder unrichtiger Anwendung einer ausdrücklichen militärischen Dienstvorschrift oder eines militärischen Grundsatzes (Militärstrafgerichtsordnung, § 399). Die R. führt, wenn sie als begründet erscheint, regelmäßig nur zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils (s. Kassation) und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Unter bestimmten Voraussetzungen hat aber das Revisionsgericht auch in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. Gerichtsverfassung und Rechtsmittel). – Im Rechnungswesen versteht man unter R. die Prüfung einer Rechnung, und zwar werden die Staats- und Gemeinderechnungen regelmäßig durch besonders dazu angestellte Beamte (Revisoren, Revisionsbureaus) revidiert. Wird dann auch diese R. einer nochmaligen Prüfung durch eine höhere Instanz unterzogen, so spricht man von einer [851] Superrevision. Für die Prüfung der Staatsrechnungen sind regelmäßig besondere Behörden eingesetzt (s. Oberrechnungskammer). – In der Politik bezeichnet man mit R. die Durchsicht und erneute Prüfung von Staatsverträgen oder Gesetzesbestimmungen, um dieselben mit den veränderten Zeitverhältnissen in Einklang zu bringen, zu welchem Zweck nicht selten besondere Revisionskommissionen gebildet werden. Die R. der Staatsverfassung ist in der Regel an besondere Vorschriften gebunden, indem sie im gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung nicht erfolgen kann (s. Verfassungsänderung). – Im Zollwesen ist R. die amtliche Prüfung von Sendungen und von Passagiergut behufs Feststellung der Zollpflichtigkeit. In Steuerangelegenheiten bezeichnet man mit R. insbes. die Berichtigung und Neugestaltung der Kataster (s. d.) der Grund- und Gebäudesteuer.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 851-852.
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