Victorĭa [4]

[137] Victorĭa Lindl., Gattung der Nymphäazeen mit 2–3 Arten. V. regia Lindl. (s. Tafel »Wasserpflanzen I«), in den stillen Buchten der Ströme des tropischen Südamerika, ist unsrer weißen Seerose sehr ähnlich, übertrifft sie aber bedeutend an Größe. Sie ist ausdauernd, bildet zuerst pfeilförmige, dann kreisrunde, glatte, unbewehrte Blätter von 2 m Durchmesser mit 5–8 cm hoch aufgebogenem Rande, purpurner, stacheliger Unterseite und starken, handhohen, weit hervorragenden, viele Lufträume enthaltenden Rippen, die den Blättern eine bedeutende Tragfähigkeit verleihen (ein Blatt trägt ein sechs- bis siebenjähriges Kind). Die achselständige Blüte wird von einem stacheligen Blütenstiel getragen, besitzt zahlreiche weiße Blumenblätter und erreicht etwa 40 cm im Durchmesser. Sie bricht am Nachmittag auf, schließt sich am andern Morgen, öffnet sich am nächsten Abend von neuem und nun vollständig, indem sich auch die innersten rosapurpurroten Blumenblätter entfalten und die gelben Staubgefäße sichtbar werden. Sie duftet sehr stark, und in der ersten Nacht steigt die Temperatur in der Blüte um 10–15° über die der Umgebung. Am zweiten Morgen schließt sich die Blüte und taucht unter Wasser, worauf sich die Frucht mit etwa 300 maiskornähnlichen Samen (Wassermais) entwickelt. Diese Samen halten sich nur unter Wasser keimfähig und werden in Südamerika gegessen. Man kultiviert die Pflanzen bei uns meist in besondern Gewächshäusern (Viktoriahäusern) bei 25–30° und erzieht sie jährlich neu aus Samen. Die V. regia wurde 1801 von Hänke auf dem Rio Marmore entdeckt, genauere Nachrichten von ihr gab d'Orbigny 1828 und die erste wissenschaftliche Beschreibung Pöppig 1832. Im J. 1849 keimte die erste Pflanze in Kew; 1850 blühte die V. regia auch in Hannover und Gent, 1852 in Berlin. Vgl. Seidel, Zur Entwickelungsgeschichte der V. regia (Dresd. 1869).[137]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 137-138.
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