Sechster Khaṇḍa.

[193] 1. Nun was diese Adern des Herzens sind, die bestehen, sagt man, aus einer feinen Masse, rotbraun und weiss und dunkelblau und gelb und rot. Aber fürwahr, jene Sonne dort, die ist rotbraun, die ist weiss, die ist dunkelblau, die ist gelb, die ist rot. 2. Und gleichwie eine grosse Landstrasse sich weit erstreckt und beide Dörfer, dieses hier und jenes dort, verbindet, also auch verbinden jene Strahlen der Sonne beide Welten, diese hier und jene dort; von jener Sonne erstrecken sie sich und schlüpfen hinein in diese Adern, und von diesen Adern erstrecken sie sich und schlüpfen hinein in jene Sonne.

3. Wenn nun einer so eingeschlafen ist ganz und gar und völlig zur Ruhe gekommen, dass er kein Traumbild erkennt, dann ist er hineingeschlüpft in diese Adern; darum (atas, eingesetzt aus Ça k. ad Brahmasûtra, p. 792, 4.10) rühret ihn kein Übel an, denn mit der Glut [als nächstem Edukt der Gottheit, Chând. 6,2,3. 6,8,6] ist er dann eins geworden.

4. Ferner, wenn er so in eine Schwäche verfallen ist, und sie sitzen um ihn herum und sagen: »kennst du mich noch, kennst du mich noch?« alsdann, solange er aus diesem Leibe noch nicht ausgezogen ist, so lange kennt er sie noch; 5. wenn er aber so aus diesem Leibe auszieht, dann fährt er eben auf[193] jenen Sonnenstrahlen empor; dann steigt er entweder [oder, als Nichtwissender, auch nicht] mit dem Gedanken an Om in die Höhe (lies: sa' om' iti vâ ha ûrdhvam îyate) und gelangt, rasch wie man den Geist darauf richtet, zur Sonne hin; diese, wahrlich, ist Pforte der [Himmels-]Welt für die Wissenden, für die Nichtwissenden Verschlossenheit.

6. Darüber ist dieser Vers:


Hundert und eine sind des Herzens Adern.

Von diesen leitet eine nach dem Haupte;

Auf ihr steigt auf, wer zur Unsterblichkeit geht.

Nach allen Seiten Ausgang sind die andern,

– Ausgang sind die andern.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 193-194.
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