[189] 1 Über den Herrn der gelben Erde vgl. Anm. zu I, 1.
Das Reich der Hua Sü: Hua Sü ist die sagenhafte Mutter des sagenhaften Fu Hi (brütender Atem). Sie soll den Sohn durch Inspiration des Himmels empfangen und nach zwölfjähriger Schwangerschaft geboren haben. Nach anderer Version ist Hua Sü der Geburtsort Fu His. Fu Hi, der erste Mensch, wird als Begründer der primitiven Kultur geschildert. Bei ihm sind schon in seinem Namen, der auch als »Wind« oder der »große Himmelsherr« angegeben wird, die Attribute der Gottheit deutlich. An die Odinsage erinnert, daß er die Menschen die Schrift vermittelst geknoteter Stricke (vgl. Runen) gelehrt hat.
2 Die verschiedenen Gu Schä Berge, die der Sage nach im Norden der Welt liegen auf einer Insel im »Meerfluß« (Okeanos), erinnern stark an den »Götterberg im Norden« der westlichen Mythologie. Es würde sich verlohnen, den mythologischen Zusammenhängen, die gerade in den Parabeln des Liä Dsï sehr oft zutage treten, näher nachzugehen.
[189] 3 Der alte Schang (Lau Schang) und Be Gau sind wohl identisch mit Hu Kiu Dsï Lin und Be Hun Wu Jen. Vgl. Anm. zu I, 1. Die Stelle ist wiederholt IV, 6.
Bei Dschuang Dsï I, 3 findet sich Liä Dsï erwähnt als einer, der auf dem Winde fahren konnte. Im heutigen Taoismus wird er als »der auf dem Wind fahrende, wahre Mensch« verehrt.
4 Guan Yin heißt eigentlich Yin Hi. Er war der Grenzwart des Passes Han Gu Guan (Guan = Paß). Er ist derselbe, der der Sage nach den Laotse beherbergte, ehe er sich nach Westen wandte, und der ihn zur Niederschrift des Taoteking veranlaßt haben soll. Es existiert eine Schrift von 9 Kapiteln unter seinem Namen, die aber zweifellos späteren Ursprungs ist. Bei Liä Dsï wird er häufiger erwähnt (vgl. III, 3; IV, 15; VI, 7; VII, 11; VIII, 1. 3), ferner Dschuang Dsï XIX, 2, wo sich der hier gegebene Passus mit verschiedenen Abweichungen im Text findet.
5 Zu Be Hun Wu Jen vgl. Anm. zu I, 1. Die Geschichte findet sich auch Dschuang Dsï XXI, 9.
6 Die Geschichte, deren Moral von Kung Dsï dem Jünger Dsai Wo noch ausdrücklich auseinandergesetzt wird, spricht für sich selbst. Dschung Ni ist bekanntlich die literarische Bezeichnung Kungs.
»Ohne sich im mindesten zu brennen«, wörtlich: die Asche zerstreute sich nicht, der Körper wurde nicht geröstet.
Zu der Stelle: »einem Bettler oder Pferdedoktor« vgl. die Erzählung VIII, 29. Der »Pferdedoktor« war offenbar eine ähnliche Person wie der Schinder im Mittelalter.
7 König Süan aus der Dschoudynastie regierte von 827-781 v.Chr.; s. auch II, 20 und IV, 12. Er hatte der Sage nach eine besondere Vorliebe für Tiere und Kraftleistungen.
8 Yän Hui ist der bekannte Lieblingsjünger des Konfuzius (über Dschung Ni s.o. No. 6), der in den Lun Yü häufig erwähnt ist und auch in unserem Buch verschiedene Male vorkommt: III, 8; IV, 1. 2. 4; VI, 1.
Zu der Stelle: »Wie oft habe ich mit dir schon diese Ideen behandelt ...«: Die chinesischen Ausdrücke »wen« und »schï« entsprechen etwa »Theorie« und »Praxis«; vgl. Abschn. 13.
Das Auffange-Spiel ist ein altes Spiel. In der Hand wurden die Dinge verborgen, die der, der sie erriet, bekam. Es war ein Spiel, das besonders in der Neujahrsnacht zum Zeitvertreib häufig gespielt[190] wurde. Gürtelspangen waren in der Regel aus Silber oder Bronze.
Die Erzählung steht auch im Dschuang Dsï XIX, 4.
9 Eine ganz ähnliche Geschichte wie die vorige. Sie ist mit kleinen Abweichungen wiederholt in VIII, 10, wo die Szene in die Zeit der Heimkehr des Meisters aus We nach Lu verlegt ist. Dschuang Dsï XIX, 9 hat sie auch.
10 Die Zikaden werden in China ihres Zirpens wegen gehalten. Man fängt sie an den Bäumen mit leimbestrichenen Stangen. Offenbar legte der Bucklige die Erdkügelchen auf die Stange, um durch diese Übung Sicherheit zu bekommen.
Die Antwort des Zikadenfängers zum Schluß hat Dschuang Dsï, der die Geschichte auch hat (XIX, 3), weggelassen: offenbar aus Gründen einer abgerundeten Komposition. Diese Stelle ist eine von denen, die für die Priorität Liä Dsïs sprechen; denn es macht weit weniger Schwierigkeiten anzunehmen, daß Dschuang Dsï die Stelle gestrichen, als daß sie hier angefügt ist.
12 Siang Dsï ist der Kanzler Dschau Siang Dsï aus der berühmten Familie Dschau in Dsin, die wiederholt in Liä Dsï erwähnt wird. Vgl. VIII, 12. Diese Art der Feuerjagden erklärt zur Genüge die Entwaldung von Nordchina.
Die Nutzanwendung ist gegeben in einem Gespräch des Fürsten Wen von We mit dem Jünger Dsï Hia (Bu Schang) des Meisters Kung. Dsï Hia stammte aus dem Staate We, war 45 Jahre jünger als Kung, ist also geboren um 506 v.Chr. Fürst Wen von We regierte von 425-387, so daß Dsï Hia zur Zeit jener Unterredung über 80 Jahre alt war. Die Überlieferung, daß er der Lehrer des Fürsten Wen von We war, ist auch anderweitig beglaubigt, ebenso wie das hohe Alter, das er erreicht hat. Es liegt also kein Anachronismus vor.
13 Eine Geschichte aus den Lehrjahren des Liä Dsï. Sie findet sich auch bei Dschuang Dsï Buch VII.
Die Erzählung gibt einen interessanten Einblick in die altchinesische Mantik. Der Zauberer war offenbar eine Art Medium, der sich in psychischen Kontakt mit den von ihm zu beurteilenden Personen zu setzen wußte und so visionäre Eindrücke erhielt, aus denen er dann nachher ihr Schicksal ableitete. Der Meister Hu war ihm dadurch überlegen, daß er durch seine mystische Einheit mit dem Weltzusammenhang die verschiedenen Weltperioden in seiner[191] Geistesverfassung nachzubilden vermochte. Dadurch wurden dann in der Psyche des Mediums entsprechende Visionen erzeugt. Der Irrtum des Zauberers bestand nun darin, daß er das, was kosmischer Zustand war, als Erscheinung des individuellen Lebens des Hu Kiu Dsï zu deuten suchte, so die Vision der feuchten Asche, die er durch die Reproduktion der Welt vor Auftreten des Lebens erhielt, auf den nahen Tod des Hu Kiu Dsï, die Vision der gleichstehenden Wage, die er durch die Reproduktion der Schöpfung des Lebens erhielt, auf die wieder erlangte Gesundheit des Meisters. Darum war seine Weisheit zu Ende, als Meister Hu Kiu in seinen Reproduktionen auf Gebiete überging, die sich nicht mehr individuell deuten ließen und gar keinen bestimmten visionären Ausdruck mehr zuließen. Vgl. den zweiten Ort, an den der König Mu von dem Magier aus dem Westen geführt wurde (III, 1).
14 Vgl. Dschuang Dsï XXXII, 1. Über den älteren Freund Liä Dsïs Be Hun Wu Jen vgl. Anm. zu I, 1. Liä Dsï sucht der Öffentlichkeit zu entfliehen, wird aber von Be Hun Wu Jen durchschaut. Dessen Meinung ist, daß man nicht durch räumliche Trennung, sondern durch innere Absonderung den Menschen und ihren Einwirkungen entgehen könne. Die traut er Liä Dsï nicht zu, und er hatte recht damit, wie sich bei seinem Besuch zeigte. Die vielen Schuhe vor der Tür gehörten den sich um Liä Dsï drängenden Schülern. Noch heute ist es in Japan Brauch, die Schuhe vor den Zimmern auszuziehen, um die Matten, mit denen das Zimmer ausgelegt ist, nicht zu beschmutzen. Im alten China saß man ebenfalls auf Matten. Die Stühle, die man heute in China benutzt, sind späteren Ursprungs.
15 Der berühmte »Pessimist« unter den chinesischen Philosophen, Yang Dschu, den Menzius so kräftig bekämpfte, tritt hier als Schüler Laotses auf. Demnach müßte er Zeitgenosse Kungs und Liä Dsïs gewesen sein. Im allgemeinen wird seine Zeit später angesetzt.
Sein Benehmen ist hier das eines guten Jüngers und zeigt ein Beispiel für die alt-chinesischen Formen im Verkehr zwischen Lehrer und Schüler.
Das Zitat in der Belehrung, die Laotse ihm zuteil werden läßt, stammt aus Taoteking 41; vgl. Dschuang Dsï XXVII.
16 Vgl. Dschuang Dsï XX, 9. Zur Sache vgl. Sokrates Äußerung, daß man die häßlichen Weiber lieben müsse.
17 Die Ausführungen dieses Abschnittes erinnern sehr stark an den[192] Taoteking, aus dem sich auch wörtliche Zitate finden. Vgl. No. 78 und 76.
Meister Yü ist der in I, 10 und sonst genannte Lehrer des Königs Wen (ca. 1200 v.Chr.). Das Zitat aus Laotse steht im Taoteking No. 76. Der Text weicht etwas von dem dort gegebenen ab.
18 Die hier betonte Einheit der gesamten Lebewelt berührt sich durchaus mit modernen Auffassungen.
Über Fu Hi vgl. Anm. zu II, 1. Er wird auf alten Abbildungen (vgl. die Grabreliefs in Kia Hiang in Schantung aus der Handynastie) dargestellt mit einem Schlangenschwanz nach Art der Giganten. In der Hand hält er ein Winkelmaß. In der Regel ist durch den Schwanz mit ihm verschlungen Nü Wa oder Nü Gua. Über dieses Wesen gehen die Traditionen auseinander. Offenbar ebenfalls eine Windgottheit, wird es bald männlich als Nachfolger, bald weiblich als Schwester Fu His gefaßt. Während der andere Name Fu His: Bau Hi darauf hindeuten soll, daß er den Gebrauch des Feuers bei der Zubereitung des Fleisches eingeführt habe, ist die Herrschaft Nü Was dadurch bekannt, daß er unter dem Zeichen des Holzes (der »Holzstern« ist Jupiter) regierte. Er hat ebenfalls Schlangenleib und Menschenkopf (nach anderer Überlieferung Stierkopf). Unter ihm empörte sich Gung Gung, der unter dem Zeichen des Wassers stand und durch das Wasser das Holz besiegen wollte (während korrekterweise das Wasser eine frühere Stufe als das Holz repräsentiert). Er stieß dabei an den Berg »Unvollkommen« (Bu Dschou Schan) und zerbrach die Pfeiler des Himmels, und die Erde sank im Südosten in die Tiefe. Nü Wa nahm darauf Steine von fünf Farben, die er schmelzte, um den Himmel auszubessern, und befestigte die Erde auf den vier Füßen einer Schildkröte (vgl. V, 1). Es ist nicht ausgeschlossen, daß in diesen Erzählungen eine alte Sintflutsage durchschimmert. Eine andere Tradition über die Empörung Gung Gungs s. V, 1.
Nach ihm kommt der »Feuer-Herr« Yän Di, auch Schen Nung (der göttliche Landmann) genannt. Seine Mutter empfing ihn von einem himmlischen Drachen. Er wird dargestellt mit einem Gerät zur Bearbeitung des Bodens, wie ihm auch die Einführung der Landwirtschaft zugeschrieben wird. Auch ist er der Gott der Arzneikräuter. Nach manchen Darstellungen hat er Menschenleib und Ochsenkopf.
Ihm folgt dann Huang Di, der Herr der »gelben« Erde, der in unserem Buch ja eine große Rolle spielt. Vgl. über ihn Anm. zu I, 1. Die im Text erwähnte Sage, daß er die Tiere zum Kampf gegen den Herrn der Feuerflammen (Yän Di) geführt habe, bezieht sich[193] nicht auf Schen Nung, sondern auf Tschï Yu, den ersten Empörer auf Erden. Eine Sage berichtet, daß er der älteste von 81 Brüdern war, die Tierleiber hatten, aber menschliche Sprache und Stirnen von Eisen, und sich vom Staub der Erde nährten. Sie machten Waffen und unterdrückten die Menschen, bis sich Huang Di ins Mittel legte. Im Kampf rief Tschï Yu den Fürsten des Windes und den Meister des Regens zu Hilfe, so daß ein mächtiger Sturm sich erhob. Aber Huang Di sandte die Himmelstochter gegen ihn, die den Sturm stillte. Tschï Yu, der Erfinder der Waffen und Astrologie, wird als Verkörperung des Planeten Mars, des »Feuersterns«, angesehen, der die Schlachten beeinflußt. Daher der im Text gegebene Name Yän Di, Herr der Feuerflammen.
Nun folgt der »Metallkönig« Schau Hau. Darauf noch mehrere andere, die in die Dreiheit der »Patriarchen« Yau, Schun und Yü ausmünden, mit denen auch Konfuzius seine Geschichte beginnen läßt, während er die anderen Traditionen nicht kennt. Es erübrigt sich, zu erwähnen, daß vor diesen Herrschern noch andere sagenhafte Persönlichkeiten, der tiergestaltete Demiurg Pan Gu, der Höhlen- bezw. Nestbewohner, der Feuermensch u.a. eingeschoben werden, um die Jahrmillionen, die man seit Schaffung der Erde vergangen denkt, auszufüllen. Liä Dsï erwähnt diese Legenden nicht. Es wäre eine interessante Aufgabe, zu untersuchen, inwieweit man in all diesen Sagen gemeinsames Gut mit den westasiatischen Mythologemen feststellen könnte. Hia Hou ist eben der obenerwähnte Yü, der Ordner der Wasserverhältnisse der großen nordchinesischen Ebene. Er wird ebenfalls mit einem zweigeteilten Grabinstrument dargestellt. Vgl. V, 2. 5; VII, 11. 12.
Der König Giä ist der letzte Sproß aus dem Geschlechte des großen Yü, der Hiadynastie. Was sein Ahn an Gutem geleistet, übertraf er durch Greueltaten, bis er vom Gründer der Schang- oder Yindynastie, Tang, gestürzt wurde. Er wird dargestellt mit einem Speer in der Hand und auf zwei Sklavinnen reitend.
Der letzte König der Yindynastie war Dschou Sin, dessen Schilderung mit der des Giä in allem übereinstimmt. Vgl. VI, 1; VII, 3. 12; VIII, 1. 2.
Herzog Huan (685-643): Der Staat Tsi, im späteren Ostschantung, war in der Zeit des Rückgangs der Dschoudgynastie einer der mächtigsten Lehnsstaaten. Der Fürst Huan, Siau Be mit Namen, hatte sich nach der Ermordung seines Vaters durch Wu Dschï auf den Thron zu schwingen verstanden. Mit Hilfe des Ministers Guan Dschung gelang es ihm, die Hegemonie im ganzen Reich zu erringen. Über das Nähere dieser Geschichten vgl. VI, 3. 12; V, 7. In[194] seinem Alter gab er sich unmäßiger Sinnlichkeit hin und gewährte Knechten und Köchen Einfluß. Er versäumte es, einen Nachfolger zu bestimmen, so daß die Söhne seiner Nebenfrauen sich um den Thron stritten, während der Leichnam des Vaters unbeerdigt dalag. Mu von Tschu: Der Staat Tschu im Süden des alten China hatte schon früher sich selbständig gemacht und den Königstitel usurpiert. Der Staat galt als halb barbarisch. König Mu, der von 625-614 regierte, ist als Vatermörder berüchtigt.
Der mythische Herrscher Yau, mit dem Kung die chinesische Geschichte beginnt, hatte unter seinen Beamten den Kui, den er mit der Regulierung der Musik beauftragte. Der komponierte die sogenannte Schaumusik, durch deren Klänge der Phönix herbeigelockt wurde und die noch auf Kung Dsï einen solchen Eindruck machte, daß er drei Monate den Geschmack der Speisen vergaß. Vgl. Lun Yü VII, 13 und III, 25.
Der Staat Giä im Osten liegt in der Gegend von Kiautschou. Es ging die Sage von seinen Bewohnern, daß sie die Sprache der Tiere verständen.
Die Gottmenschen der alten Zeit: Es entspricht der chinesischen Anschauung, daß in alter Zeit die Unterschiede der verschiedenen Wesen noch nicht so ausgeprägt waren wie jetzt, so daß einerseits nach oben hin mit den Göttern – aber auch mit Kobolden und Teufeln (vgl. die Schlange im Paradies), andererseits mit den Tieren noch nähere Fühlung bestand. Diese Auffassung findet ihre Parallele auch in der Paradiessage 1. Mos. 2, 3. In anderem Sinn, ihres bildlichen Ausdrucks entkleidet, ist sie ja auch ganz der modernen Naturwissenschaft entsprechend.
19 Das Land Sung ist die Heimat der meisten taoistischen Gleichnisse und Allegorien. In Sung regierten die Nachkommen der Yindynastie, mit der bekanntlich der Taoismus besonders nahe Fühlung hat, während Konfuzius sich an die Dschoudynastie anschließt.
Die Moral der Geschichte erinnert bedenklich an Goethes kophtisches Lied:
»Kinder der Klugheit, o habet die Narren
Eben zum Narren auch, wie sich's gebührt.«
Es ist hier die Annäherung zwischen Mensch und Tier von oben nach unten vollzogen. – Zum Ganzen vgl. Dschuang Dsï II.
20 Der König Süan von Dschou ist derselbe wie der in II, 7 bei der Geschichte von der Kunst der Tierbändigung erwähnte. Hahnenkämpfe waren im alten China beliebte Spiele. Der Sinn der Parabel ist, daß höchste Kraft die ist, die, vollkommen konzentriert in[195] sich, jede überflüssige Äußerung meidet. Eine Fortbildung der Lehre Laotses vom »Nicht-Handeln«.
21 Der König Kang von Sung war eine der gefährlichsten Persönlichkeiten unter den Fürsten seiner Zeit. Unter dem Namen Yün bestieg er als Herzog im Jahre 328 den Thron in Sung. Es scheint in ihm die ganze Sinnlichkeit und Grausamkeit, die man dem letzten König der Yindynastie, Dschou Sin, nachsagt, in Form eines atavistischen Rückschlags – die Fürsten von Sung waren ja bekanntlich Nachkommen der Familie der Yin – zum Ausbruch gekommen zu sein. Beamte, die ihm Vorstellungen machten, pflegte er zu erschießen. Ja, sein Zorn richtete sich selbst gegen den Himmel. Er ließ mit Blut gefüllte Ledersäcke aufhängen, nach denen er schoß. Wenn nun das Blut heruntertropfte, so nannte er das »den Himmel schießen«. Im Jahr 318 nahm er den Königstitel an. Im Jahr 286 wurde der Staat Sung infolge der allgemeinen moralischen Entrüstung vom Staate Tsi annektiert.
Hui Yang, der kühne Sophist, der es wagt, in die Höhle des Löwen zu gehen mit dem Erfolg, daß er den schlimmen Tyrannen tatsächlich Schritt für Schritt dahin führt, daß er sich eine Vorlesung über Moral gefallen läßt – nach deren Beendigung der Prediger es allerdings für angezeigt hält, sich zurückzuziehen – ist ein Verwandter des sophistischen Meisters Hui, mit dem Dschuang Dsï viel verkehrte (vgl. Dschuang Dsï XXXIII).
Mo Di, den er zusammen mit Kung als Vorbild nennt, ist der bekannte Verkünder der allgemeinen Menschenliebe. Vgl. V, 14; VII, 11; VIII, 12.
Die Geschichte ist eine der spätesten in unserem Buch enthaltenen und führt herunter bis in die Zeit des Menzius, von dessen Art, wandernd zu predigen, sie eine vorzügliche Parodie gibt. Da die Geschichte auch sonst überliefert ist, so ist nicht ausgeschlossen, daß sie erst nach Redaktion des Liä Dsï Aufnahme in den Text fand.
Die Nutzanwendung, die in Lü Schï Tschun Tsiu gegeben ist, zeigt die Macht geschickt gewählter Worte – eine Ausführung dessen, was in Abschnitt 19 schon gesagt ist.
Buchempfehlung
Als »Komischer Anhang« 1801 seinem Roman »Titan« beigegeben, beschreibt Jean Paul die vierzehn Fahrten seines Luftschiffers Giannozzos, die er mit folgenden Worten einleitet: »Trefft ihr einen Schwarzkopf in grünem Mantel einmal auf der Erde, und zwar so, daß er den Hals gebrochen: so tragt ihn in eure Kirchenbücher unter dem Namen Giannozzo ein; und gebt dieses Luft-Schiffs-Journal von ihm unter dem Titel ›Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten‹ heraus.«
72 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro