[139] Nothwendigkeit (lat. Necessitas), ist Unmöglichkeit des Gegentheils. Es ist daher logisch od. formal nothwendig, dessen Gegentheil für das Denken einen Widerspruch in sich schließen würde; die reale od. physische N. bezeichnet einen solchen Zusammenhang u. Verlauf der Ereignisse, welcher den vorhandenen Bedingungen u. Ursachen desselben gemäß nicht anders sein kann; die moralische od. praktische N. bezeichnet die Abhängigkeit[139] einer gewissen Handlung u. Handlungsweise entweder von vorausgesetzten sittlichen Geboten, in welchem Falle sie sich als ein Sollen, als Pflicht ankündigt, od. von praktischen Bedürfnissen, welche dem Begehren u. Wollen unvermeidlich eine bestimmte Richtung geben, in welchem Falle sie als psychologische N. den Charakter der physischen annimmt. Jede N. ist bedingt, entweder durch Vergleichung eines Gedankens od. einer Gedankenverknüpfung mit deren Gegentheil, od. durch die Ursachen u. Bedingungen des betreffenden Ereignisses; wenn man daher die absolute (unbedingte) von der hypothetischen (bedingten) N. unterscheidet, so bezieht sich dies darauf, daß die Bedingungen selbst unveränderlich od. veränderlich sind. Eine schlechthin unbedingte N., also eine N. ohne Grund u. ohne Zweck, würde den Begriff des Verhängnisses (Schicksal, Fatum) ergeben. Kant rechnete die N. zu den Kategorien der Modalität, d.h. zu den Stammbegriffen des Verstandes, welche nichts über die Dinge u. Ereignisse selbst, sondern nur ihr Verhältniß zum Erkenntnißvermögen bestimmen; ihr zur Seite steht die Möglichkeit u. die Wirklichkeit. Die Ansichten über den Umfang, für welchen der Begriff der N. in Beziehung auf das menschliche Wollen u. Handeln Geltung hat, richten sich nach denen über die menschliche Willensfreiheit u. haben sich daher je nach der Verschiedenheit der letzteren verschieden gestaltet; vgl. Freiheit.