Selbstverstümmelung

[809] Selbstverstümmelung, das Verbrechen, welches ein Kriegsdienstpflichtiger dadurch verübt daß er sich vorsätzlich eine Körperverletzung, Verunstaltung od. Krankheit selbst bei bringt od. durch Andere beibringen läßt, um dadurch dem Kriegsdienste zu entgehen. Insofern die S. von einem Conscriptionspflichtigen verübt wird, welcher dem Militär noch nicht zugegangen ist, bildet sie ein gemeines, wenn sie von einem Militär begangen wird, um sich der ferneren Dienstpflicht zu entziehen, ein Millitärverbrechen. Als gemeines Verbrechen betrachtet, wird der Thatbestand der S. nach vielen Gesetzen (Österreich, Sachsen) schon dann als vorhanden angesehen, wenn der Thäter sich nur die Verletzung beigebracht hat, gleichviel ob sie die Untauglichkeit zum Militärdienst wirklich zur Folge hat od. nicht. Der Erfolg der Untauglichkeit erhöht hier nur die Strafbarkeit. Nach andern Gesetzen (Preußen, Hannover, Baden) wird die That ohne den Erfolg der Untauglichkeit nur als Versuch der S. angesehen. Bei der Strafausmessung kommt vorzugsweise in Betracht, ob dem Thäter nachher das Loos zum Eintritt in den Militärdienst trifft od. nicht. Die Strafe geht bis ein Jahr Arbeitshaus; außerdem ist nach manchen Gesetzen der Thäter verbunden einen Ersatzmann zu stellen. Ist der Verbrecher noch zu gewissen Verrichtungen brauchbar, z.B. beim Train, so wird er dorthin eingetheilt, wenn ihn das Loos trifft. Ungleich härter wird die S. als Militärverbrechen bestraft, die Strafe besteht hier in Militärarbeitsstrafe, auch wohl in Zuchthaus, bes. wenn die S. zu Kriegszeiten geschah.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 809.
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