[755] Wahrnehmung, 1) die unmittelbare Auffassung des Gegebenen im Bewußtlein; wird sie durch die äußeren Sinne bewirkt, so ist sie eine äußere W.,[755] geschieht sie durch den inneren Sinn, so ist sie eine innere W. Daher das Wahrnehmungsvermögen der Sinn ist, in sofern er anschaut u. empfindet. Wahrnehmungsurtheil, ein solches Urtheil, welches aussagt, was man wahrgenommen hat; da solche Urtheile immer eine Thatsache ausdrücken, so können sie nur anerkannt od. verworfen, aber nicht bewiesen werden; 2) W. des Richters, theils die Handlung, mittelst deren der Richter sich, persönlich u. körperlich, durch Augenscheinseinnahme von Etwas überzeugt; theils das Resultat dieser Handlung. Um sofort als, ein kräftiges Beweismittel in Rechtsstreitigkeiten gelten zu können, muß die W. von dem Richter als eine in seiner amtlichen Eigenschaft besonders veranstaltete Handlung vorgenommen worden sein. Eine nur zufällig gemachte W. hat im Civilprocesse nach der sog, Verhandlungsmaxime (s.d.) keine Bedeutung; für den Civilproceß gewinnt sie die Bedeutung eines Zeugnisses einer verpflichteten Person. Nach den Grundsätzen des Untersuchungsprocesses kann daher der Richter, wenn er competent ist, auf jede eigne W. eine Untersuchung gegen den Verdächtigen beginnen. Ist er nicht competent, so muß er von der W. den competenten Richter in Kenntniß setzen, od. der vorgesetzten Oberbehörde Anzeige machen Im Anklageprocesse beschränkt sich seine Pflicht darauf, wenn er die W. überhaupt für erheblich erachtet, dem öffentlichen Ankläger (Staatsanwalt) Kenntniß zu geben u. von ihm das Weitere zu erwarten.