Untersuchung

[261] Untersuchung, 1) die Anwendung der Mittel, welche dazu dienen, um über irgend eine Thatsache od. einen Gegenstand eine möglichst gründliche u. allseitige Gewißheit zu erlangen, daher bes. im Strafrecht Criminaluntersuchung, der Abschnitt des Criminalprocesses, welcher darauf berechnet ist, den Thatbestand (s.d.) eines Verbrechens, so wie die Person des Thäters festzustellen u. alle Umstände genau zu erforschen, welche auf die Bemessung der Strafbarkeit Einfluß haben (vgl. Criminalproceß); Disciplinaruntersuchung, das in seinen Formen meist der Criminaluntersuchung nachgebildete Verfahren wider einen Beamten, durch welches die Verletzung einer Amts- od. Dienstpflicht, einer Nachlässigkeit bei Verwaltung des Amtes od. ein sonstiges ungehöriges Verhalten im Dienst ergründet wird (vgl. Amtsverbrechen). Wenn im Civilprocesse von einer Untersuchung des Streitgegenstandes nicht gesprochen wird, so hat dies darin seinen Grund, weil es bei demselben nach der[261] sogenannten Verhandlungsmaxime (s.d.) nicht auf eine Erforschung der materiellen Wahrheit ankommt, sondern der Richter sich nur an das zu halten hat, was die Parteien ihm über die Streitsache vortragen. Der Richter, welcher eine U. zu führen hat, heißt Untersuchungsrichter (franz. Juge d'instruction). Nach dem früheren schriftlichen Inquisitionsverfahren (s.u. Criminalproceß) hatte derselbe dabei die Aufgabe beim Verdacht eines verübten Verbrechens die Spuren desselben von Amtswegen zu verfolgen, die U. gegen die Verdächtigen, wenn dazu nur sonst die gesetzlichen Voraussetzungen vorhanden waren, amtshalber einzuleiten u. sie durch das Stadium der General u. Specialuntersuchung so weit durchzuführen u. zu beendigen, daß das erkennende Gericht auf Grundder Untersuchungsacten das Erkenntniß fällen konnte. In diesem Maße werden auch heutzutage noch, nur daß es zur Einleitung der U. eines Auftrages der vorgesetzten Disciplinarbehörde bedarf, die Disciplinaruntersuchungen geführt. Nach den neueren auf Mündlichkeit u. Öffentlichkeit beruhenden Strafprozeßordnungen aber darf regelmäßig keine Criminaluntersuchung ohne den vorausgängigen Antrag der Staatsanwaltschaft (s.d.) eröffnet werden, u. ist dieser Antrag gestellt, so kommt dem Untersuchungsrichter nur eine Voruntersuchung, d.h. die vorläufige Instruction des Rechtsfalles, so weit solche zur Fällung eines Verweisungserkeuntnisses über die dringende Verdächtigkeit des Angeschuldigten u. die Abhandlung der mündlichen Schlußverhandlung erforderlich ist, zu; die Hauptuntersuchung wird dann in der letzteren ohne Zuthun des Untersuchungsrichters durch den Vorsitzenden dieser Verhandlung gepflogen. Die Mittel zur U. bestehen in der Vernehmung des Angeschuldigten, Vernehmung von Zeugen u. Sachverständigen, Augenscheinseinnahme, Durchsuchung der Papiere etc. Zum Zwecke derselben kann ein Angeschuldigter auch in Untersuchungshaft genommen werden, damit demselben die Möglichkeit genommen werde die Spuren des Verbrechens zu vertilgen, sich mit Mitschuldigen zu bereden od. zu entfliehen. Eine solche Hast ist daher an sich keine Strafe u. zieht deshalb auch keine Ehrennachtheile nach sich, wenn sich später die Unschuld des Inhaftirten herausstellt. Die Untersuchungsgefängnisse sind daher auch von den Strafgefängnissen räumlich getrennt. Über die Untersuchungkosten s. Criminalkosten 2) So v.w. Inquisition; daher Untersuchungskosten, so v.w. Proceßkosten, Untersuchungsproceß (Inquisitionsproceß), s.u. Criminalproceß 2); 3) geburtshülfliche u. wundärztliche U., s. Exploration 2) u. 3); 4) U. neuer Geschütze, s. Probiren 3) u. Stückgießerei.

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Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 261-262.
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