Arbeitszug

[239] Arbeitszug (work train, train for carrying materials for construction; train de service; treno di lavoro), auch Materialzug (material train; train pour le transport des matériaux ou de ballast; treno trasporto materiali o di ballast), Sonderzug mit Dampf- oder elektrischen Lokomotiven (auch Motorwagen), der gebildet wird, um bei Neubauten, Ergänzungs- oder Unterhaltungsarbeiten die zur Herstellung oder Erhaltung des Bahnkörpers und der Bauwerke erforderlichen Erdmassen und Baustoffe sowie die Bettungsstoffe für den Oberbau – im letzten Falle auch Schotterzug (ballast train; train de ballast; treno di ballast) genannt – oder andere Materialien und Ausrüstungsgegenstände zur Verwendungsstelle zu befördern, oder um die in Einschnitten u. dgl. gewonnenen Erd- und Felsmassen nach entfernteren Dämmen und Ablagerungsstellen abzufahren. Die A. gehören demnach zu den Dienstzügen (s.d.). Sie können benutzen

eigene Gleise (Arbeitsgleise, Materialbahnen),

im Bau begriffene für den künftigen Eisenbahnbetrieb bestimmte Gleise und werden dann Bauzüge (train of railway workmens; train de la route, train d'ouvriers; treno di lavoro) genannt,

oder auch bereits im Betrieb stehende Gleise.

In den einzelnen Verwaltungsgebieten des Deutschen Reichs und Österreichs sind teils eigene, das gesamte Arbeitszugwesen ordnende behördliche Vorschriften erlassen, teils haben hierfür die Bestimmungen der deutschen Eisenbahnbau- und -betriebsordnung (s.d.) und der österreichischen Eisenbahnbetriebsordnung (s.d) oder auch einzelner je nach Erfordernis erlassener behördlicher Verfügungen Anwendung zu finden. In schwierigeren praktischen Fällen ist es stets notwendig, die am Schlüsse dieses Aufsatzes angeführten Verordnungen, die zum Teil fortwährenden Änderungen durch neuerlassene Verfügungen unterworfen sind, in ihrer letzten gültigen Form zu Rate zu ziehen.

I. Auf Neubaustrecken. Obwohl die Befugnis zur Einleitung der A. schon in der Baukonzession liegt, muß doch zur Eröffnung des vorläufigen Lokomotivbetriebs die Zustimmung (s. Benützungskonsens und Betriebseröffnung) der zuständigen staatlichen Aufsichtsbehörde (im Deutschen Reiche die Landespolizeibehörde, in Österreich die Generalinspektion der österreichischen Eisenbahnen) erwirkt werden. Beim Einholen dieser Genehmigung hat der Bahnunternehmer die zu befahrenden Strecken und das für diesen Betrieb verantwortliche Organ namhaft zu machen, den Nachweis der Kollaudierung der bei der Enteignungsverhandlung vorgeschriebenen feuersicheren Herstellungen in der betreffenden Strecke sowie über Erprobung der Brücken beizubringen.

Vor Eröffnung des Arbeitszugbetriebs ist dafür zu sorgen, daß die Fahrbarkeit der Wege und die Wasserabflußverhältnisse nicht gestört sind, die Wegübergänge dem Durchgang der Züge kein Hindernis bereiten und daß der Zustand der Bahngleise den Anforderungen des Arbeitszugbetriebs entspricht, insbesondere die Gleise gut gelascht, genagelt, gerichtet und genügend unterstopft sind, um den Schwellen ein festes Auflager zu geben. Auf den Stationen sind die etwa erforderlichen Vorkehrungen gegen das Abrollen der Fahrzeuge und für die Wasserversorgung der Lokomotiven (Hilfswasserstationen) zu treffen. Verkehrsreiche oder nicht übersichtliche Wegübergänge in Schienenhöhe sind schon für den Arbeitszugbetrieb wenigstens mit vorläufigen, durch vereidigte und geprüfte Organe bedienten und bewachten Schranken zu versehen; solange diese fehlen, müssen die Züge vor solchen [239] Wegübergängen anhalten. Dort, wo auch für den späteren öffentlichen Betrieb keine Schranken erforderlich sind, ist die Fahrgeschwindigkeit vor den Wegübergängen nach den deutschen Vorschriften auf 15 km in der Stunde, nach den österreichischen derart herabzumindern, daß ein sofortiges Anhalten vor dem Wegübergang gewährleistet ist. Alle Wegübergänge müssen mit Warnungstafeln, nach den deutschen Vorschriften dort, wo eine Bewachung nicht erforderlich ist, mit Läutetafeln, gegebenenfalls auch mit Haltetafeln für das Lokomotivpersonal versehen sein.

Während des Arbeitszugbetriebs auf Neubaustrecken sind die für Kreuzungen oder Überholungen bestimmten Stationen mit Aufsichtsbeamten zu besetzen und auf freier Strecke in bestimmten Abständen Bahnwärter aufzustellen, denen auch die Bewachung und Instandhaltung der Strecke sowie die Bedienung der zugewiesenen Schranken und Signale obliegt. Ferner werden zur Überwachung der Strecke und Aufsicht der Bahnwärter Streckenaufsichtsorgane bestellt, die der Bauleitung unmittelbar unterstehen. Spitzbefahrene Weichen müssen, wenn sie nicht ständig bewacht werden, verschlossen sein.

In den Bahnhofgleisen sind, wenn die endgültigen Sicherheitsmarken noch nicht vorhanden sind, solche an den durch die Umgrenzungslinie des lichten Raumes begrenzten Stellen vorläufig anzubringen. Die Umgrenzungslinie des lichten Raumes ist auch für das Fahrgleis des A. freizuhalten. Wo dies nicht möglich ist, sind die betreffenden Stellen, wie überhaupt alle die Sicherheit des Verkehrs gefährdenden Arbeitsstellen durch Signale zu decken.

Die Lokomotiven, die vorschriftsmäßig erprobt sein müssen, die Wagen, Mannschaften und das Betriebsmaterial für die A. auf Neubaustrecken, auf die Fahrzeuge von Betriebsstrecken aus übergehen können, werden meist von der Betriebsverwaltung gestellt. Nach den Vorschriften für die preußisch-hessischen Staatseisenbahnen müssen die Lokomotiven der A. mit Läutewerken oder Handglocken zur Warnung der in den Gleisen oder in deren Nähe sich aufhaltenden Personen ausgerüstet sein. Die Lokomotiven sind in gutem Zustand zu erhalten und insbesondere vor dem Eindringen von Staub u. dgl. in die zu schmierenden Teile zu schützen.

Für die Beförderung der Arbeiter ist ein Personen-, ein gedeckter oder ein mit Sicherheitsgeländer versehener offener Wagen in den Zug einzustellen, in dem in der Regel auch die Zuggeräte sowie gegebenenfalls ein kleinerer Rettungskasten untergebracht werden. In den A. sind nur lauffähige Wagen mit gut wirkenden Bremsvorrichtungen in der erforderlichen Anzahl einzureihen, u. zw. in der Regel für diesen Zweck eigens bestimmte Schotterwagen, die mit niedrigen Bordwänden und Vorkehrungen zum Schutz gegen die beim Ausladen kaum zu vermeidende Verunreinigung der Lagerteile durch Staub und Sand versehen sein müssen. Die Wagen sind an den Ladestellen jedesmal vom Zugführer zu untersuchen, insbesondere auch auf die gleichmäßige und zulässige Beladung, den ordentlichen Verschluß und die vollständige Entladung. Die Einstellung, Verteilung und Besetzung der Bremsen erfolgt nach ausdrücklichen Bestimmungen deutscher, Verwaltungen auf Grund der für den Betrieb auf Nebenbahnen erlassenen Vorschriften. Für die Fahrten der A. sind schriftliche Fahrpläne, u. zw. wenn sie innerhalb mehrerer Bauabteilungen (Bauleitungen oder Baulose) verkehren, im Einvernehmen der Vorstände derselben aufzustellen. In ihnen sind die Kreuzungs- und Überholungsstationen zu bezeichnen sowie die Bremslast anzugeben. Auf einer eingleisigen Neubaustrecke darf sich zwischen zwei Stationen in der Regel nur ein A. oder nur eine Lokomotive befinden; andernfalls sind besondere Vorsichtsmaßregeln zur Sicherung der Züge zu treffen. Nach den preußischen Vorschriften ist sobald als tunlich eine Verbindung durch Telegraph oder Fernsprecher herzustellen; sie ist unerläßlich, wenn mehrere Züge gleichzeitig auf einem Gleis abgelassen werden. Die Fahrgeschwindigkeit richtet sich im allgemeinen nach der Beschaffenheit des Oberbaues, den Neigungsverhältnissen der Strecke und der Einrichtung der Wagen. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf Neubaustrecken in Deutschland auf 25–30 km, wenn der Zug gezogen, auf 15 km, wenn er geschoben wird, in Österreich allgemein auf 15 km, auf Sekundärbahnen auf 10 km in der Stunde festgesetzt. Die beim A. verwendete Lokomotiv- und Zugsbegleitungsmannschaft muß die in Betracht kommenden Bestimmungen über den Arbeitszugbetrieb auf Neubaustrecken kennen, für die ihr obliegenden Verrichtungen geeignet und geprüft sein. Unkundige Personen dürfen weder Bremsen bedienen noch Wagen kuppeln. Der Zugführer ist für die Zusammensetzung und Beförderung des Zuges, Sicherung der Arbeiten, Untersuchung der Wagen, Besetzung der Bremsen, die Fahrgeschwindigkeit u.s.w. verantwortlich. Er ist der Vorgesetzte des übrigen Zugbegleitungspersonals und während des Verkehrs auf der Strecke in allem, was nicht[240] die Besorgung der Lokomotive betrifft, auch der Lokomotivmannschaft. Der nächste Vorgesetzte des Zugpersonals ist der Vorstand der Bauabteilung (Baulos, Bauleitung), der im Bereich des Neubaues den Arbeitszugdienst unter persönlicher Verantwortung, jedoch unbeschadet der den Zugsbeamten nach ihren Dienstvorschriften und dem Bauunternehmer nach dem Bauvertrag zukommenden Verantwortung, ordnet und überwacht. Während der Fahrt des A. nimmt der mit Handsignalmitteln ausgerüstete Zugführer, wenn der Zug gezogen wird, auf einem möglichst nahe der Lokomotive befindlichen Bremsersitz, bei geschobenen Zügen auf dem an der Zugspitze laufenden Wagen Platz. Nach deutschen Vorschriften hat er in letzterem Falle zu dem bereits oben erwähnten Zweck eine Handglocke mit sich zu führen. Über die an einem Tage stattgefundenen Fahrten des A. hat der Zugführer einen Fahrbericht (Stundenpaß) aufzustellen.

Über die Teilung eines A. auf der Strecke, die Bewegung einzelner Wagen durch menschliche oder tierische Zugkraft und die bezüglichen von den Neigungsverhältnissen der Strecke und der Anzahl der vorhandenen und bedienten Bremsen abhängigen Vorsichtsmaßregeln sind verschiedene Bestimmungen getroffen. Gegen das Abrollen von Fahrzeugen sind ausreichende Sicherungsmaßnahmen anzuwenden. Bei größeren Neigungen muß die Lokomotive auf der Talseite stehen. A. sollen auf Neubaustrecken möglichst nur bei Tage verkehren. Deutsche Vorschriften ordnen ausdrücklich an, daß bei ausnahmsweisen Fahrten während der Dunkelheit, oder bei gestörter Fernsicht Zugspitze und Zugende durch Signallaternen kenntlich zu machen sind und die äußerste Vorsicht (Dampfpfeife, Handglocke, Läutewerk) anzuwenden ist. Das Stehenlassen von A. auf offener Strecke zur Nachtzeit ist möglichst zu vermeiden und nur unter Bewachung und Beleuchtung durch rotgeblendete Zugschlußlaternen zulässig. Die für Betriebstrecken vorgeschriebenen Signale gelten im allgemeinen auch für Neubaustrecken. Die beim A. befindlichen Arbeiter dürfen sich während der Fahrt nur in dem für sie bestimmten Mannschaftswagen aufhalten und haben sich im Innern desselben auf den Boden zu setzen. Nur bei kurzen Bewegungen des A. an der Arbeitsstelle dürfen sie auf den Arbeitswagen, jedoch ebenfalls auf dem Wagenboden sitzend, bleiben. Die Mitfahrt ist nur den im Eisenbahndienst oder auf der Neubaustrecke beschäftigten Personen gestattet; auch ist im allgemeinen nur die Beförderung von Baustoffen für die Neubaustrecke oder unmittelbar anschließende bauliche Anlagen zulässig. Eine anderweitige Verwendung der Lokomotiven als für die Zwecke des A. ist nicht gestattet. Der Übergang von A. von Neubau- auf Betriebstrecken ist nur mit Genehmigung der Bahndirektion (des Betriebsamtes) zulässig. Das Befahren der Verbindungsweichen zwischen beiden Strecken darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Betriebsdienststelle (Station, Zugmeldestelle) erfolgen.

Der Tag des Beginnes des Arbeitszugbetriebs (provisorischen Lokomotivbetriebs) ist 4–6 Wochen vorher der Eisenbahndirektion zwecks öffentlicher Bekanntmachung und Anzeige bei der staatlichen Aufsichtsbehörde und der politischen Behörde (Verwaltungs-, Polizeibehörde) mitzuteilen.

Im Deutschen Reiche sind von den Bahnverwaltungen für den Arbeitszugbetrieb auf Neubaustrecken zum Teil besondere Vorschriften erlassen, z.B. von den preußischhessischen Staatseisenbahnen die »Vorschriften für den Arbeitszugbetrieb der Eisenbahnverwaltungen auf Neubaustrecken«; zum Teil gelten die sonstigen für den Arbeitszugbetrieb überhaupt erlassenen Vorschriften, die (z.B. bei den sächsischen Staatsbahnen die Vorschrift Nr. 196) eigene Kapitel, betreffend den Arbeitszugbetrieb auf Neubaustrecken, enthalten, teils die Vorschriften für den Neubaudienst (z.B. Bayern, Vorläufige Neubauordnung) und einzelne besondere Erlasse.

In Österreich gelten die Verordnung des österreichischen Handelsministeriums vom 25. Januar 1879, RGB. Nr. 19, der Erlaß der k. k. Generalinspektion der österreichischen Eisenbahnen, Z. 16.135 von 1883, und die Eisenbahnbetriebsordnung.

Falls die Ausführung von Neubaustrecken Bauunternehmungen übertragen ist, so gelten die vorstehenden Bestimmungen dann vollinhaltlich, wenn der Arbeitszugbetrieb von der Bahnverwaltung für Rechnung des Bauunternehmers geführt wird, wie dies z.B. die sächsischen Vorschriften (Nr. 196) ausschließlich vorsehen, während z.B. die preußischen Vorschriften den vom Bauunternehmer eingerichteten Arbeitszugbetrieb nicht berühren. Wo der Arbeitszugbetrieb von der Bahnverwaltung für den Bauunternehmer geführt wird, unterliegen alle A. und sonstigen Leistungen sowie die Verleihung von Lokomotiven, Wagen und Zugbegleitungspersonal der Genehmigung der Eisenbahndirektion, sofern die Stellung von A. nicht bereits in den Verträgen vorgesehen ist. Die Kosten für die erwähnten Leistungen werden dem Bauunternehmer nach in der Regel ein für allemal oder im Bauvertrag für jeden Bau besonders festgestellten Einheitsätzen[241] in Rechnung gestellt. Für den durch die Bauunternehmung selbst geführten Arbeitszugbetrieb sind die den Arbeitszugbetrieb der Bahnverwaltung regelnden Vorschriften nicht in vollem Maße anwendbar. Hierüber herrschen bei den einzelnen Bahnverwaltungen große Verschiedenheiten. Je strenger sich der Unternehmer an die sonst gültigen Sicherheitsvorschriften hält, desto besser wird es für ihn im Hinblick auf seine und seiner Bediensteten Verantwortlichkeit und Haftpflicht sein. Immerhin gestatten gewisse Umstände, wie die geringe Zuglast und -geschwindigkeit (besonders bei schmalspurigen Materialbahnen) wesentliche Erleichterungen.

Sofern solche Bahnen in Betriebstrecken der Bahnverwaltungen einmünden, gelten für sie die für Kleinbahnen und Privatanschlußgleise (in Österreich »Schleppbahnen«, s. Privatanschlußgleise) bestehenden Bestimmungen. Die der Materialbeförderung dienenden schmalspurigen Roll- (Material-) Bahnen (s.d.) sind lediglich als Hilfsmittel des Bauunternehmers aufzufassen. Auf sie finden die Eisenbahnkonzessionsgesetze und Eisenbahnbau- und -betriebsordnungen keine Anwendung. Für schmalspurige Rollbahnen bestehen daher keine auf diesen Grundlagen beruhenden Vorschriften. Sie sind vielmehr nach den allgemeinen polizeilichen Vorschriften zu beurteilen. Gegenüber diesen Erleichterungen wurde aber anderseits z.B. für Österreich durch den Erlaß des Handelsministeriums, Z. 2453 vom Jahre 1894 ausgesprochen, daß die Bestimmungen der Eisenbahnbetriebsordnung (kaiserliche Verordnung vom 16. November 1851, RGB. Nr. 1 von 1852) mit den durch die Umstände gebotenen Einschränkungen auch für den provisorischen Lokomotivbetrieb auf für den späteren öffentlichen Verkehr bestimmten Neubaustrecken Anwendung zu finden haben. Der Unternehmer ist verpflichtet, das für die Durchführung des provisorischen Lokomotivbetriebs verantwortliche Organ auch der Bahndirektion bekanntzugeben. Die Bahnverwaltung übt im Interesse ihres Eigentums und des regelmäßigen Baufortganges die Überwachung und Oberaufsicht aus. Die Bauunternehmung und ihre Bediensteten haben alle Anordnungen der Überwachungs- und sonstigen zuständigen Organe des Bau- und des Betriebsdienstes, insbesondere hinsichtlich der Betriebsicherheit, unverzüglich Folge zu leisten. Die Bauunternehmung hat ihren Arbeitern einen Aufseher (Vorarbeiter) beizugeben; sie ist dafür verantwortlich, daß dieser die Unfallverhütungsvorschriften für Streckenarbeiter kennt und Sorge trägt, daß sie von den Arbeitern beachtet werden. Der Bauunternehmer haftet dem Bauherrn für alle Handlungen und Unterlassungen seiner Angestellten und Arbeiter.

II. Auf Betriebstrecken. Für den Verkehr von A. auf im Betrieb befindlichen Eisenbahnen, also von Sonderzügen, die zur Beförderung von Baustoffen dienen, treffen im wesentlichen, besonders hinsichtlich der Beförderung der Arbeiter, der Gattung und Untersuchung der Wagen, Aufstellung der Fahrpläne und sonstigen Vorsichtsmaßregeln die vorstehenden Ausführungen in sinngemäßer Weise zu und es entfallen nur die aus der Natur des Betriebs auf der Neubaustrecke hervorgehenden Beschränkungen und besonderen Anordnungen. Dagegen bestehen zur Verhütung von Unfällen, inbesondere der gegenseitigen Gefährdung der A. und der dem regelmäßigen Betrieb dienenden Züge strenge Bestimmungen, die die Signalisierung der A., ihr Eintreffen in den Stationen vor Ankunft oder Abgang von Gegen- oder Folgezügen und die Obliegenheiten des Zugpersonals genau bestimmen.

Auf zweigleisigen Strecken dürfen die Arbeiter nur auf der dem andern Gleis abgekehrten Seite ein- und aussteigen. Während des Haltens auf der Strecke sind die A. zu decken. Die Trennung von A. beim Halten auf freier Strecke ist auf unbedingt notwendige Fälle zu beschränken und in Deutschland auf größeren Neigungen als 10 untersagt. Bei solchen Zugtrennungen muß die Lokomotive auf der Talseite stehen (in Österreich jedoch nur auf größeren Neigungen als 2∙5). Jeder abgetrennte Zugteil muß die nötige Anzahl bedienter Bremsen besitzen; das Verschieben darf nur durch angehängte Lokomotiven erfolgen. Die Deckung hat sich auch auf den abgetrennten Zugteil zu erstrecken.

Anträge auf Einlegung von A. sind von der in Betracht kommenden Dienststelle rechtzeitig unter Einreichung des Fahrplans beim Fahrdienstbureau zu stellen, das nach Prüfung des Fahrplans die Einleitung der A. veranlaßt. Im Fahrplan sind der Ausfall oder die Verlegung von Zugfahrten, die im bildlichen Fahrplan vorgesehen sind, ausdrücklich zu erwähnen und Fahrten auf unrichtigem Gleis besonders kenntlich zu machen. Die Belade- und Entladestellen auf freier Strecke müssen sowohl nach der Stationierung (Kilometrierung) als auch durch Angabe der benachbarten Bahnhöfe bezeichnet werden. Den Bestimmungen über die Zugfolge ist genau Rechnung zu tragen. Strecken, auf denen der A. von der Lokomotive geschoben wird, sollen besonders bezeichnet werden. Hat ein A. auf einem Schottergruben- oder auf einem sonstigen Nebengleis eine Kreuzung[242] oder eine Überholung abzuwarten, so ist dies im Fahrplan ebenfalls ausdrücklich zu bemerken. Sofern die Fahrt ausnahmsweise nicht nach einem Fahrplan geschieht, muß der Verkehr des Zuges von den beiden Nachbarstationen (Zugmeldestellen) vereinbart werden. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit für A. auf Betriebstrecken ist in Deutschland 45, in Österreich 25 km in der Stunde. Die für die Einstellung in A. vorgesehenen Wagen (Schotterwagen, Arbeitswagen, Bahndienstwagen) und die zusammengestellten A. werden, wenn sie ausschließlich zu Bahnunterhaltungszwecken bestimmt sind, in der Regel den einzelnen Streckenbezirken (Bahnerhaltungsabteilungen, Betriebsämtern) nach einer im voraus festgesetzten Reihenfolge zugewiesen.

Nach § 173 der »Technischen Vereinbarungen des VDEV.« ist bei A. das Schieben des Zuges gestattet, ohne daß sich an seiner Spitze eine führende Lokomotive zu befinden braucht. In solchen Fällen muß jedoch die schiebende Lokomotive angekuppelt sein und darf die Fahrgeschwindigkeit von 25 km in der Stunde nicht überschreiten. Ferner ist bei Fahrten außerhalb der Stationen der vorderste Wagen durch einen Zugbegleiter zu besetzen.

Nach § 176 der »Technischen Vereinbarungen« sollen A. nur auf bestimmte Anordnung der Betriebsverwaltung und nach bestimmten Fahrplänen verkehren. Auch sollen Anordnungen getroffen sein, daß die Bewegungen solcher Züge mindestens den beiden, die Fahrstrecke begrenzenden Stationen bekannt sind.

Für alle anderen hier nicht erwähnten Sicherheitmaßregeln beim Verkehr von A. auf Betriebsstrecken, für ihre Einleitung, Zusammenstellung und Begleitung gelten die für den regelmäßigen Zugbetrieb vorgeschriebenen Bestimmungen. Für das Deutsche Reich sind hierfür maßgebend die Eisenbahnbau- und -betriebsordnung (s.d.), die Eisenbahnsignalordnung (s. Signalordnung) und die Fahrdienstvorschriften, ferner die von einzelnen Bahnverwaltungen erlassenen Vorschriften (z.B. für Sachsen die »V.f.d. Arbeitszugwesen«, Nr. 196), für Österreich die Eisenbahnbetriebsordnung, die Grundzüge der Vorschriften für den Verkehrsdienst auf Hauptbahnen, die Grundzüge der Vorschriften für den Betrieb auf Lokalbahnen, die Signalvorschriften und die Vorschriften für den Verkehrsdienst.

Literatur: Die einzelnen oben angeführten Vorschriften, insbesondere die von einzelnen Verwaltungen herausgegebenen Vorschriften für Arbeitszug betrieb, die Neu bau Ordnungen, Verwaltungsordnungen u.s.w.; ferner für Österreich: Rybicki u. Mikuli, Bauvorschriften für Eisenbahnen, Wien, k. k. Hof- und Staatsdruckerei 1896.

v. Enderes.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 239-243.
Lizenz:
Faksimiles:
239 | 240 | 241 | 242 | 243
Kategorien:

Buchempfehlung

Mickiewicz, Adam

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz erzählt die Geschichte des Dorfes Soplicowo im 1811 zwischen Russland, Preußen und Österreich geteilten Polen. Im Streit um ein Schloß verfeinden sich zwei Adelsgeschlechter und Pan Tadeusz verliebt sich in Zosia. Das Nationalepos von Pan Tadeusz ist Pflichtlektüre in Polens Schulen und gilt nach der Bibel noch heute als meistgelesenes Buch.

266 Seiten, 14.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon