[469] Bostoner Schnellbahnen.
1. Allgemeine Verkehrsverhältnisse Groß-Bostons.
Groß-Boston umfaßt ein Gebiet von 110 km2 mit einer Bevölkerung von 1∙3 Mill. Köpfen. Es setzt sich etwa wie Berlin aus einer Reihe selbständiger Gemeinwesen zusammen, dem eigentlichen Boston mit der halbinselartigen Geschäftsstadt Alt-Boston Abb. 255 , die nach Süden und Südwesten zu in die ausgedehnten Stadtgebiete Roxbury (und Brighton) übergeht, und weiter nach Südosten mit dem durch die Südbai abgetrennten Küstenstadtteil Südboston baulich und wirtschaftlich zusammenhängt. Auf der linken Seite des Charles-Flusses liegt, dem Halbinselkopf Alt-Bostons gegenüber, Charlestown, weiterhin, durch die Mündung des Mystic-Flusses von diesem getrennt, die Halbinsel Chelsea. Nordöstlich, durch Dampffähren und eine im Tunnel geführte Tramschnellbahn erreichbar, ist die Insel Ost-Boston vorgelagert. Wirtschaftlich und verkehrspolitisch sind ferner die auf dem linken Ufer des Charles-Flusses gelegene Stadt Cambridge und die an diese anschließende Stadt Somerville dem Groß-Bostoner Stadtgebiet zuzurechnen.[469]
[471] Die Alt-Bostoner Geschäftsstadt, das eigentliche Herz von Boston, zwischen dem Hafen im Osten und dem Boston Common und Beacon Hill im Westen, das nur eine Ausdehnung von 1600 m in nordsüdlicher und von 800 m in ostwestlicher Richtung hat, bildet das eigentliche Verkehrszentrum. Die Verkehrsverhältnisse sind dadurch besonders erschwert, daß die innerstädtischen Straßen ohne jeden Plan angelegt sind. Nur in nordsüdlicher Richtung finden sich zusammenhängend fortlaufende Straßenzüge, auf die der Verkehr in seiner Hauptmasse angewiesen ist; die wichtigsten sind die Tremontstraße und die Washingtonstraße, die 120150 m voneinander entfernt sind (Abb. 255 u. 256). Die beiden Straßen haben eine stark gebrochene Linienführung und sehr ungleiche Breite, die stellenweise bis auf 121/2 m herabgeht.
2. Arten der Schienenwege.
Die Formen des örtlichen Bahnverkehrs erfuhren nach vorausgegangener Durchführung der im Jahre 1880 begonnenen Verschmelzung und Elektrisierung der Straßenbahnen eine durchgreifende Weiterbildung, seitdem das Schnellverkehrsamt (Rapid Transit Commission) ins Leben trat. Dieses Amt wurde 1893/94 errichtet, besteht aus staatlichen und städtischen Mitgliedern und hat sich mit dem Studium der städtischen Verkehrsfragen zu befassen. Die Neugestaltungen begannen mit dem Versuch der Weiterbildung der Straßenbahnen, deren Verkehr auf einer allzu überlasteten Straßenstrecke unter die Erde verlegt wurde. Die weitere Entwicklung wendete sich indessen durchaus der elektrischen Schnellbahn zu. Die ihr weitaus nachstehende Leistungsfähigkeit der Tunnelstraßenbahn, die Unmöglichkeit eines geordneten Streckensicherungswesens, die auch Linienverkettungen als besonders bedenklich erscheinen lassen, die Schwierigkeiten der Reihenabfertigung der in ungeordneten Abständen schnell aufeinanderfolgenden Straßenbahnzüge an den Bahnsteigen und der Abfertigung des Verkehrs auf den Bahnsteigen selbst sind die Umstände, die die Rückkehr zur eisenbahnmäßigen Form des Schnellverkehrs bei den neuen Ausführungen veranlaßt haben. Einen Schritt auf dem Wege zur Schnellbahn bezeichnet auch die zuerst in Boston angewendete Form der Tramschnellbahn, ein Zwitter, der in ordnungsmäßiger Blockfolge mit vor- und rückwärtssteuerbaren kurzen Zugeinheiten betrieben wird, die auf die Straßenfläche übergehen.
Dem ausgesprochenen Verkehrssinne des Bostoners für Einheitlichkeit und organischen Zusammenschluß ist es zu danken, daß die Straßen- und Schnellbahnen nicht, wie in allen anderen Großstädten, unabhängig nebeneinander gestellt, sondern verwaltungstechnisch, im Betrieb und tarifarisch aufs engste miteinander verknüpft sind. Die Gemeinschaft kommt tarifarisch im Einheitsfahrpreise von 5 Cts. zum Ausdruck, der über Straßen- und Schnellbahnen unterschiedlos durcherstreckt ist. Dementsprechend ist auch auf die Erleichterung des Überganges von einem Verkehrsmittel zum anderen von Straßenbahn zu Straßenbahn, Tramschnellbahn und Schnellbahn in beliebiger Ordnung denkbar weitgehendste Fürsorge verwendet; daher die in hohem Maße verfeinerte Durchbildung der Formen in-, neben-, über- und untereinander angeordneter Anschluß- und Gemeinschaftsstationen (Abb. 258, 259, 262, 263). Aber auch, wo der Übergang von einem Verkehrsmittel zum anderen mit Zwischenwegen verbunden ist, ist nichtsdestoweniger das Umsteigen zum Einheitsfahrpreis mittels der Übersteigefahrscheine (transfers) zugelassen. Diese tarifarische Gleichwertung hat es mit sich gebracht, daß die örtlichen Schienenwege gleichviel welcher Art an hervorragenden Verkehrspunkten gleichsam mit Sammlern ausgestattet sind, in denen sich andere Schienenwege Straßenbahnen oder Schnellbahnen als Saugadern strahlenförmig anschließen (Abb. 258, 259 und 263).
Die verschiedenen Bahnformen und die Art ihres Ineinandergreifens sind aus den Abb. 255 und 256 ersichtlich.
3. Die Tunnelstraßenbahn in der Tremont-Straße.
Im Jahre 1893 wurde beschlossen, unter der Tremont-Straße einen Unterweg für die Straßenbahn anzulegen. Wie aus den Abb. 255 u. 256 und der Abb. 257, die die allgemeine Lage dieses Bauwerkes darstellt, zu ersehen ist, umfaßt der im Grundriß nach einem umgekehrten Y angelegte Tunnel vier voneinander unabhängig befahrene Gleise, u. zw. (vgl. Abb. 257) die beiden durchgehenden Gleise AB und BA (mit starkem Strich ausgezogen) und zwei Rückkehrgleise CDC und BEB, deren Schleifen D und E zwischen die ersteren eingelagert sind. An den Enden sind die Gleise mittels Rampen ABC unter die Erde und wieder hinaufgeführt; für die nördliche Richtung ist die Weiterführung der äußeren Gleise auf einem Viadukt entlang der Nordstation und über den Charles-Fluß bis nach Cambridge in Erwägung gezogen (Abb. 255 u. 256). Die Tunnelstationen sind so angelegt, daß von den Schleifengleisen auf die durchgehenden Gleise[472] umgestiegen werden kann und umgekehrt (Beispiele Abb. 262 u. 263 B). Ein Wagenübergang zwischen den verschiedenen Gleisen findet im Betriebe grundsätzlich nicht statt; die Verbindungsweichen (Abb. 262 u. 263 B) dienen lediglich Verschubzwecken1.
Die Tunnelanlage ist in den Jahren 1897 und 1898 eröffnet worden; die Gesamtlänge der Tunnelstrecken, die einen Kostenaufwand von 4∙15 Mill. Doll, erfordert hatten, beträgt 2∙7 km, die gesamte Gleislänge 8 km. Die Einführungsrampen haben ein Gefälle von 1 : 20, die Krümmungshalbmesser gehen bis auf 1525 m herab. Das Bauwerk wurde vom Tage der Eröffnung ab an die Verkehrsgesellschaft auf 20 Jahre gegen eine Jahresabgabe verpachtet, die 47/8% der reinen Herstellungskosten, mindestens aber den Betrag eines Wagenzolles ausmacht, der sich aus der durch den Tunnel geführten Wagenzahl nach bestimmten Einheitssätzen für die verschiedenen Wagengattungen berechnet. Ausrüstung des Tunnels ist Sache der Gesellschaft.
Das bezeichnendste Beispiel der Verkehrsabwicklung im Straßenbahntunnel bietet der Endbetrieb der Parkstraßenstation, in der es sich jedoch im wesentlichen nur um einseitig gerichtete Verkehrsströme und um Endverkehr handelt. Die Grundrißanlage dieser Station ist in Abb. 263 B veranschaulicht. (Hinsichtlich ihres Betriebs vgl. »Zur Frage der Abfertigung von Zugreihen an Bahnsteigen« in Nr. 76 und 77 des Jahrgangs 1908 der Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen.)
4. Die Schnellbahn vom Sullivan Square zur Dudley-Straße.
Die Schnellbahn wurde im Jahre 1899 in Angriff genommen. Am 10. Juni 1901 wurde die 8∙4 km lange Strecke zwischen Sullivan Square und Dudley-Straße über den Tremont-Straßentunnel eröffnet, dessen durchlaufende Gleise in den Schnellbahnbetrieb einbezogen wurden. Innerhalb des eigentlichen Geschäftsgebietes wurde die Schnellbahn zu einer Schleife auseinandergezogen, deren östlicher Teil als Hochbahn der Atlantic-Avenue in der Nähe des Hafens folgt. Die Schleife, die am 22. August 1901 eröffnet wurde, schließt sich an die durchgehende Linie in der Nähe der Nordstation mittels eines Bogendreiecks an, dessen Gleisüberschneidungen in bedenklicher Weise in Schienenhöhe erfolgen, obgleich alle Dreieckseiten von Zügen befahren werden. Ein gleichartiges Dreieck ergab sich auf der Südseite. Die Entfernung zwischen den Endstationen über die Atlantic-Avenue beträgt 8∙7 km. Im Jahre 1909 ist die Hauptlinie von der Dudley-Station südwärts bis Forest Hills (4 km) ausgedehnt worden. Eine Erweiterung über Sullivan Square nordwärts bis Maiden (5 km) ist im Bau. Die eigenartige Ausbildung der früheren Hochbahn-Endstationen am Sullivan Square und an der Dudley-Straße ist aus den Abb. 258 u. 259 ersichtlich. Sie stellen vereinigte Kehrstationen der Schnellbahn und der Straßenbahn dar, erstere in Schleifenform, letztere in Schleifen und Kopfform.
Die Einbeziehung der Tremont-Straßengleise in die Schnellbahn trägt bereits der Auffassung Rechnung, die die Straßenbahngesellschaft stets in nachdrücklicher Weise vertreten hat, daß[473] auch die vom Straßenkörper losgelöste Straßenbahn an Leistungsfähigkeit von der Schnellbahn bei weitem übertroffen wird. Doch erwies sich der Tunnel infolge der starken Steigungen und Krümmungen für den eisenbahnmäßigen Betrieb trotz mehrfacher Änderungen als recht ungeeignet. Die Betriebsmittel und die Schienen waren starker Abnützung unterworfen; die Fahrgeschwindigkeit mußte wegen der engen Stationsabstände, der scharfen Steigungen und Krümmungen im Tunnel auf 11 Meilen oder 17 km in der Stunde herabgesetzt werden, während auf den Hochbahnstrecken beides mit Abrechnung der Aufenthalte bei einer zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 55 km in der Stunde, 22∙5 km in der Stunde erreicht wurden. Trotzdem hat der Tunnel bis zum 28. November 1908 dem Schnellverkehr gedient; dann wurde er seiner ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben.
Auf der Nordseite der Altstadt überschreitet der Schnellverkehr den Charles-Fluß mittels eines auf der Charlestown-Brücke ebenfalls ein Werk des Schnellverkehrsamts errichteten Viadukts. Der mittlere Teil des Bauwerkes ist eine 73 m weite doppelarmige Drehbrücke, deren Freigabe für die Schiffsdurchfahrt sich die Hochbahngesellschaft täglich bis zu 8 mal auf je 7 Minuten gefallen lassen muß, ausgenommen in den Stunden stärksten Verkehrs.
5. Die Tramschnellbahn im Ostbostontunnel.
Aus dem Bisherigen ist ersichtlich, daß der unterirdische Betrieb nach der Straßenbahnweise bei starkem Verkehr nicht die zweckmäßigste Verkehrsform darstellt. Immerhin bietet sich da, wo nur wenige Betriebslinien in Frage kommen, mit denen sich ein ordnungsmäßiger Betrieb einrichten läßt, für diese Betriebsweise noch ein Feld. Den Beweis liefert der Ostbostontunnel, der das entlegene und durch den Hafen vom Hauptgebiet der Stadt abgetrennte, wenig verkehrsreiche Gebiet von Ostboston, das bisher nur durch Fähren zu erreichen war, mit dem Geschäftsgebiet verbindet. Auch dieser Tunnel ist vom Schnellverkehrsamt für städtische Rechnung erbaut und am 30. Dezember 1904 eröffnet worden. Er wird in westlicher Richtung über Bowdoin Square bis in die Nähe der Lynde-Straße weitergeführt; der aufgetauchte Gedanke, seine Gleise mit denen des Tremont-Straßentunnels in Verbindung zu bringen und Züge dahin überzuleiten, ist aus Gründen der Betriebsführung und der Verkehrssicherheit für undurchführbar erachtet worden.
Der Ostbostontunnel ist der Hochbahngesellschaft bis zum 10. Juni 1922 gegen Zahlung von 3/8% der jährlichen Roheinnahmen aus allen im Eigentum oder Betrieb[474] der Gesellschaft befindlichen Linien verpachtet. Die Gesellschaft hat ferner für jeden Fahrgast, der den Tunnel in einer Richtung benutzt, einen Zoll von 1 Ct. zu erheben und an die Stadt abzuführen.
Der mäßige Umfang des Verkehrs, die dadurch bedingte geringere Wagenfolge, die Einfachheit der Streckenverhältnisse und der erhebliche Stationsabstand legten die Anwendung gesteigerter Fahrgeschwindigkeit mit Einrichtung durchgehenden Block- und Signalsystems nahe (Tramschnellbetrieb). Die Geschwindigkeit beträgt nach Mitteilung der Verwaltung ohne Einrechnung der Aufenthalte 16 Meilen oder rund 25 km in der Stunde. Bei der bisherigen Gleisanordnung des Endbahnhofs am Scollay Square werden für das Umsetzen der Fahrzeuge etwa 2 Minuten gebraucht; um aber zeitweise eine dichtere Streckenfolge der Züge zu ermöglichen, wurde den Wagenführern gestattet, die Signale auch in der Haltstellung zu überfahren. Die Züge führen neuerdings teilweise einen zweiten Wagen. Zweiwagenzüge, die aus Motorwagen und Beiwagen gewöhnlicher Art bestehen, erachtete die Gesellschaft im Tunnelbetrieb nicht für zulässig; die Beiwagen sind vielmehr mit Motoren versehen, erhielten durchlaufende Steuerung und wurden auch bezüglich der Bremseinrichtung, der Kupplungen u.s.w. im Sinne des Schnellbahnverkehrs weiter durchgebildet.
Abb. 260 zeigt die Anordnung der Zugänge der Station State-Straße. Sie wird mittels Aufzügen bedient, von denen aus auch zur Hochbahnstation in der Atlantic-Avenue umgestiegen werden kann. Die Tiefstation besitzt ferner eine Nottreppe, die später mit einem Schrägaufzug ausgestattet werden soll. Besonders bemerkenswert sind die Lüftungsanlagen des Ostbostontunnels, wie überhaupt auf ausgiebige Lüftung aller Bostoner Tunnelanlagen in fürsorglichster Weise Bedacht genommen ist.
6. Der Tunnel in der Washington-Straße.
Die Auffassung, daß die wirksame Lösung des innenstädtischen Verkehrsproblems nicht im straßenbahnmäßigen, sondern im eisenbahnmäßigen Tunnelbetrieb liege, trat bei der Verfolgung der weiteren Verkehrsprojekte noch deutlicher zutage. Sie kam zum Ausdruck, als es sich darum handelte, durch Untertunnelung des Washington-Straßenzuges eine fernere Entlastung des überfüllten innerstädtischen Geschäftsgebietes herbeizuführen. Hierbei kam es bezüglich der Art der einzurichtenden Betriebsweise zwischen dem Verkehrsamt, das den Tunnel erbauen, und der Betriebsgesellschaft, die ihn benutzen sollte, zu einer scharfen Auseinandersetzung, die die Gesellschaft schließlich dazu führte, die Entscheidung der Staatseisenbahnbehörde anzurufen, der sie in ausführlichem Berichte die Gründe darlegte, die nach ihrer Ansicht den Schnellbahnbetrieb nötig machten. Die Entscheidung der Staatseisenbahnbehörde erfolgte unter vollster Anerkennung der vorgetragenen Gründe ganz im Sinne der Betriebsgesellschaft. So ist es gekommen, daß die Tunnelbahn unter der Washington-Straße als Schnellbahn gebaut wurde.
Der Tunnel in der Washington-Straße wurde Ende 1904 begonnen, am 30. November 1908 eröffnet. Die geringe Straßenbreite hat außerordentliche Bauschwierigkeiten zur Folge gehabt (vgl. Abb. 262). Die Bahnsteige sind meist[475] gegeneinander verschoben, zum Teil auch unmittelbar über die Gleise gelegt (Abb. 256, rechtseitige Nebenabbildung). Bemerkenswert ist ferner die im Interesse der Verkehrsverteilung ausgeführte große Zahl von Stationszugängen, die, um die Straßenfläche freizulassen, fast durchweg in die Häuser gelegt und außerhalb des großen Verkehrsstromes in Nebenstraßen verwiesen sind (Abb. 256, Haupt- und Nebenabbildungen). Auch auf einzelnen Stationen des Washington-Tunnels sind Fahrtreppen eingebaut (Renosche Treppe in der State-Station). Am Haymarket-Square sind die Stationen der Schnellbahn und der unter 3 beschriebenen Tunnelstraßenbahn mittels Umsteigetunnels verbunden (Abb. 261).[476]
Der Tunnelbau wurde der Hochbahngesellschaft gegen jährliche Zahlung von 41/2% der reinen Tunnelkosten rund 8 Mill. $ bei rund 1∙9 km Tunnellänge von der Stadt für einen Zeitraum von 25 Jahren von der Eröffnung ab in Pacht gegeben und statt der für den Schnellverkehr ungeeigneten Tremont-Tunnelbahn in den Hochbahnbetrieb einbezogen; letztere ist in ihrem ganzen Umfange der ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben. Mit der Überführung des Schnellbetriebes in den Tunnel der Washington-Straße trat an die Stelle des südlichen der beiden Gleisdreiecke der Schnellbahn eine einfache Hochbahnabzweigung. Der Fahrplan der Hochbahn wurde fortan so eingerichtet, daß zwischen Nord und Süd Züge sowohl durch den Tunnel, als auch über die Atlantic-Avenue-Strecke verkehren; die ersteren in Zwischenräumen von 21/2 Minuten, die letzteren von 8 Minuten in jeder Richtung. Dazwischen sind Pendelzüge zur Verbindung der beiden großen Einführungsbahnhöfe eingelegt, die zwischen Nordstation und Beach-Straße verkehren.
Zu erwähnen ist noch, daß, während die Tremont-Straße nach Herstellung des Straßenbahntunnels von Gleisen befreit wurde, die Betriebsgesellschaft Wert darauf legte, in der Washington-Straße die Oberflächengleise in der bisherigen Weise fortbestehen zu lassen.
7. Cambridge- und Riverbank-Schnellbahnen.
Die Abb. 255 u. 256 zeigen zwei weitere Schnellbahnverbindungen, beide von Park-Street ausgehend, von denen die eine unter dem Beacon Hill hindurch und über die Cambridge-Brücke in den gleichnamigen Ortsteil, die andere unter dem Boston Common nach der Uferstraße am Charles-Fluß und weiter westwärts führt. Mit dem Bau des Beacon-Hill-Tunnels der Cambridge-Bahn wurde Mitte 1910 begonnen; für den Riverbank-Tunnel ist neuerdings eine geänderte Linienführung von der Park-Straße parallel zum Tremont-Straßentunnel nach der Boylston-Straße und von da weiter westwärts beschlossen.
Abb. 263 zeigt die Lage des Park-Straßen-Bahnhofs der Cambridge-Schnellbahn in Verbindung mit der bestehenden gleichnamigen Station der Tremont-Straßenbahn. Beide Stationen haben untereinander und mit dem Straßenboden unmittelbare Verbindung; der Aufstieg von der Tiefstation ins Freie kann mittels Fahrtreppen bewirkt werden. Die Fortführung der Cambridge-Schnellbahn nach der Südstation und von da weiter nach dem Andrew Square in Dorchester ist in Vorbereitung.[477]
Auch die Tunnels der vorstehend erwähnten beiden Schnellbahnen werden vom Schnellverkehrsamt für städtische Rechnung ausgeführt und nach Fertigstellung von der Hochbahngesellschaft in Pacht genommen. Gleichzeitig mit der Pachtübernahme der neuen Tunnels, die bis zum 1. Juli 1936 vereinbart ist, wurde auch die Pachtdauer der bestehenden Tunnels neuerdings bis zum gleichen Zeitpunkt verlängert. Die Verträge laufen stillschweigend um je 2 Jahre weiter, falls Kündigung nicht erfolgt.
8. Statistisches.
Die Wirtschaftlichkeit der Bostoner Schnellverkehrsanlagen läßt sich mangels getrennter Rechnungsführung im einzelnen nicht feststellen. Die Hochbahngesellschaft hat zunächst die Pachtunternehmungen zu vereinbarten Bedingungen zu entschädigen, ehe sie nach Verzinsung ihrer eigenen Verbindlichkeiten u.s.w. Gewinnanteile ausschütten kann. Diese stellten sich seit 1902 durchschnittlich auf 6% des gewöhnlichen Aktienkapitals, wobei zu berücksichtigen ist, daß dem letzteren die Beträge zugute kommen, die im Pachtbetriebe der Westendstraßenbahn über die an letztere zu zahlenden Beträge hinaus erwirtschaftet werden.
Die Gesamtlänge aller von der Hochbahngesellschaft betriebenen Gleise betrug am Ende des Geschäftsjahres (1910) 776 km. Davon dienen etwa 39 km dem Schnellverkehre, von denen wieder 17 km auf Tunnels entfallen. Auf den Schnellbahnen wurden vom 1. Oktober 1909 bis 30. Juni 1910 10 Mill., auf den Oberflächenbahnen rund 53 Mill. Personenwagen/km gefahren bei einer Gesamtbeförderung von rund 220 Mill. Personen, von denen rund 60% Umsteigefahrscheine benutzten. Die Einnahme auf die Person betrug 4∙99 Cts.
Kemmann.
1 | Die Politik des Verkehrsamtes war seit jeher dahin gerichtet, Schienenkreuzungen in Tunneln zu vermeiden, da sie diese als eine ständige Gefahren- und Verzögerungsquelle ansieht (Royal Commission on London Traffic, Band IV). |
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