Wagenübergang

[255] Wagenübergang (exchange or transfer of vehicles; échange des waggons; scambio dei veicoli) von Bahn zu Bahn findet im Personen-, Gepäck- und im Güterverkehr statt, um den Durchlauf der Wagen bis zur Bestimmungsstation der Reisenden, ihres Gepäcks oder der Frachtgüter zu ermöglichen und dadurch das Umsteigen und das Umladen entbehrlich zu machen. Der W. im Güterverkehr ist derart Regel geworden, daß ein Umladen an der Grenze eines Bahnnetzes fast nur noch stattfindet, wenn ein Übergang wegen Beschaffenheit des Wagens oder seines Inhalts oder wegen des Wechsels der Spurweite nicht möglich ist, und auch im letzteren Fall wird durch Verwendung von Rollböcken (s.d.) und Umsetzwagen das Hindernis zu beseitigen versucht. Der W., durch den ein Mietverhältnis zwischen der Wageneigentümerin und den Eisenbahnen, auf deren Strecken die Wagen übergehen, begründet wird, ist durch zahlreiche Vereinbarungen der benachbarten Bahnen und durch Übereinkommen großer Verbände geregelt (s. Wagenverbände). Für das europäische Festland ist der Übergang von Güterwagen (der Übergang von Personen-, Trieb- und Gepäckwagen ist auf besondere Vereinbarungen verwiesen s. Zugbildung und Durchgehende Wagen), insbesondere durch das Vereinswagenübereinkommen vom 1. Januar 1922 (VWÜ.) und das am gleichen Tag in Kraft getretene Übereinkommen für die gegenseitige Benutzung der Güterwagen im internationalen Verkehr (RIV.), Stresa, April 1921. Beiden Übereinkommen ist das Technische Reglement Fassung 1913 (Techn. Regl.) als Anlage angefügt. (Wegen des Geltungsbereichs u.s.w.s. Wagenverbände.)

Durch den Übergang eines Wagens auf eine fremde Bahn wird er der Verfügungsgewalt der Eigentümerin entzogen und in den Machtbereich der übernehmenden Verwaltung gebracht. Die Eigentümerin hat ein Interesse daran, den Wagen bald wieder in ihre Verfügung zurückzuerhalten, die übernehmende Verwaltung daran, die Betriebskosten für die Rückbeförderung des leeren Wagens dadurch zu sparen, daß sie ihn auf dem Rückwege möglichst ausnutzt. Dieser Widerstreit der Interessen hat dazu geführt, daß der Benutzung der Wagen Grenzen gezogen worden sind.

Nachstehend folgen die wesentlichen Bestimmungen des neuen VWÜ. vom 1. Januar 1922 (mit Angabe der abweichenden Bestimmungen des RIV.):[255]


Wagen, deren Inhalt tarifmäßig eine Wagenladung (mindestens 5 t) bildet, sind bis zur Bestimmungsstation der Ladung durchzuführen, wenn die ganze Strecke bis zur Bestimmungsstation Vereinsverwaltungen oder dem RIV. beigetretenen Verwaltungen angehört, oder solchen Verwaltungen, mit denen die angrenzende beigetretene Verwaltung oder die Wageneigentümerin Vereinbarungen über die Wagenbenutzung getroffen hat. Sind Stückgüter beigeladen, so müssen die Wagen auf den Übergangsstationen nur dann übernommen werden, wenn die gesamte Ladung für ein und dieselbe Station bestimmt ist.

Wagen, die diesen Bestimmungen (§ 2) entsprechen, dürfen unterwegs nur aus den in den §§ 10 Ziffer 1 a und 12 Ziffer 3–4 angegebenen Gründen entladen werden, ferner wegen Wechsels der Spurweite, nicht zulässigen Radstandes oder Raddruckes oder wegen anderer in der Beschaffenheit des Wagens liegender zwingender Umstände.

Wagenladungen dürfen auf Verlangen des Verfügungsberechtigten nach anderen Bestimmungsstationen weitergesandt werden.

Wagen mit Stückgüter müssen auf der Übergangsstation übernommen werden, wenn

a) die Ladung den Wagen räumlich ausfüllt, oder wenn lebende Tiere verladen sind, ausgenommen Kleintiere und Geflügel in Behältern;

b) das Gewicht der Ladung bei Frachtgut mindestens 3000 kg, bei Eilgut mindestens 2000 kg beträgt. Ist Frachtgut und Eilgut ausnahmsweise zusammengeladen, so gilt für die Verpflichtung zur Übernahme die Bedingung für Frachtgut;

c) der Wagen ohne Rücksicht auf das Gewicht das gesamte Tagesaufkommen der übergebenden Bahn an Stückgut für den Übergang enthält.

Die übernehmende Verwaltung ist berechtigt aber nicht verpflichtet, die Wagen so lange weiterzuführen, als die Ladung diesen Voraussetzungen entspricht. Ein nicht mehr ausreichend beladener Wagen ist auf der nächsten zuständigen Station umzuladen. In zwingenden Fällen (besondere Schwierigkeiten der Umladung, Zollrücksichten u. dgl.) dürfen derartige Wagen jedoch weitergeführt werden.

Die Bestimmung der Tageszeiten für die Wagenübergabe und -übernahme bleibt der Vereinbarung der Nachbarverwaltungen überlassen (§ 3).

Übergangsfähige Wagen (vgl. § 12) gelten als übernommen, wenn sie (nach technischer Prüfung, VWÜ.) zur vereinbarten Zeit mit allen zur Beförderung erforderlichen Begleitpapieren (Frachtbrief, Frachtkarte, Zollpapiere u.s.w.) der Nachbarbahn zur Verfügung gestellt worden sind.

Verwaltungen, die die Übernahme übergangsfähiger Wagen blehnen wollen, sind verpflichtet, die Unmöglichkeit der Übernahme allen beteiligten Verwaltungen durch Telegramme gegen Empfangsanzeige oder durch eingeschriebenen Brief mitzuteilen. Wenn durch Verweigerung der Übernahme Wagen aufgehalten werden, wird die benutzende Verwaltung für die Dauer des hierdurch erwachsenden Aufenthaltes von der Zahlung der Miete befreit, wenn sie die Übernahmeverweigerung nachweist. Die ablehnende Verwaltung hat die Mehrmiete für die Dauer der Zurückhaltung der Wagen zu tragen, wenn die Verweigerung nicht durch Unfahrbarkeit der Strecke gerechtfertigt ist.

Fremde Wagen sind nach der Entladung unverzüglich, wenn möglich beladen zurückzusenden (§ 4).

Die Wagen dürfen wieder beladen werden:

a) nach Stationen der Heimatbahn;

b) nach Stationen jenseits der Heimatbahn, wenn eine Strecke dieser Bahn durchlaufen wird;

c) nach Stationen des Hinweges;

d) nach anderen in der Richtung zur Heimat gelegenen Stationen, wenn der Wagen dadurch der Heimat nähergebracht wird, u. zw. in allen Fällen auf beliebigem Wege.

Die Bestimmungen des § 2 gelten auch für die auf dem Rückwege befindlichen beladenen Wagen.

Wenn eine Rückladung nicht vorhanden ist, sind die Wagen leer zurückzusenden:

a) von den Stationen des Hinweges nach der Eintrittstation, über die sie gekommen sind;

b) von den auf dem Hinwege nicht berührten Stationen nach der nächsten Station des Hinweges oder nach der nächsten Übergangsstation der Heimatbahn je nach der Entfernung.

Wird durch Weiterabfertigungen oder Neuaufgaben der Hinweg verlängert, so sind die Wagen von der Entladestation nach der nächsten Übergangsstation der Heimatbahn zurückzusenden, sofern der Weg dahin weniger als 50 km beträgt.

Fehlen die Übergangszettel, so sind die Wagen mit Heimatzetteln zu versehen und auf dem kürzesten Wege in die Heimat zu senden.

Für die Rückbeladung von Wagen solcher Bahnen, die dem Übereinkommen nicht angehören, gilt als Heimatbahn nicht die einführende Bahn, sondern die Eigentumsbahn.

Keine Bahn darf die Übernahme und Beförderung der dem Vorstehenden gemäß abgefertigten Wagen ablehnen, außer aus Gründen, die auch zur Zurückweisung beladener Wagen berechtigen.

Die befördernden Verwaltungen sind jedoch zur Ausnutzung solcher Wagen berechtigt. Die Verwaltung, die einen Wagen mit Heimatzetteln abgefertigt hat, haftet der befördernden Verwaltung für etwa anfallende Leerlaufgebühren.

Läuft ein Wagen leer oder nicht ausreichend beladen nach seiner Heimat auf einem Wege zurück, über den er auf dem Hinwege nicht gekommen ist, so hat die schuldige Verwaltung die befördernde Verwaltung für die Beförderung des Wagens zu entschädigen. Die Entschädigung beträgt 0∙80 M. nach dem VWÜ. und 0∙20 Fr. nach dem RIV. für das Tarifkilometer und für die leer oder nicht ausreichend beladen durchlaufene Strecke unter Abzug der auf dem Hinwege oder Rückwege in ausreichend beladenem Zustand etwa auf derselben Bahn, wenn auch auf anderen Linien, zurückgelegten Entfernung1.

Verstöße gegen die Bestimmungen über die Benutzung der fremden Wagen werden durch Geldbußen geahndet. Die Geldbuße, die die schuldige Verwaltung der Eigentums- neben der Mietbahn zu zahlen hat, beträgt nach dem VWÜ. 200 M. nach dem RIV. 40 Fr. für jeden Wagen.[256]

Die Verwaltungen sichern sich zu, im Bedarfsfalle für gemeinschaftliche Güterbeförderungen Wagen beizustellen. Werden die beigestellten Wagen nicht auf dem Weg des Hinlaufens oder nicht ausreichend beladen nach der Heimatbahn zurückgesandt, so hat die anfordernde Verwaltung an die zwischenliegenden Bahnen für die in irgend einer Richtung leer oder nicht ausreichend beladen durchlaufenen Strecken eine Entschädigung von 0∙80 M. (RIV. 0∙20 Fr.) für das Tarifkilometer zu zahlen. Die von den Wagen auf derselben Bahn, wenn auch auf anderen Strecken, in ausreichend beladenem Zustand zurückgelegte Entfernung wird abgezogen (§ 5).

Die anfordernde Verwaltung hat sich rechtzeitig mit der Eigentumsverwaltung und mit etwa zwischenliegenden Verwaltungen zu verständigen. Diese können eigene Wagen anbieten.

Wenn ein beigestellter Wagen wegen Beschädigung leer zurückgesandt wird, so entfällt der Anspruch der Wageneigentümerin auf Mietvergütung sowie der Anspruch der an der beabsichtigten Güterbeförderung beteiligten Verwaltungen auf eine Entschädigung für die Leerbeförderung.

Die Verwaltung, die fremde Wagen benutzt, hat der Eigentumsverwaltung nach § 9 für jeden Wagen eine nach ganzen Tagen berechnete Miete von:


10 M.(RIV. 2∙50 Fr.)für den 1.–3. Tag
12 M.(RIV. 3∙ – Fr.)für den 4.–7. Tag
14 M.(RIV. 4∙ – Fr.)für den 8.–10. Tag
16 M.(RIV. 5∙ – Fr.)für den11.–15. Tag
20 M.(RIV. 6∙ – Fr.)für jedenweiteren Tag

zu zahlen.

Die Miete beginnt und endet mit der der Übergabe folgenden Mitternacht. Für einen Wagen, der am gleichen Tage eintritt und austritt, ist die Miete für einen Tag zu zahlen.

Durch die mit dem neuen VWÜ. und dem RIV. erfolgte Einführung einer reinen gestaffelten Zeitmiete entfallen:

a) die Laufmiete und die umständliche und zeitraubende Lauffeststellung;

b) der Wagenkilometerzeiger;

c) die Feststellung der Lauf- und Ladefristen;

d) die Verzögerungsgebühren;

e) die Kontrolle der Benutzung der eigenen Wagen auf fremden Bahnen.

Die Mietsätze des VWÜ. sind geringer als die des RIV., weil die Mitglieder des Vereines sich in dieser Frage gegenseitig eine Erleichterung gewähren und hierdurch das Vereinsinteresse fördern wollen. Da die Wirkung der neuen Sätze sich in keiner Weise übersehen läßt, sollen die Sätze nach zwei Jahren einer Nachprüfung unterzogen werden. Sollten indes in der Zwischenzeit Umstände eintreten, die eine sofortige Abänderung der Sätze erheischen, so ist der Wagenausschuß zur selbständigen Änderung der Sätze ermächtigt.

Bei der Zusammenstellung der Sätze war der Gedanke bestimmend, daß das schutzbedürftige Eigentumsrecht an den Wagen durch die Höhe der zu erhebenden Mietsätze hinreichend geschützt werden könne und müsse2.

Die benutzende Verwaltung hat Miete nicht zu zahlen (§ 10), wenn der Wagen in ihrem Bereich durch einen der folgenden Umstände aufgehalten wurde:

a) Unfahrbarkeit der Strecke oder Unbrauchbarkeit der Fähre, die der Wagen zu durchlaufen oder zu benutzen hat; kann er auf einem anderen Wege weitergeleitet werden, so bleiben höchstens 10 Tage mietefrei.

Die Verwaltung hat solche Behinderungen binnen 7 Tagen der Geschäftsführenden Verwaltung des[257] VDEV. zur Veröffentlichung in der Vereinszeitung (dem Internationalen Eisenbahnzentralamt in Bern zur Veröffentlichung in der Ztschr. f.d.i. Eisenbtr.) mitzuteilen. Unterbleibt die rechtzeitige Mitteilung, so erlischt der Anspruch auf Mietebefreiung.

b) Annahmeverweigerung durch die Nachbarbahn.

c) Anforderung von Ersatzteilen zur Wiederherstellung der beschädigten Wagen vom Tage der Anforderung bis zum Tage des Eintreffens der Ersatzteile auf der Bestimmungsstation. Dieser letztere Tag ist durch die Bestimmungsstation auf dem Begleitschein der Ersatzteile durch Hinzufügung ihres Stempels anzugeben.

d) Ausbesserungsarbeiten, die die Anforderung von Ersatzstücken nicht bedingen, jedoch nur, wenn die Arbeiten mehr als zwei Tage dauern; Beginn und Beendigung der Ausbesserungsarbeiten sind der Wagenabrechnungsstelle der Eigentumsbahn spätestens 14 Tage nach Beendigung der Arbeiten mit eingeschriebenem Briefe mitzuteilen.

Sowohl für den Tag des Beginnes als für den Tag der Behinderung hat die benutzende Verwaltung keine Miete zu zahlen.

Die Gründe für die Mietebefreiung sind in den Monatsnachweisen der benutzenden Verwaltung (§ 11) genau anzugeben; nachträgliche Mitteilungen werden nicht berücksichtigt.

Jede Verwaltung ist verpflichtet, nach Ablauf jedes Monats für jede andere Verwaltung, deren eigene oder von ihr eingeführte Wagen sie benutzt hat, einen Nachweis über die benutzten Wagen nebst Schuldberechnung anzufertigen und spätestens bis zum Schlusse des auf die Benutzung folgenden zweiten Monats an die im Adressenverzeichnis der Wageneigentümerinnen bezeichnete Dienststelle einzusenden (§ 11).

Die Schuldbeträge werden für den Geltungsbereich des VWÜ. durch den bei dem Eisenbahnzentralamt in Berlin bestehenden »Hauptausgleich für Wagenmieten« ausgeglichen.

Die zum Übergang angebotenen Wagen müssen hinsichtlich ihrer Bauart und ihres Unterhaltungszustandes den Vorschriften der Artikel II und III (§ 1–4, 6 und 7) und hinsichtlich ihrer Beladung den Vorschriften des Artikels IV der Technischen Einheit (TE) im Eisenbahnwesen, Fassung 1913 (Anlage I), entsprechen. Die in der Anlage I in liegender Schrift beigefügten besonderen Ausführungsbestimmungen sowie die Vorschriften der Anlage II müssen beachtet werden (§ 12).

Wenn die Wagen zur Weiterbeförderung unter Zollverschluß bestimmt sind, müssen sie auch den diesbezüglichen Vorschriften über die zollsichere Einrichtung der Eisenbahnwagen entsprechen. (Anlage III Berner Protokoll 1907.)

Nach dem VWÜ. darf wegen des Radstandes (Artikel II, § 2 der TE), des Querschnittes (Artikel II, § 22) sowie wegen Überschreitung des auf einer Strecke zugelassenen größten Raddruckes und Lademaßes (Artikel III, §§ 5 u. 6) die Übernahme von Wagen im gegenseitigen Verkehr der Vereinsverwaltungen nicht verweigert werden (vgl. jedoch Anlage, I Art. IV, § 6B und Anlage II, § 18). Dagegen können beladene Wagen, deren Ladung nach einer außerhalb des Vereinsgebietes liegenden Station bestimmt ist, zurückgewiesen werden, wenn sie wegen zu großen festen Radstandes, der Querschnittsmaße, zu großen Raddruckes, Überschreitung des Lademaßes oder wegen Nichtbeachtung der Vorschriften über die Breiteneinschränkung langer Ladungen auf den zu durchfahrenden vereinsfremden Strecken nicht verkehren können. Die zulässigen größten Radstände und Raddrücke, sowie die Lademaße für die Vereinsbahnstrecken und die vereinsfremden Bahnen sind im Radstandsverzeichnis (RV) enthalten. Transitwagen, d.h. Güterwagen, die an den Langseiten das Zeichen Wagenübergang tragen, können ohne besondere Prüfung ihrer Querschnittsmaße auf alle dem internationalen Verkehr dienenden Strecken, mit Ausnahme der im Radstandsverzeichnis ausdrücklich ausgenommenen Strecken, übergehen.

Wagen, die verschärften Vorschriften entsprechen und keinen der nach Art. III, § 5 der »Technischen Einheit« zur Rückweisung berechtigenden Mängel aufweisen, sind übergangsfähig.

Die Übernahme nicht übergangsfähiger Wagen darf abgelehnt werden.

Falls staatliche Vorschriften der Übernahme entgegenstehen, dürfen die Wagen zurückgewiesen werden. Diese Vorschriften müssen den beteiligten Verwaltungen rechtzeitig bekanntgegeben werden, andernfalls haftet die zurückweisende Verwaltung für die Umladekosten. Die Mitteilung ist rechtzeitig, wenn sie bei der Versandverwaltung zwei Tage vor der Beladung des Wagens auf der Versandstation einging.

Ob ein Zurückweisungsgrund vorliegt, muß auf dem Übergangsbahnhof festgestellt werden, bevor die übernehmende Bahn Verschiebungen, Ausladungen oder sonstige Verrichtungen vornimmt.

Die Kosten der Umladung zurückgewiesener Wagen sind von der beladenden Bahn zu tragen, falls die Zurückweisung erfolgt:

a) wegen ihrer Bauart (Art. II der TE);

b) wegen Überschreitung der Tragfähigkeit oder zu großen Raddruckes (§§ 4 und 5 des Art. IV der TE);

c) wegen Überschreitung des Lademaßes, sofern diese nicht durch Umstände veranlaßt worden ist, die der beladenden Bahn nicht zur Last fallen;

d) infolge von Verstößen gegen die Vorschriften über die zollsichere Einrichtung der Eisenbahnwagen.

In allen in den vorstehenden Absätzen nicht erwähnten Fällen fallen die Umladekosten der anbietenden Bahn zur Last.


Lademittel, namentlich Wagendecken (§ 15).


Alle auf fremde Bahnen übergehenden Lademittel (Decken, Ketten, Seile, Rungen u.s.w.) müssen, wenn diese Bahnen haften sollen, mit einem Eigentumsmerkmal versehen sein. Außerdem ist ihnen ein zu kartierender Begleitschein mitzugeben.

Wird eine in einem offenen Wagen unter Deckenschutz verladene Sendung wegen Beschädigung des Wagens umgeladen, zurechtgeladen oder weitergesandt, so dürfen die der Sendung auf der ersten Versandstation beigegebenen Decken weitergesandt oder auf dem Wagen belassen werden.

Auf dem Rückwege dürfen Lademittel nur zu Sendungen nach der Heimatbahn verwendet werden. Unbenutzt bleibende Lademittel sind spätestens innerhalb zweier Tage nach der auf die Entladung des Wagens folgenden Mitternacht auf dem kürzesten Wege nach der Antrittstation der Heimatbahn zu senden.

Vom Tage der Ankunft des Wagens auf der Bestimmungsstation an wird jeder Verwaltung, die an der Rückbeförderung einer Decke beteiligt ist, eine Frist von 5 Tagen bis zur Übergabe an eine übernehmende Bahn oder an die Eigentumsbahn gewährt. Wird diese Frist überschritten, so ist die Eigentumsverwaltung berechtigt, von den Bahnen, auf denen die Frist überschritten wurde, eine Verzögerungsgebühr[258] von 4 M. (RIV. 1 Fr.) für jeden Tag der Fristüberschreitung zu verlangen, sofern die Verzögerung nicht durch Unfahrbarkeit der Strecke verursacht wurde. Für die auf dem Rückwege umgeleiteten Decken hat die schuldige Verwaltung die Verzögerungsgebühr nach Ablauf der ihr gewährten Frist bis zum Tage der Rückkehr der Decke auf die Eigentumsbahn oder auf einer der auf dem Hinweg berührten Bahnen zu bezahlen.

Ansprüche wegen verlorengegangener oder unrichtig abgefertigter Lademittel werden nur berücksichtigt, wenn sie innerhalb dreier Monate nach Austritt aus der Heimatbahn geltend gemacht werden.

Lademittel gelten als verloren, wenn sie nicht innerhalb dreier Monate nach Anforderung durch die Eigentumsbahn zurückgegeben werden.

Für verlorene Lademittel werden die vollen, für verlorene Decken, Seile, Leinen die halben Kosten der Ersatzbeschaffung vergütet.

Wenn eine Decke so beschädigt ist, daß sie nicht mehr wiederhergestellt werden kann, gilt sie als verloren. Die Decke ist gegen die zu zahlende Vergütung der ersatzpflichtigen Verwaltung zu überlassen. Andere Deckenbeschädigungen werden nicht vergütet.


Beschädigung und Wiederherstellung der Wagen (§ 16).


Beschädigte Wagen sollen grundsätzlich nur von der Eigentumsverwaltung wieder hergestellt werden.

Kleine Instandsetzungen, die zum betriebssicheren Lauf oder Gebrauch nötig sind, sowie Instandsetzungen, die nur die Abnahme oder das Anbringen von Wagenteilen erfordern, sowie endlich kleine Instandsetzungen an Teilen des Wageninnern sind von der Bahn auszuführen, auf deren Strecken der Schaden entstanden ist oder vorgefunden wurde, wobei an der Bauart der Wagen nichts geändert werden darf.

Die Kosten der erwähnten Arbeiten sind von der Verwaltung zu tragen, die sie ausgeführt hat.

Wenn zur Wiederherstellung der Wagen Ersatzteile notwendig werden, sind sie bei der Wageneigentümerin anzufordern.

Ersatzteile werden unentgeltlich geliefert; die beschädigten ausgewechselten Teile müssen immer an die Eigentumsverwaltung zurückgesandt werden.

Lose Wagenbestandteile sind bei gedeckten Wagen im Innern anzuschreiben (§ 14). Zu den Inventargegenständen sind zu rechnen:

a) abnehmbare Wände und Türen offener Wagen;

b) Teile der durchgehenden Bremse und der Heizeinrichtung.

Für fehlende Wagenbestandteile und für die Beschädigungen der gebrauchsunfähig gewordenen Wagen, welche deshalb an die Heimat zurückgesandt werden, haftet die Bahn, auf deren Linien die Wagenbeschädigungen entstanden sind (§ 16).

Die Vergütung für einen Wagen, der wegen schwerer Beschädigung abgebrochen wird, ist wie folgt zu berechnen:

Vom Inventarwert ist der Wert der zurückgegebenen Radsätze abzuziehen, d.h. deren Neuwert, selbst wenn sie beschädigt sind. Ferner ist abzuziehen 1/6 des also verminderten Wertes wegen der zurückerhaltenen Wagenteile und endlich 1% für jedes volle Dienstjahr des Wagens. Der so berechnete Wert wird für einen vor dem 1. Januar 1916 in Dienst gestellten Wagen mit 4, für einen zwischen dem 1. Januar 1916 und dem 1. Januar 1918 in Dienst gestellten Wagen mit 3 und für einen nach dem 1. Januar 1918 in Dienst gestellten Wagen mit 1 vervielfacht.

Erfolgt die Berechnung nicht in Mark, so ist die Umrechnung in Markwährung vorzunehmen nach dem am 1. Juli 1914 an der Berliner Börse verzeichneten Kurse der fremden Währung, wenn der Wagen vor dem 1. Juli 1914 in Dienst gestellt war. Für einen vom 1. Juli 1914 ab in Dienst gestellten Wagen ist bei der Umrechnung der an der Berliner Börse im Monat der Indienststellung des Wagens verzeichnete Durchschnittskurs anzuwenden. (Nach dem RIV. ist der so festgesetzte Betrag in französischer Frankenwährung in Rechnung zu stellen. Falls die Berechnung in einer anderen Währung erfolgt, ist die Umrechnung in französische Frankenwährung wie folgt vorzunehmen:

Für die vor dem 1. Juli 1914 in Dienst gestellten Wagen zu dem an diesem Tage an der Pariser Börse verzeichneten Kurs der fremden Währung;

für die in der Zeit vom 1. Juli 1914 bis 31. Dezember 1918 in Dienst gestellten Wagen zu dem an der Züricher Börse im Monat der in Dienststellung des Wagens verzeichneten Durchschnittskurse;

für die vom 1. Januar 1919 an in Dienst gestellten Wagen zu dem an der Pariser Börse im Monat der Indienststellung des Wagens verzeichneten Durchschnittskurse.)

Eine bisher völlig fehlende Bestimmung über verschollene Wagen ist in § 8 des VWÜ. und des RIV. aufgenommen worden. Sie wird für die Zukunft die Mietebezahlung für verschollene Wagen zu einem bestimmten Zeitpunkt einstellen und die Verwaltung, in der der Wagen verschollen ist, zum Ersatz nach bestimmten Grundsätzen anhalten.

Eine ganz besondere Neuregelung hat die Behandlung der Privatwagen erfahren. Während die Anlage 7 des alten VWÜ. lediglich von der Einrichtung und Behandlung der Kesselwagen handelte und über Privatwagen eine Bestimmung überhaupt fehlte, sind jetzt die Bestimmungen über Kesselwagen in das VWÜ. und das RIV. aufgenommen worden und neue Bestimmungen über Privatwagen (§§ 18 u. 19) hinzugekommen, so daß diese bisher nur mangelhaft geklärte Materie, zurzeit einfach und erschöpfend neu geregelt ist. Privatwagen sind mit dem Zeichen Wagenübergang zu versehen. Nur Kesselwagen und sonstige für bestimmte Güter besonders eingerichtete Wagen dürfen als Privatwagen betrachtet werden. Sie sind mietefrei.

Für die Einrichtung und die Behandlung der dem Wagenpark einer Vereinsverwaltung angehörenden Kesselwagen (bahneigene und private) gelten im Bereiche des VDEV. besondere Vorschriften für Privatwagen (s.d.).

Fabiunke.

1

In England dürfen fremde Wagen für die Heimatbahn oder für eine auf dem Wege zu dieser liegenden Station wiederbeladen werden. Die Wagen können überall da zurückgegeben werden, wo ein Übergang zur Heimatbahn besteht. Sind die Wagen aber von irgend einer Bahn in der Richtung eines Übergangs der Heimatbahn abgefertigt, müssen sie auf diesem Übergang zurückgegeben werden. Werden fremde Wagen auf dem Rückwege angehalten und beladen oder leer vom Wege zur Heimat abgelenkt, dürfen sie nur in der Richtung zu solchen Ubergängen beladen werden, die näher liegen als die Austrittsstation aus der Heimat. Eingehende Vorschriften über den W. enthalten auch die Wagendienstvorschriften des Vereins amerikanischer Eisenbahnverwaltungen.

2

Die Schuldnachweise werden entweder von den Übergangstationen angelegt und von den mit der Abrechnung betrauten Dienststellen vervollständigt oder von den letzteren aufgestellt auf Grund besonderer Nachweisungen der Übergangs- und Binnenstationen (Stationsnachweise) oder sonstiger Unterlagen (Aufschreibungen der Zugführer u.s.w.). Die Schuldnachweise werden von den Eigentumsbahnen nachgeprüft, insbesondere in der Richtung, ob alle übergegangenen Wagen von der Nachbarbahn auch nachgewiesen sind. Diese Nachprüfung erfolgt auf Grund besonderer Nachweise der eigenen Übergangsstationen. Prüfungsbemerkungen gegen die Nachweise werden nur berücksichtigt, wenn sie innerhalb dreier Monate nach Eingang des letzten auf den Wagen bezughabenden Nachweises gestellt werden. Den Ausgleich der aus den Schuldnachweisen sich ergebenden Mieten bewirkt für den größten Teil der Verwaltungen des VDEV. die Zentralwagenkontrolle beim Eisenbahnzentralamt in Berlin. Sie beruht auf einer Vereinbarung des VDEV., der sich eine Anzahl schweizerischer, belgischer, französischer, dänischer, norwegischer, schwedischer und niederländischer Bahnen sowie die italienischen Bahnen angeschlossen haben. Andere nicht angeschlossene Bahnen benutzen die Zentralwagenkontrolle, insofern sie sich der Vermittlung angeschlossener Bahnen bedienen, z.B. die bulgarischen und serbischen Staatsbahnen der ungarischen Staatsbahn, die französische und belgische Nordbahn der belgischen Staatsbahn. Jede angeschlossene Verwaltung meldet allmonatlich der Zentralwagenkontrolle ihre Schuld, getrennt nach den forderungsberechtigten Verwaltungen. Die ZWK. trägt die einzelnen Beträge in eine Hauptzusammenstellung ein und fertigt für jede Verwaltung eine besondere Zusammenstellung, aus der ihr Guthaben und ihre Schuld gegen die einzelnen Verwaltungen und der sich hieraus ergebende Saldo zu ersehen ist. Der eigentliche Geldausgleich wird von der Vereinsabrechnungsstelle in Berlin vorgenommen. Für die Verwaltungen des deutschen Staatswagenverbandes stellt das Wagenabrechnungsbureau in Magdeburg Schuld und Guthaben gegenüber den anderen Bahnen fest und teilt sie der ZWK. zur Aufnahme in die Zusammenstellungen mit. Die österreichischen, ungarischen und die bosnisch-herzegowinischen Eisenbahnen rechnen miteinander durch die Zentralliquidationsstelle in Budapest ab, die auch die Abrechnung dieser Bahnen mit den rumänischen und den übrigen Bahnen der Balkanländer besorgt. Den Ausgleich selbst nimmt die Zentralsaldierungsstelle in Wien vor. In England obliegt die Mietefeststellung und -Abrechnung dem Railway Clearing House, insbesondere der Laufmieten- und Verzögerungsgebührenabteilung dieses Abrechnunghofs. Die Unterlagen liefern die Berichte der Stationen über Ankunft und Abgang und die Wagenschreiber. Die Eisenbahnen erscheinen als Gläubiger oder Schuldner des Abrechnungshofs, nicht anderer Bahnen, so daß er erforderlichenfalls die Eintreibung der Schulden zu bewirken hat. Die Entscheidungen sind endgültig und können einer richterlichen Nachprüfung nicht unterzogen werden. Die irischen Eisenbahnen haben seit 1848 ihren eigenen Abrechnungshof in Dublin. In Frankreich stellen die Verwaltungen die Schuldnachweise auf und am 5. jeden Monats treten die Vertreter der Abrechnungsstellen der großen Eisenbahnverwaltungen in Paris zusammen, um den Ausgleich zu bewirken. Bei den amerikanischen Bahnen werden die Unterlagen der Wagenabrechnungsstelle Car record office geliefert, welche die Abrechnung aufstellt.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 10. Berlin, Wien 1923, S. 255-259.
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