Gefangenentransport

[267] Gefangenentransport (transport des prisonniers; trasporto di detenuti) von und nach den Straf- und Korrektionsanstalten. Der G. erfolgt in der Regel nach den von der Regierung mit den Bahnen vereinbarten Bestimmungen, u.zw. in besonderen Wagen oder Wagenabteilungen und in der Regel unter Gewährung von Fahrpreisermäßigungen für die Gefangenen und deren Begleiter.

Auf den preußischen Staatsbahnen findet der Transport von Gefangenen sowie der Aufsichtspersonen (Gendarmen) von und nach den Straf- und Korrektionsanstalten in Zellenwagen oder in besonderen Wagenabteilen statt, die von den Nachbarabteilen durch vollständig bis zur Decke reichende Zwischenwände getrennt sein müssen.


Zur größeren Sicherheit und besseren Trennung der Gefangenen von den übrigen Reisenden sind regelmäßige Sammeltransporte eingerichtet. Der Sammeltransport von Gefangenen erfolgt in besonderen Zellenwagen, die nach festgesetzten Fahrplänen in die Personenzüge eingestellt werden und stets von je einem Gefängnisbeamten (Transportleiter), der über die Gefangenen eine Transportliste zu führen hat, begleitet[267] werden müssen. Von den Sammeltransporten wird bei allen Arten von Zwangsbeförderungen (auch bei Militärgefangenen) Gebrauch gemacht; nur Geisteskranke, die der Fürsorgeerziehung überwiesenen jugendlichen Personen und hochschwangere Frauen werden stets einzeln befördert. Die Zellen der Gefangenenwagen werden in der Regel nur mit einem Gefangenen besetzt, keinesfalls dürfen Untersuchungsgefangene mit Strafgefangenen, Jugendliche mit Erwachsenen, und Personen, die sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, mit solchen, denen diese Rechte aberkannt sind, zusammengebracht werden. Für die in Sammeltransporten zu befördernden Personen werden keine Fahrkarten gelöst, da der Staat die Verauslagung der Sammeltransportkosten in Form einer an die Bahnverwaltung zu zahlenden Bauschvergütung von 8 Pf. für das laufende km (4 Pf. für Beaufsichtigung und Verpflegungskosten während der Fahrt und 4 Pf. für Fahrkosten) übernommen hat. Die Bauschvergütung für Militärgefangene beträgt 5 Pf. für den Kopf und das km (4 Pf. für allgemeine Kosten und 1 Pf. für Fahrkosten).


In Österreich werden die Gefangenen und deren Begleiter auf Grund besonderer behördlicher Legitimationen nach Tunlichkeit in besonderen Abteilen III. Klasse gegen Zahlung des halben Fahrpreises für die benutzten Plätze befördert. Gendarmen als Begleiter haben den nach dem Militärtarif entfallenden Fahrpreis zu zahlen, wenn der halbe tarifmäßige Fahrpreis nicht niedriger ist. Die Benutzung von Schnellzügen ist nur gegen Zahlung des tarifmäßigen Preises für ganze Wagenabteile gestattet.

In Belgien erfolgt der G. entweder in von der Justizbehörde beigestellten Zellenwagen, die auf einzelnen Strecken regelmäßig verkehren, oder mit gewöhnlichen Wagen, u.zw. unter 50% Nachlaß von den normalen Tarifen.

In Frankreich findet der G. ähnlich wie in Belgien in Zellenwagen, die vom Staat oder von Departements beigestellt werden, oder in gewöhnlichen Wagen statt, in letzterem Fall jedoch in eigenen Abteilungen. Zellenwagen müssen unentgeltlich befördert werden (Art. 57 des cahier des charges). Die Beförderung der Gefangenen geschieht zu ermäßigten Taxen.

Auf den russischen Bahnen erfolgt der G. ebenfalls in Zellenwagen, von denen über 500 im Stande geführt werden.

In der Schweiz werden Gefangene und Polizeisoldaten in den Arrestzellen im Gepäckwagen oder in besonderen Abteilen III. Klasse befördert.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 267-268.
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