Hauensteintunnel

[118] Hauensteintunnel. Der erste 2495 m lange 2gleisige H. zwischen den Stationen Läufelfingen und Olten der damaligen schweizer. Zentralbahnstrecke Basel-Olten wurde in der Zeit von Mai 1854 bis Ende Dezember 1857 erbaut. Der zweite 8135 m lange 2gleisige H. (Basistunnel) zwischen den Stationen Tecknau und Olten der schweizer. Bundesbahnen ist im Bau begriffen und soll im Januar 1917 fertig gestellt sein.

Die Lage und Neigungsverhältnisse der beiden Tunnel zeigen Abb. 51 u. 52.

Der erste H. fällt von Läufelfingen (561∙8 m ü. M.) mit 2626 nach Olten, durchfährt 760 m braunen Jura, 300 m Lias, 300 m Keuper, durchwegs ziemlich trocken, dann 1135 m stark wasserführenden Muschelkalk. Von den 3 beabsichtigten Schächten wurden 2 ausgeführt, der 3. wegen großen Wasserzuflusses aufgegeben. Der Bau wurde mit einem 2∙7 m breiten, 2∙4 m hohen Sohlstollen begonnen, dessen durchschnittlicher Monatsfortschritt in den genannten Gebirgsschichten sich von 20 bis 40 m bewegte. Der weitere Ausbruch und Ausbau erfolgte nach der englischen Bauweise.

Der durchschnittliche Gesamtausbruch hat 55 m3/m, die Ausmauerung 9∙5 m3/m betragen; Sohlgewölbe kam auf etwa 400 m Länge zur Ausführung.

Der Ausbruch kostete durchschnittlich 20 Fr./m3, die Mauerung 60 Fr./m3; die Gesamttunnelbaukosten werden mit 1900 Fr./m angegeben.

Die sehr ungünstigen Betriebsverhältnisse des ersten H. verursacht durch dessen hohe Lage und die starken Steigungen der Nordrampe von Sissach nach Läufelfingen mit durchschnittlich 21 und des Tunnels wie der Südrampe mit 2626 die übermäßig hohe Betriebskosten bedingen, die zunehmende Belastung der namentlich als Zufahrtlinie zur Gotthardbahn wichtigen Bahnstrecke und die Konkurrenz mit der Bern-Lötschberg-Simplonbahn, haben die Generaldirektion der schweizer. Bundesbahnen veranlaßt, einen zweiten, 110 m tiefer liegenden, aber 8135 m langen H. mit mäßigen Steigungen von 1∙5 und 7∙5 und einer schwach geneigten nördlichen Zufahrtrampe von Sissach nach Tecknau mit 10∙5 Größtneigung zu erbauen. Die neue Linie wird um 111 m kürzer wie die bestehende, die virtuelle Länge wird wesentlich verkürzt, die Fahrzeiten für die Güterzüge werden um 25 Minuten, für Personen- und Schnellzüge um 15 bis 20 Minuten vermindert und der Betrieb mit Vorspann- oder Verschiebelokomotiven beseitigt werden. Man hat ermittelt, daß durch die neue[118] Linie von Sissach bis Olten etwa die 4% igen Zinsen eines Kapitals von 25 Millionen Fr. an Betriebskosten gespart werden.

Wenn sodann die von der Generaldirektion der Bundesbahnen beabsichtigten Verbesserungen an der Gotthardbahn durchgeführt sein werden, wird die Konkurrenz der Bern-Lötschberg-Simplonbahn nicht mehr zu befürchten sein.

Der Bau des zweiten 8135 m langen H. sowie der Zufahrtrampen der Nordseite (Gelterkinden-Tunnelmund) mit 3∙27 km und der Südseite (Tunnelmund Bahnhof Olten) mit etwa 2∙4 km Länge wurde am 19. Januar 1912 der Bauunternehmung J. Berger, A.-G.; Berlin, zum Betrage von 19∙8 Mill. Fr. übertragen.

Nach dem geologischen Gutachten wird der Tunnel Diluvium und Tertiärgebirge, Juraschichten (Malm, Dogger, Lias), Keuper, Lettenkohle und Muschelkalk durchfahren.

Der Scheitelpunkt des Tunnels liegt 6191 vom Süd- und 1944 vom Nordportal. Auf der Südseite ist mehr Wasser zu erwarten wie auf der Nordseite.

Auf der Südseite wurde mit dem Vortrieb des erst 4∙6 m2 großen, sodann auf 8∙7 m2 erweiterten Sohlstollens am 4. März 1912 begonnen und mit 2 bis 3 mit Preßluft betriebenen Handbohrhämmern (Bauarten Flottmann, Meyer und Westfalia) fortgesetzt. Ende Januar 1914 betrug die Länge des aufgefahrenen Sohlstollens 4584 m, die dem Tunnel entfließende Wassermenge 89 l/Sek. Auf der Nordseite wurde ein 18 m langes Tunnelstück im offenen Einschnitt hergestellt, sodann mit dem Stollenausbruch im September 1912 von Hand begonnen und im Januar 1913 mit 2 bis 3 Preßluft-Handbohrhämmern fortgesetzt. Ende Januar 1914 hatte der Sohlstollen 2051 m Länge; am Tunnelmund wurden 3 l/Sek. Wasser ermittelt.

Der größte Stollenfortschritt auf der Südseite wurde im Keupermergel im Mai 1913 in 25 Arbeitstagen mit 284∙6 m, auf der Nordseite im Dogger im August 1913 in 30 Arbeitstagen mit 309∙5 m erreicht.

Diese bedeutenden, bisher noch nicht erreichten Leistungen, sind abgesehen von der zielbewußten und geschickten Leitung des Baues, den günstigen Gebirgsverhältnissen und dem Umstände zuzuschreiben, daß bei Verwendung der Handschlagbohrhämmer Bohrsäulen oder Bohrwagen nicht erforderlich sind, Löcher an beliebigen Stellen der Stollenbrust angesetzt und die Unterbrechungen der Bohrarbeit durch die Schutterung auf einen sehr kurzen Zeitraum deshalb eingeschränkt werden können, weil vor Ort des Stollens zunächst nur soviel Ausbruch weggeräumt wird, als für die Fortsetzung der Bohrungen durch die Arbeiter unbedingt erforderlich ist. Die Preßluft für die Handschlagbohrmaschinen erzeugen 2, bzw. 1 Niederdruckkompressoren, die je 30 m3/Minute Luft ansaugen, auf 8 Atm. pressen und in 3, bzw. 2 Kessel von 10 und 15 m3 Inhalt drücken, von wo sie den Arbeitsstellen auf beiden Tunnelseiten durch 20 cm weite geschweißte Rohrleitungen zugeführt wird. Der Vollausbruch des Tunnels, wobei ebenfalls Schlagbohrhämmer in Gebrauch sind, erfolgt mittels Firststollen oder Firstschlitz in Zonenlängen von 8 m. Als Sprengmittel im Stollen und Vollausbruch dienen Dynamit, Cheditte und Gamsit. Der ausgebrochene Tunnel wird durch Längsträgerzimmerung mit Mittelschwelle abgestützt. Die Größe des Ausbruches beträgt für die Strecken ohne Sohlgewölbe 57 bis 65 m2, mit Sohlgewölbe 68 bis 83 m2.

Die Tunnelausmauerung geschieht in Stampfbeton, bis auf den 3–4 m breiten Gewölbeschluß, der entweder in natürlichen Kalksteinen oder in Zementkunststeinen erfolgt. Nasse Strecken werden in Kalksteinen ausgemauert und die Gewölberücken mit Asphaltfilzplatten abgedeckt. Wo erforderlich, wird die Sohle mit Zementbeton abgeglichen; in Druckstrecken wird ein Sohlgewölbe in Zementbeton angeordnet, das bis auf Kanaloberkante mit Kalkbeton gedeckt wird. An Mauerwerk einschließlich Kanal sind erforderlich bei Gewölbestärken von 0∙4 bis 0∙65 m ohne Sohlgewölbe 9 bis 17 m3/m; bei Gewölbestärken von 0∙5 bis 0∙9 m mit Sohlgewölbe 17 bis 31 m3/m, wozu noch die Deckung der Sohlgewölbe mit 3∙9 m3/m Kalkbeton kommt.

Zur Sicherung einer ausgiebigen Tunnellüftung während des Eisenbahnbetriebes begann man im Oktober 1913 nach den Vorschlägen Wiesmanns mit der Absenkung eines kreisförmigen, in Beton auszumauernden Lüftungsschachtes von 5∙6 m Durchm., 3∙6 km vom Nordmunde entfernt, 7∙6 m links der Tunnelachse, der bei 132 m Tiefe größtenteils Tertiärgebirge und dann Malmschichten durchfahren wird. Ende Januar 1914 war der Schacht, dessen Ausführung der Unternehmung J. Berger A.-G. besonders übertragen wurde, und der auch dem Bau des Tunnels noch zu gute kommen wird, auf 32 m Tiefe fertiggestellt.

Die Förderung erfolgt auf Gleisen von 75 cm Spurweite im Tunnel mit 5 Druckluftlokomotiven (9∙5 t Gewicht, 1200 kg Zugkraft[119] und 135 Atm. Luftpressung) (Süd) und mit Benzinlokomotiven (Nord); außerhalb des Tunnels mit Dampflokomotiven.

Zur Erzeugung der hierfür erforderlichen Preßluft (Süd) dienen 2 Hochdruckkompressoren, die 13 m3/Minute Luft ansaugen und auf 150 Atm. pressen.

Die Tunnellüftung wird zunächst durch 3, bzw. 5 Sulzersche Ventilatoren besorgt, die 5 m3/Sek. Luft mit 500 mm Wassersäule Überdruck liefern, die durch eine 3 mm starke Blechrohrleitung von 100, 80 und 50 cm Weite den Arbeitsräumen auf beiden Tunnelseiten zugeführt wird.

Die für die Kompressoren, Ventilatoren und die elektrischen Anlagen erforderliche Kraft wird auf der Südseite von 2 Dieselmotoren mit je 550 PS., auf der Nordseite von 2 Dieselmotoren von je 220 PS. geliefert.

Literatur: 1. Hauensteintunnel. Pressel und Kauffmann, Der Bau des Hauensteintunnels. Basel 1860. 2. Hauensteintunnel. Monatsbulletins der Generaldirektion der schweizer. Bundesbahnen über den Hauensteinbasistunnel. – Pläne und Vertragsbestimmungen der Generaldirektion der schweizer. Bundesbahnen für die Vergebung der Arbeiten des Hauensteinbasistunnels. – Geologisches Gutachten über den Hauensteinbasistunnel von Mühlberg, im Auftrag der Generaldirektion der schweizer. Bundesbahnen. – Über den Hauensteinbasistunnel. Schwz. Bauztg. Jahrg. 1909, 1910, 1911, 1912. – Programm für die Herstellung des Hauensteinbasistunnels von Kolberg, Direktor der J. Berger A.-G. – Über den Hauensteinbasistunnel von Promnitz. Verkehrstechn. W. Juni 1913 und von Blum u. Flörke. Verkehrstechn. W. Nov. 1913.

Dolezalek.

Abb. 51. Lageplan.
Abb. 51. Lageplan.
Abb. 52. Längsschnitt.
Abb. 52. Längsschnitt.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 6. Berlin, Wien 1914, S. 118-120.
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Faksimiles:
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