[511] Zugleine, Signalleine, Notleine (safety rope; corde-signal; fune del segnalatore), ältestes und einfachstes Mittel zur Zeichengebung vom Zuge aus nach der Lokomotive (s. Interkommunikationssignale). Die Z. besteht aus einem 610 mm starken Hanfseil oder 34 mm starken Drahtseil, das an der rechten Seite des Zugs entlang bis zur Dampfpfeife der Lokomotive[511] oder einer Glocke am Tender oberhalb der Wagenfenster und unterstützt durch an der oberen Wagenkante angebrachte Leinenhalter ausgehend vom Sitz des Zugführers oder wachthabenden Fahrbeamten oder auch vom letzten Wagen ab geführt wird. Die Z. soll dem Zugpersonal (s.d.) und den Reisenden die Möglichkeit bieten, den Lokomotivführer durch Betätigung der Dampfpfeife oder der Glocke am Tender auf eine Gefahr aufmerksam zu machen oder zum Anhalten des Zugs zu veranlassen. Ebenso soll bei einer Zugtrennung (s.d.) durch Anziehen oder Zerreißen der Z. die Aufmerksamkeit des Lokomotivführers erregt werden. Bis zur Einführung der durchgehenden Bremsen war die Z. sowohl in Deutschland als in den meisten anderen Ländern durch die Aufsichtsbehörden vorgeschrieben. In Preußen wurde sie allgemein eingeführt durch die Bestimmungen zur Sicherung des Betriebs vom 27. Juni 1850, in England durch Parlamentsakte vom Jahre 1868, nachdem einzelne Bahnen sie schon viel früher, die London-Dover-Bahn z.B. etwa 1840 angewendet hatten. Um bei der Fahrt durch Kopfbahnhöfe das zeitraubende Umlegen der Z. zu vermeiden, wurde in der Regel in solchem Falle eine zweite Z. an der linken Seite schon auf der Zugbildungsstation in die Leinenhalter eingelegt (vgl. Weber, Telegraphen- und Signalwesen der Eisenbahnen. Weimar 1867, S. 105).
Die Anwendung der Z. litt unter mancherlei Übelständen und Unzuträglichkeiten. Witterungseinflüsse, Änderungen in der Zuglänge durch Dehnung der Kupplungen oder Auflaufen der Wagen, Abweichungen in der Höhenlage der Leinenhalter infolge verschiedener Bauart der Wagen beeinträchtigten ihre Wirkung, die sowieso bei schnellfahrenden Zügen eine viel zu langsame war und bei Überschreitung gewisser Zuglängen gänzlich versagte. Dazu kamen die Unbequemlichkeiten und Verzögerungen in der Zugabfertigung beim Aussetzen und Einsetzen von Wagen auf Zwischenstationen. Sobald sich bessere Ersatzmittel boten, wie die durchgehende Bremse oder innere Durchgangsmöglichkeit auf Nebenbahnen durch die Züge, verzichtete man daher auf die Mitführung der Z. Für die deutschen Eisenbahnen bestimmt jetzt § 58 (3) der EBBO., daß an allen ohne durchgehende Bremse verkehrenden Zügen der Hauptbahnen und Militärzügen der Nebenbahnen eine Z. vom Platze des Zugführers oder eines anderen an der Aufsicht über den Zug beteiligten Beamten bis zur Dampfpfeife der Lokomotive zu führen ist. Bei Übergabezügen (s.d.) kann die Z. auf Anordnung der Eisenbahndirektion fortfallen. Auf den österreichischen Bahnen muß nach Art. 61 der Vorschriften für den Verkehrsdienst die Signalleine oder das an ihre Stelle tretende Verständigungsmittel von der Zuglokomotive bis zum ersten besetzten Bremsposten reichen. Bei Lokalbahnen darf die Leine entfallen, wenn sich der der Lokomotive zunächst postierte Zugbegleiter in anderer unzweifelhafter Weise dem Lokomotivführer verständlich machen kann.
Breusing.