[332] Graß, Familie. Crispinus Scharffenberg, wahrscheinlich ein Abkömmling der Drucker gleichen Namens, die um 1500 in Krackau druckten, gründete im Jahre 1553, mit Kaiserlichem Privilegium ausgerüstet, eine Druckoffizin in Breslau.
Er scheint dann 1555 auch die von Magister Andreas Winckler im Jahre 1538 ins Leben gerufene Druckerei übernommen zu haben.[332]
Winckler (auch unter den Namen Vingler, Vinckler, Wingkler vorkommend) wurde am 15. 9. 1498 in Winkel, einem Dorfe bei Eisleben geboren. Er studierte auf der Universität Krakau und kam 1520 als Lehrer nach Breslau, wo er 1525 zum ersten Rektor an der Schule von St. Elisabeth aufstieg. 1535 erwarb er die Magisterwürde und starb am 27. 6. 1575.
Um dem Mangel an guten Schulbüchern abzuhelfen, legte Winckler 1538 eine eigene Buchdruckerei an. Als Druckerzeichen führte er ein Winkelmaß, wobei oben die Buchstaben A. W. und unten J. V. R. stehen. Zum Druck bediente er sich der Kursivschrift nach aldinischem Muster und führte die griechischen Lettern ein. Es sind über 50 Drucke von ihm bekannt, meist Schul- und Lehrbücher, auch Ratsverordnungen, Kirchenagenden etc.; das letzte Erzeugnis seiner Offizin stammt aus dem Jahre 1555.
Scharffenberg hat von 1553-1576 gedruckt, meistens: Gesang- und Gebetbücher, Kalender, städtische Gesetze wie Infektions-, Hochzeit-, Feuer-, Schul-, Boten-, Maurer-, Bäcker-, Schützen- u. a. Ordnungen. Sein Signet stellt scharfkantigen Fels mit den Anfangsbuchstaben seines Namens C. S. dar; Scharffenberg starb am 12. 12. 1576.
Sein Nachfolger war Johann Scharffenberg, der eine zeitlang mit seinem Vater als Kompagnon gedruckt hat. Das väterliche Signet änderte er in einen felsigen Berg um, auf dessen Gipfel eine Flamme und in dieser zwei Gesetzestafeln zu sehen sind, mit der Umschrift Mons acer et ardens; er starb am 19. 8. 1586, die Offizin wurde noch eine zeitlang von seiner Frau fortgeführt bis sich diese mit Georg Baumann dem Aelteren verheiratete, wodurch Baumann im Jahre 1589 Besitzer der Druckerei wurde.
Baumann, der Sohn eines Erfurter Buchdruckers, war 1564 geboren und ist am 9. 3. 1607 in Breslau gestorben. Er vergrößerte die Druckerei durch Anlage einer Schriftgießerei. Seine Offizin hat den ersten arabischen Druck in Deutschland ausgehen lassen. Von den übrigen Drucken fallen die astronomischen Werke, wie auch Predigt-, Andachts- und Volksbücher vornehmlich auf.
1618 übernahm die Druckerei sein Sohn Georg Baumann der Jüngere, geb. 4. 11. 1592 in Breslau. Des Vaters Gewerbe erlernte er bei dem Buchdrucker N. Sartorius in Liegnitz, ging dann zur Vervollkommnung seiner Kenntnisse ins Ausland, kehrte 1613 nach Hause zurück und stand in Gemeinschaft mit seiner Mutter der väterlichen Druckerei vor. Er starb am 1. 1. 1650. Sein Druckerzeichen[333] stellte eine unausgebauten Palast dar mit der Umschrift Audi et tace et feras.
Baumanns hinterlassene Tochter und Miterbin heiratete den Buchführer Caspar Klosemann, der am 29. 1. 1650 Druckerei und Schriftgießerei übernahm.
Klosemann starb aber sehr früh und seine Frau heiratete 1657 zum zweitenmale. Dadurch kam die Offizin in den Besitz des Breslauer Syndikus Dr. A. von Assig und Siegersdorff (gest. 10. 5. 1676), doch so, daß seiner Frau, geborene Baumann, der Besitzanteil an der Druckerei verblieb. Diesen vermachte sie ihrer Schwester Tochter, Marie Albrecht; Frau Albrecht hat die Druckerei, durch Faktore verwaltet, bis zu ihrem 1729 erfolgten Tode behalten.
Testamentarischer Bestimmung zufolge ging die Offizin dann in den Besitz der drei Kinder ihrer an Sam. Graß verheirateten Tochter über, sowie an die Erben ihres verstorbenen Sohnes von Baumann.
Die Druckerei wurde 1729 von des erwähnten Graß Sohn Dr. Samuel Graß (geb. 14. 12. 1684, gest. 28. 11. 1745), übernommen und ging 1748 an des letzteren Sohn, Carl Wilhelm Graß über, mit welcher Uebernahme sie die bisher geführte Firma Druckerey der Baumannischen Erben verlor und von dem neuen Besitzer den Namen der Graßischen Druckerey erhielt.
Carl Wilhelm Graß war am 14. 1. 1724 geboren; er erlernte die Buchdruckerkunst bei dem Buchdrucker und Buchhändler Nicolaus Schiller in Lauban, ging dann zu Breitkopf nach Leipzig, um 1748 die väterliche Offizin zu übernehmen, der er bis zu seinem Tode 9. 11. 1756 vorstand.
Seine Mutter übergab die Offizin 1758 ihrem jüngeren Sohne Dr. Friedrich Sigismund Graß (geb. 1. 5. 1736, gest. 18. 4. 1788.)
Es wurden jetzt weniger größere Werke als Schulbücher, Formulare und von 1740 ab die unter preußischem Schutze eingeführte politische Zeitung, sowie das für die evangelischen Gemeinden Schlesiens neu herausgegebene Gesangbuch gedruckt.
Am 15. 1. 1798 erwarb ⇒ Johann August Barth von der Witwe des Dr. Graß die Druckerei, die bis 1802 unter der Firma Graßes seel. Erben und Barth geführt wurde, von da ab aber Graß & Barth lautete.
Quellen: [Scheibel], Geschichte der Breslauer Stadtbuchdruckerey 1804.
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