Hoffmann, Carl

[477] Hoffmann, C. Carl Hoffmann wurde geboren am 2. Juni 1802 in Bernburg als das vierte unter den fünfzehn Kindern des Oberwundarztes Friedrich Hoffmann. Mit vierzehn Jahren ward er in die Cnobloch'sche Buchhandlung in Leipzig in die Lehre gegeben, worauf er als Gehilfe einige Jahre im Geschäft von F. L. Herbig arbeitete und dann eine Stelle in der Löffler'schen Buchhandlung in Mannheim annahm. 1828 trat er als Gehilfe in die Franckh'sche Buchhandlung in Stuttgart, in welcher damals eine billige Ausgabe von Walter Scott's Romanen in Lieferungen erschien und einen ungemeinen Erfolg hatte (siehe Artikel Franckh).

1826 kaufte Hoffmann die J. D. Sattler'sche Buchhandlung und Leihbibliothek in Stuttgart und entfaltete eine ungemeine Tätigkeit, welche das ziemlich heruntergekommene Geschäft binnen kurzem zum ersten Sortimentsgeschäft in Stuttgart machte. Es war damals kaum erst die Versendung der neuen Bücher in gehefteten Exemplaren, und die Mehrzahl der größeren Werke wurde noch in albis, d.h. in rohen Bogen verschickt. Hoffmann war der erste, welcher außer den Schulbüchern auch andere gediegene und gangbare Werke in gebundenen Exemplaren auf Lager hatte; mit weitsichtigem geschäftlichem Blicke erweiterte er sein Geschäft erst durch einen Journal-Lesezirkel, den ersten in Stuttgart, dann auch durch einen Lesezirkel für gute und interessante neue Werke in französischer, englischer und deutscher Sprache. »Die zwanziger Jahre waren gute für den Buchhandel heißt es in einem Artikel der Süddeutschen Buchhändlerzeitung aus dem Jahre 1849,[477] hohe Bücherpreise, keine Konkurrenz von Erheblichkeit, 33 1/3 pCt., Kunden mit ansehnlichen Rechnungen, Saldierung leidlich, unscheinbare Lokale, billige Mieten, alles ohne jeglichen Luxus und dabei eine angenehme gesellschaftliche Stellung des Buchhändlers«. Als Hoffmann sich mehr der Verlagstätigkeit widmete, nahm er seinen nachmaligen Schwager Julius Weise aus Leipzig als Teilnehmer ins Geschäft. 1833 überließ er käuflich die Sortimentsabteilung – die 1826 gegründete Leihbibliothek wurde von Hoffmann an Gustav Weise abgetreten und unter der Firma Gustav Weises Leihbibliothek fortgeführt – seinem Schwager Julius Weise, der dieselbe erst in Gemeinschaft mit Anton Stoppani unter der Firma Weise & Stoppani, dann bis 1870 unter der Firma Julius Weises Kgl. Hofbuchhandlung betrieb, sie dann an W. Spemann verkaufte aus dessen Händen sie 1874 an Adolf Schmidt kam und deren Inhaber seit 1880 Carl Hünersdorf und Adolf Keil sind. – Des Stuttgarter Buchhändlers Franckh's genialer Scharfblick hatte erkannt, daß sich in jener bewegten Zeit unter den Folgen und Eindrücken der Juli-Revolution mit der freisinnigen Weltgeschichte des berühmten Historikers Karl v. Rotteck in Freiburg ein bedeutendes Geschäft machen lasse, und hatte Rotteck bewogen, aus seinem Werke eine populäre Weltgeschichte in vier Bänden zu bearbeiten. Bis die ersten beiden Bände fertig geworden waren, saß aber Franckh wegen demagogischer Umtriebe bereits in Haft, und ein Teil des abgelieferten Manuskriptes war verschwunden. Rotteck sah das Unternehmen in Frage gestellt und schrieb an Hoffmann mit welchem er früher durch den geschäftlichen Briefwechsel den Hoffmann als Gehilfe bei Franckh mit ihm führte, in Berührung gekommen war, um Auskunft über Franckh's geschäftliche Verhältnisse und das Schicksal seiner Arbeit. Hoffmann erbot sich sofort, den Verlag des Werkes zu übernehmen, dessen Anfang wieder neu bearbeitet werden mußte. Er fand einen Kapitalisten, der ihm die nötigen Mittel lieferte, kaufte eine kleine Buchdruckerei und vertrieb das zeitgemäße Unternehmen mit einer Umsicht und Tatkraft, welche einen für jene Zeit außerordentlichen Erfolg erzielte. Mehrere Auflagen folgten rasch aufeinander und machten Hoffmann zu einem wohlhabenden Manne. Ein ebenso erfolgreiches Unternehmen war das Werk des Geographen Vollrath Hoffmann: »Die Erde und ihre Bewohner«, das ebenfalls mehrere starke Auflagen nötig machte und der erste Versuch einer pragmatischen Darstellung der Erdkunde war.[478]

Nun verlegte sich Hoffmann vorwiegend auf Verlagstätigkeit, erbaute sich ein geräumiges Haus am Feuersee und richtete seine Buchdruckerei ganz neu ein, sodaß sie damals die vollständigste und beste in ganz Stuttgart war. Der erste Prachtdruck derselben war die Festschrift zur Naturforscher-Versammlung in Stuttgart, im Herbst 1834, die Beschreibung Stuttgarts von Oberstudienrat Plieninger. Ein weiteres großartiges buchhändlerisches Unternehmen Hoffmann's war die populäre Naturgeschichte von Professor Lorenz Oken in Zürich, welche Hoffmann's eigene Idee war. Er hatte aus der »Isis« und aus einigen Werken Oken's dessen praktische Auffassung der Naturgeschichte und seine hervorragende Begabung für gemeinverständliche Darstellung kennen gelernt; sein Scharfbild ließ ihn die Bedeutung der Naturkunde für das ganze moderne Leben erkennen, und so stand eines Abends der Plan, eine erschöpfende volkstümliche Naturgeschichte in wohlfeilen Lieferungen herauszugeben, gleichsam fix und fertig vor seinem Geiste. Noch in derselben Nacht reiste er nach Zürich zu dem von der damaligen demagogenriechenden Polizei vielfach verfolgten Oken, gewann denselben in einer kurzen Unterredung für seinen Plan und schloß einen Vertrag mit ihm ab.

Der Erfolg der Oken'schen Naturgeschichte übertraf Hoffmann's Erwartungen. Die Ausgabe des Atlasses hierzu veranlaßte ihn, eine eigene Lithographie, Steindruckerei und Kolorieranstalt (die erste in Stuttgart) einzurichten, und diese Erweiterung seiner Herstellungsmittel führte ihn auch noch auf andere Gebiete der Verlagsthätigkeit, nämlich auf die bekannten illustrierten naturgeschichtlichen Werke, wie das »Giftpflanzenbuch«, Berge's »Schmetterlings«- und »Käferbuch«, Rebau's »Naturgeschichte«, Calwer's »Kulturpflanzen«, Naumann's »Naturgeschichte« der Vögel Deutschlands, sowie das nach diesem Autor benannte Archiv für Ornithologie »Naumannia« u.a.m., welche lange Zeit eine Spezialität seines Verlages bildeten, sowie auf die Herausgabe seines »Buchs der Welt«, jenes ersten illustrierten belehrenden Unterhaltungsblattes, welches von 1842 bis 1871 sich in steigender Beliebtheit erhielt, zu einem Absatz von 23000 Exemplaren sich emporschwang und schließlich nur von der Konkurrenz der wohlfeileren illustrierten Zeitschriften erdrückt wurde, aber jedenfalls für die populär-naturwissenschaftliche Litteratur bahnbrechend gewirkt hat.

Außer seiner erfolgreichen Thätigkeit auf dem populär-wissenschaftlichen Gebiete pflegte Hoffmann aber auch mit Glück die Zweige des Gartenbaues (Schmidlin's Gartenbücher); der ernsten Naturwissenschaft[479] (z.B. Littrow's »Wunder des Himmels«, (1870 an G. Hempel übergegangen), Aragos »Unterhaltungen«; der Jugendschriften, wie diejenigen von C. G. Salzmann; der Geographie wie z.B. Berghaus »Allgemeine Länder- und Völkerkunde« 6 Bde. u.s.w., und rief die »Musterzeitung« in's Leben, deren Betrieb er den Käufern seiner Kunstanstalt, Engelhorn und Hochdanz, übergab. Zu seinen in großem Maßstab angelegten und von Erfolg gekrönten Unternehmungen zählen auch die 1854 begonnenen »Uebersetzungen sämtlicher römischer und griechischer Klassiker«, welche heute noch in Ansehen stehen. Sie wurden seit 1850 unter der Firma Krais & Hoffmann vertrieben, kamen 1874 an Wilh. Nübeling, später an A. Werthers Verlag in Stuttgart (gegr. 1872 durch J. Volger) und endlich erwarb sie die Langenscheidtsche Verlagsbuchhandlung in Berlin.

Im »Pantheon ausgezeichneter Erzähler« einer Sammlung vorzüglicher Novellen und Erzählungen der Lieblingsdichter Europas vereinigte er Werke von Spindler, Huber, Blumenhagen, Zschokke, W. Hauff, H. Hanke, W. Alexis, E. T. A. Hoffmann, H. Clauren, Fouqué, Th. Mügge, u. v. a. In der »Bibliothek klassischer Romane des Auslandes« erschienen Dickens, 25 Bde; Bulwer, 22 Bde; Cooper, 30 Bde; Marryat, 20 Bde: Scott 25 Bde. und Warren 6 Bde. Auch das Schulbücher-Gebiet bebaute Hoffmann, wie neben den zahlreichen Schulausgaben der alten Klassiker die »Collection portative d'oeuvres choisies de la littèrature francaise« herausgeg. von Mozin und Courtin in 2 Serien von 85 und 100 Bändchen, beweisen. Aus der Baukunde finden wir berühmte Werke wie Breymanns Konstruktionslehre und Wolframs Baukunst. In seiner »Theater-Bibliothek« fanden sich die Texte der bekanntesten Bühnenwerke vereinigt, u.s.w.

Hoffmann führte auch in seinem jüngsten Bruder Franz Hoffmann der deutschen Litteratur einen der berufensten und fruchtbarsten Jugendschriftsteller von europäischem Rufe zu. Franz Hoffmann war Buchhändler gewesen, hatte aber als solcher Unglück gehabt. Da entdeckte der Bruder sein schriftstellerisches Talent, ermutigte ihn, sich als Schriftsteller zu versuchen. Er gründete den noch jetzt so beliebten »Jugendfreund«, welchen Franz lange Jahre redigierte, bahnte den hübschen Bändchen à 71/2 Sgr., den sogenannten »Hoffmännchen«, den Weg ins Publikum. Jedoch entäußerte er sich 1843 dieses Zweigs seines Verlags, als eine seiner Schwestern den Buchhändler[480] Schmidt aus Altona heiratete, welcher in Gemeinschaft mit Louis Spring, die Firma Schmidt & Spring in Stuttgart eröffnete. Letzterer trat 1853 aus und nach dem Tode Schmidts kam 1881 das Geschäft an Carl Barth. Seit 1898 befindet es sich im Besitz von Anton Hase und wurde von diesem nach Leipzig verlegt. –

1846 erwarb Hoffmann zur Vergrößerung seines Geschäftes die Walthersche Verlagshandlung in Stuttgart (Abzweigung der Dresdener Firma gleichen Namens, vergl. Artikel Burdach) und vereinigte sie mit seiner Firma.

Hoffmann war einer der ersten, welche das Banner für Stuttgart als alleinigen süddeutschen Kommissionsplatz erhoben und mit dem ganzen Gewicht ihrer Persönlichkeit und ihres geschäftlichen Einflusses dafür einstanden. Nachdem er mit Mühe und Beharrlichkeit die Angelegenheit des buchhändlerischen Rabatts der Stuttgarter unter sich geregelt hatte, gründete er mit Carl Messow die »Süddeutsche Buchhändlerzeitung« als Organ des süddeutschen buchhändlerischen Verkehrs und als Vertreterin des Gedankens korporativer Vereinigung und eines Verkehrsmittelpunkts für den süddeutschen Buchhandel zu Stuttgart. Er errichtete ferner das erste Kommissionsgeschäft nach dem Vorbild der Leipziger Kommissionäre in Stuttgart. Sodann begründete er unter Mitwirkung von Friedrich Liesching und Heinrich Erhard im Jahre 1842 den Stuttgarter Buchhändler-Verein zu gemeinsamer Vertretung der Interessen der Stuttgarter Kollegen, dessen erster Erfolg die buchhändlerische Abrechnung der Stuttgarter war, die in zwei Zimmern im Hause von Heinrich Erhard im Frühjahr 1843 stattfand, und aus welcher die spätere süddeutsche Meß-Abrechnung hervorging.

An dem späteren Zustandekommen des Süddeutschen Buchhändler-Vereins hat Hoffmann vorzugsweise mitgewirkt. Namentlich hat er sich aber noch vor dem Ausbau des deutschen Eisenbahnsystems auf das Nachdrücklichste bemüht, für den Verkehr mit Leipzig billigere Frachten und raschere Lieferzeiten herbeizuführen, und seine Vorschläge für die schnellste Versendungsweise auf der direktesten Route wurden als praktisch anerkannt und verwirklicht. Seiner persönlichen Verwendung bei den Behörden und seinem thatkräftigen Vorangehen gelang es, die Versendung der Kolli zwischen Stuttgart und Leipzig und umgekehrt durch Versendung in durchlaufenden Wagen zu wohlfeilerer Fracht und wesentlich beschleunigter Lieferzeit zu erzielen, was als ein schätzbarer Vorteil[481] erkannt wurde. Im Stuttgarter Kommunalleben nahm er zwölf Jahre als Gemeinderat eine hervorragende Stellung ein.

Desgleichen hat er dem gesamten buchhändlerischen Leben größtes Interesse entgegengebracht. So hätte er gern seinen Wunsch, einen rührigen, ganz Deutschland umfassenden Sortimenter-Verein, als Gegengewicht zum Börsenverein, verwirklicht gesehen. Als 1863 dazu ein glückverheißender Anfang gemacht wurde, schenkte Hoffmann, lediglich in der Absicht, dem Verein Mittel zur Geltendmachung seiner Interessen zu gewähren, die in seinem Verlage erschienene Zeitschrift »Feierstunden«.

Herbe Lebenserfahrungen legten ihm den Wunsch nahe, sich allmählich von den Berufsgeschäften zurückzuziehen. Er verkaufte nach und nach einzelne Zweige und Bestandteile seines Verlags, und behielt nur noch seine Druckerei, die später an Felix Krais (jetzige Hoffmannsche Buchdruckerei) in Stuttgart überging, bei. 1873 erhielt Julius Hoffmann, Besitzer der seit 1849 bestehenden Firma K. Thienemanns Verlag in Stuttgart, Prokura für die Hoffmannsche Verlagshandlung, die 1879 in den Besitz von Wilhelm Nübling überging. Sie kam 1881 an A. Bleil. – 1851 bereits hatte Hoffmann die Bilderbücherabteilung an R. Chelius in Stuttgart verkauft, von dem sie an Emil Berndts Verlag in Leipzig und Odessa gelangte. Eine Reihe von Auflagenresten kam an M. Rudolphi in Hamburg, C. B. Griesbach in Gera, C. Zieger in Leipzig (die Romane von Boz und Bulwer) und S. Schwelm in Frankfurt a. M.

1864 erwarb Hoffmann das königliche Bad Teinach auf dem Saume des Schwarzwaldes, ein reizendes Fleckchen Erde mit trefflichen Heilquellen, welches unter staatlicher Verwaltung zurückgekommen war und doch alle Vorzüge eines wirksamen Heilbades und klimatischen Kurortes in sich vereinigte. Dieses Heilbad richtete er nun ganz neu ein und schuf es zu einem der angenehmsten Badeorte des deutschen Südens um.

Hoffmann starb am 29. Dezember 1883.

Uebersichtstafel der abgezweigten Firmen aus der von Carl Hoffmann in Stuttgart 1826 begründeten Buchhandlung.
Uebersichtstafel der abgezweigten Firmen aus der von Carl Hoffmann in Stuttgart 1826 begründeten Buchhandlung.

Quellen: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1883; Schulz, Adreßbuch 1886; Verlagskatalog 1829, 1830, 1843, 1845, 1847, 1854, 1856; Archiv für Geschichte des Buchhandels Bd. II; vergl. auch die angefügte Uebersichtstafel.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 477-482.
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