Langewiesche, Familie

[595] Langewiesche. Die Familie Langewiesche führt ihren Stammsitz auf den 1343 zum erstenmal urkundlich erwähnten »Schultenhof zu Möllenkotten« in der Grafschaft Mark zurück. Die Buchhändler aus dieser Familie beginnen indessen erst mit dem am 4. Dezember 1807 geborenen Wilhelm Langewiesche, der nach einer gründlichen wissenschaftlichen Ausbildung seine Lehrzeit in der altberühmten Buchhandlung von G. D. Baedeker in Essen bestand und dann bei Enslin in Berlin als Gehilfe arbeitete. Schon mit 23 Jahren machte er sich selbständig und begründete am 16. September 1831 ein eigenes Geschäft in Iserlohn. Vier Jahre später siedelte Langewiesche nach Barmen über, wo er in der Mittelstraße eine Buchhandlung eröffnete.

Neben dem Betriebe des Sortimentsgeschäfts, für das die Räumlichkeiten wiederholt zu eng wurden, beschäftigte er sich auch[595] mit Verlag. Er gab gern jungen Schriftstellern Gelegenheit, ihre Erstlingswerke zu veröffentlichen, und auch mancher bekannte Name befindet sich unter den Verfassern seiner Verlagswerke, z.B. Ferd. Freiligrath, Levin Schücking, Prof. K. Rosenkranz, Dr. Rud. Stier, Prof. Lange, Missionsinspektor Dr. Fabri, Dr. E. Kleinpaul, Prof. Neumann u. a. Mit vielen Dichtern und Schriftstellern stand er in regem persönlichen Verkehr. Namentlich den aufstrebenden Talenten im Wuppertale ging er stets gern mit Rat und Tat zur Seite. Autoren wie F. W. Hackländer, Reinh. Neuhaus, Emil Rittershaus, Carmen Sylva und nicht zum wenigsten Ferd. Freiligrath, suchten und fanden bei Langewiesche, dem klar und besonnen urteilenden Manne, Anregung und Förderung. Auch er selbst war literarisch tätig, besonders, nachdem er im Jahre 1866 das Sortimentsgeschäft seinem ältesten Sohne übergeben hatte. So veröffentlichte er Gedichte, in denen sich sein tiefreligiöses Empfinden bekundete, unter dem Titel: »Vorhofklänge eines Wahrheitssuchers«, eine Studie über das heilige Abendmahl und verschiedene andere Schriften. In hervorragendem Maße wandte er sein Interesse der Umgestaltung einer in seinem Verlage erschienenen, ursprünglich von Dr. Kleinpaul verfaßten »Poetik« zu. Mit unermüdlichem Eifer hat er in den folgenden Auflagen das kleine Schriftchen zu einem ausführlichen, dreibändigen Werke über deutsche Dichtkunst ausgearbeitet, das sich noch heute eines großen Ansehens in der literarischen Welt erfreut.

Das Iserlohner Geschäft gab Langewiesche 1838 an Georg Müller ab, der dasselbe unter eigenem Namen weiterführte. 1858 nahm er seinen erstgeborenen Sohn Wilhelm Robert Langewiesche als Teilhaber seines Barmer Geschäftes auf. 1869 erwarb das Sortiment Otto Glaser, von welchem es 1883 an Adolf Graeper kam.

Die Verlagsabteilung des alten Langewiescheschen Stammgeschäftes, welche 1867 noch den Debit der Verlagsartikel von J. F. Steinhaus in Barmen übernommen hatte, siedelte 1872 nach Leipzig über. Als der Begründer des Geschäftes im Alter nach Godesberg zog, übernahm der Sohn, der seit 1869 die von Theodor Hahn in Rheydt erkaufte, 1845 gegründete Buchhandlung besaß, die Firma, verkaufte aber, ein Jahr nach dem Tode des Vaters, 1885, den Verlag an M. Heinsius in Bremen. Seit 1903 ist das Rheydter Geschäft, welches nach des Vaters Tode der älteste Sohn Wilhelm Langewiesche übernommen hatte, im Besitze von Karl Weber. Wilhelm Langewiesche ist Verfasser von vielen feinsinnigen Gedichten, die z. T. gesammelt sind in: Morgentau; Planegg;... und wollen des Sommers warten; er ist ferner Verfasser des anonym erschienenen Buches »Frauentrost« Gedanken für Männer, Mädchen und Frauen.[596] – Er gründete 1906 unter der Firma W. Langewiesche-Brandt einen Verlag für schöne Literatur und Jugendkunst. Unter dem Sammeltitel »Bücher der Rose« erschienen und fanden eine außerordentlich weite Verbreitung: »Die Ernte aus 8 Jahrhunderten der Lyrik«; »Alles um Liebe«; »Göthes Jugendbriefe«; »Vom tätigen Leben«; Goethes Mannesbriefe« u. a.

Der zweite Sohn des Rheydter Langewiesche, Karl Robert Langewiesche, begründete 1902 in Düsseldorf jenen eigenartigen Verlag, der heute überall sich größter Wertschätzung erfreut. Von der prächtigen Sammlung »Lebende Worte und Werke« sind bis jetzt 6 Bände erschienen. Weiter ist zu nennen die Sammlung »Der Brunnen«, eine Sammlung ernster Bücher, ferner das Hausbuch deutscher Art »Die Freude«, die Blätter deutscher Zukunft »Das Suchen der Zeit« u.a.m.

Im Jahre 1864 erwarb Wilhelm Langewiesche die im Besitze von W. Rackhorst befindliche W. Hasselsche Sortimentsbuchhandlung in Elberfeld und erteilte gleichzeitig Adolf Langewiesche Prokura. 1873 zweigte letzterer den inzwischen in seinen Besitz übergegangenen Verlag ab, verkaufte das Sortiment an Albert Mosel und verlegte die Verlagsbuchhandlung unter eigener Firma unter gleichzeitiger Gründung eines Sortimentsgeschäftes und einer Lokalzeitung nach Godesberg. Mosel hat das Elberfelder Sortiment 1876 an Theodor Thieme verkauft.

Der dritte Sohn Ludwig des Wilh. Langewiesche senior gründete in den 70. Jahren des verflossenen Jahrhunderts in Barmen eine Buchdruckerei, welche seit seinem Tode in erweiterter Form von seinen Söhnen weitergeführt wird.

Hans Langewiesche, dritter Sohn des Adolf Langewiesche in Godesberg, erwarb am 1. Juli 1900 die 1877 gegründete E. Rustsche Buchhandlung in Eberswalde, seit 1895 im Besitze von J. Courtois. Letzterer hatte das Geschäft von Erich Heller erkauft, welchem der Begründer der Firma dasselbe im Jahre 1884 käuflich abgetreten hatte. Um auch den Verlag zu pflegen, verband sich Hans Langewische 1905 mit dem Buchhändler Hans Thilo zu Freienwalde unter der gemeinsamen Firma Langewiesche und Thilo zu Eberswalde.

Quellen: Lauffs, Chronik der Familie Langewiesche, Rheydt 1898.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 4. Berlin/Eberswalde 1907, S. 595-597.
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