Corinthische Ordnung

[232] Corinthische Ordnung. (Baukunst)

Eine von den drey griechischen oder von den fünf üblichen Säulenordnungen, welche an der corinthischen Säule zu erkennen ist.1 Weil diese Säule von allen die Zierlichste, aber auch zugleich die schlankeste und schwächste von allen ist, so ist diese ganze Säulenordnung auch am meisten verzieret, und wird da gebraucht, wo die Pracht und Zierlichkeit sich über die Festigkeit des Gebäudes etwas ausnehmen sollen, nämlich an höhern Geschossen prächtiger Gebäude; oder inwendig in den Verzierungen der Sääle, oder überhaupt da, wo das Gebäude mit einem reichen Ansehen zu bekleiden ist, weil die Baukunst nichts reicheres, als diese Ordnung hat.

Die ganze Ordnung, wenn Säulenstühle dabey gebraucht werden, ist dreißig Model hoch, wovon die Säulenstühle vier, die Säule selbst zwanzig, und das Gebälke sechs Model hoch sind. Das Gebälke muß in dieser Ordnung mehr Zierrathen, als alle andre haben, um mit der zierlichen Säule überein zu stimmen. Der Fries kann mit Schnitzwerk verziert werden. Auch haben die römischen Baumeister fast alle runde Glieder des Gebälkes mit Laubwerk verziert, welches wir aber nicht gut heissen. Man muß die Feinigkeit dieser Ordnung hauptsächlich darin suchen, daß man ihr die Einmischung kleinerer Glieder mehr, als andern erlaubet.

Der Name scheinet anzuzeigen, daß diese Ordnung in Corinth erfunden worden, und das Ueppige, das sie einigermaassen an sich hat, kommt gut mit der bekannten Ueppigkeit, wodurch diese Stadt sich von allen griechischen Städten ausgezeichnet hat, überein. Nach Winkelmanns Bemerkung geschieht der corinthische Säulen zum erstenmale, bey Gelegenheit des Tempelbaues zu Tegea, den Scopas in der 96 Olympias übernommen hat, Erwähnung.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 232.
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