Bagdad

[416] Bagdad war einst der Schauplatz der Mährchen der Scheherazade, der reiche Wohnsitz des Khalifen Harun al Raschid. Indeß[416] liegt er in Trümmern am westlichen Ufer des Tigris, mit seinen prachtvollen Palästen, seinen wunderbaren Gärten, allen den Wohnsitzen von zwei Millionen Einwohnern. Aber eine 620 Fuß lange Schiffbrücke führt hinüber auf die Ostseite dieses Stroms. Dort erhebt sich das neue Bagdad, von Mauern, Thürmen und Wassergraben umringt, und durch ein Kastell geschützt gegen die Einfälle der Beduinen-Araber. Bagdad ist jetzt der Sitz eines Pascha von der türkischen Provinz gleiches Namens, welcher dort einen der prächtigsten, mit orientalischem Luxus ausgeschmückten Paläste bewohnt. Die bunteste Mischung von Türken, Persern, Juden und wenigen Christen, die dort wohnen, bilden mit den ab- und zuwandernden Arabern, Hindus, Afghanen und Aegyptern eine Bevölkerung von 80,000 Menschen. Bagdad ist übrigens der Mittelpunkt des orientalischen Handels. Die köstlichsten indischen und morgenländischen Waaren füllen die reichen Bazars, die mit ihren 1200 glänzenden Läden den prachtvollsten Anblick gewähren. Selbst mit Juwelen, besonders orientalischen Perlen wird hier kein unbedeutender Handel getrieben. Reiche Karavanen hochbeladener Kamele treffen daselbst von allen Weltgegenden zusammen. Die Karavanserais füllen sich mit den Handeltreibenden aller Nationen. Der breite, schöne Strom ist mit Booten bedeckt, welche alle Schätze des Morgenlandes stromaufwärts führen, um dann durch Karavanen nach Konstantinopel, Aleppo, Damaskus und Persien gebracht zu werden. Bagdad ist berühmt durch seine roth und gelb gefärbten Leder und köstlichen Seidenstoffe, welche der Putzsucht der türkischen Frauen so unentbehrlich sind. Diese theilen dort das wenig beneidenswerthe Loos der Frauen im Orient, das ihnen jedoch durch Gewohnheit und Mangel an Bildung erträglich wird. – Das alte Bagdad war (766) vom Khalifen Abu Giafar Almansur gegründet. Ein englischer Reisender erzählt, daß in dem Jahre 1829 die Cholera in Bagdad so große Verwüstungen angerichtet habe, daß die Feldfrüchte nicht eingesammelt werden konnten, daß die Aeltern ihre[417] Kinder verkauften, weil sie dieselben nicht ernähren konnten und junge Mädchen für 10 Pfd. Sterling öffentlich feil geboten wurden.

B....i.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 416-418.
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