Fielding, Henry

[126] Fielding, Henry, Henry Unter dem Dreigestirn der ältern englischen Humoristen, Sterne, Smollet und Fielding, leuchtet der Letztere mit eigenthümlichem Glanze. Wenn er Sterne an poetischer, fessellos schweifender Laune, an kecker Genialität des Humors und Originalität der Form nachsteht, wenn ihn Smollet bei Schilderung von Scenen aus den niedersten Kreisen des Lebens an drastischer Komik oft noch übertrifft; so erhebt er sich über Beide durch eine mehr gemessene, künstlerische Abrundung, durch sorgfältigere Anlage und Ausführung seines Planes, durch einen mehr in den Grenzen des Anstandes bleibenden Humor, indem er mit Sterne und Smollet die Vorzüge einer meisterhaften Charakterzeichnung und treuen Abspiegelung des wirklichen Lebens theilt. Fielding war, so gut wie der Prediger Sterne und der Arzt Smollet, ein vollendeter Lebemann, der seine beiden humoristischen Mitbrüder noch an liederlicher Genialität übertraf. Er stammte aus einem edeln, dem herzoglichen Hause Kingston verwandten Geschlechte und wurde am 22. April 1707 zu Sharpham-Park in der Grafschaft Somerset geboren Sein Vater war englischer General, und hatte viele Kinder. Den Geistlichen Oliver, dem er seine erste Bildung verdankte, schilderte er in seinem Romane »Joseph Andrews.« Auf der Schule zu Eton machte er vertrautere Bekanntschaft mit den alten Klassikern. Auf der Universität zu Leyden sollte er die Jurisprudenz studiren; er ging aber schon[126] in seinem 20. Jahre wegen ausbleibender Geldunterstützung wieder nach London, wo er sich den Vergnügungen überließ. Um sich eine Erwerbsquelle zu öffnen, versuchte er sein Glück mit theatralischen Schriften, bei deren Abfassung er gewöhnlich sehr eilig zu Werke ging. Von seinen 28 Theaterstücken sind die meisten in Vergessenheit gerathen. Nachdem er längere Zeit mit Nahrungssorgen gekämpft hatte, lächelte ihm das Glück; er vermählte sich mit einem schonen und wohlhabenden Mädchen und erbte zugleich von seiner Mutter ein Landgut in der Grafschaft Derby, das jährlich 200 Ps. eintrug. Doch nur drei Jahre dauerte diese Herrlichkeit. Durch sein unordentliches Leben wieder verarmt, mußte er von Neuem auf Mittel zu seiner Erhaltung sinnen. Doch weder die Jurisprudenz noch die Dichtkunst boten hilfreiche Hand und körperliche Leiden verschlimmerten seine Lage. Da erschien 1740 Richardson's Palmela. Er beschloß, die vergötterte Palmela zu persifliren, und schrieb seinen Roman: »Joseph Andrews,« der viele Leser fand. Außer mehreren andern kleinern Schriften gab er später: »die Geschichte des Räubers Jonathan Wild« heraus, und wurde 1749 mit einem kleinen Jahrgeld zum Friedensrichter von Westminster und Middlesex ernannt. Endlich 1750 erschien sein großer Roman: »Tom Jones,« der sowohl in Betreff auf Anlage und Erfindung, als wegen der scharfen Charakterzeichnung und reichen Komik noch jetzt als ein Meisterwerk dasteht, dem nur wenige gleichen. Die etwas derbe und kräftige Sprache im »Tom Jones« und so manche schlüpfrige Stellen entschuldigt die damalige Zeit. Fielding's letzter Roman war »Amalia« (1751), der gegen »Tom Jones« etwas matter erscheint. 1754 ging Fielding, nachdem er schon mehrere Jahre gekränkelt, auf den Rath der Aerzte nach Portugal, wo er nach drei Monaten zu Lissabon im October 1754,48 Jahr alt, starb, ohne seine schon unterwegs angefangene »Reise nach Lissabon« zu beendigen. Eine vortreffliche biographische Skizze von Fielding's Leben hat W. Scott gegeben.[127]

E. O.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 126-128.
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