[175] Peter der Grosse, Kaiser von Rußland, der Gründer des neuen Rußland's, einer jener seltenen Menschen, die ihrer Zeit um Jahrhunderte vorauseilen und durch die Kraft ihres Geistes eine neue Aera herbeiführen. Geb. am 10. Juni 1672, erzogen von seiner trefflichen Mutter, Natalie Kyriliowna (s. d.), wurde er schon 1682 zum Czar ausgerufen und vermählte sich 1689 mit Eudoxia Feodorowna (s. d.). Nachdem P. die Vormundschaft[175] seiner Stiefschwester, Sophia, abgeschüttelt hatte, begann die Ausführung seiner großen Pläne. Er organisirte das Heer, schuf eine Flotte, verband die Wolga mit dem Don durch einen Canal, sandte junge Edelleute nach Deutschland und Frankreich, um sich dort zu bilden, und trat selbst im April 1697 jene merkwürdige Reise durch Deutschland nach Amsterdam an, welche allein hinreicht, ihn zu verewigen. Unter dem Namen Peter Michailoff arbeitete er damals zu Saardam, und lebte als gemeiner Schiffs-Zimmermann. Von da ging er nach London, arbeitete und studirte auch dort in englischer Schiffertracht, und warb Ingenieure, Officiere, Aerzte und Künstler für seinen Dienst. Nach seiner Rückkehr verbot er die altrussische Tracht, ließ alle Zeichen einer rohern Zeit verschwinden, und stiftete Schulen, Buchdruckereien und Bibliotheken. Der Krieg mit Schweden endete nach mannichfachem Wechsel 1721, und erwarb Rußland die schönen Provinzen Liefland, Esthland, Ingermannland und einen Theil Finnland's. Wie bei der Einnahme von Marienburg ein armes Mädchen, die spätere Kaiserin Katharina I., in Peter's Hand fiel, ist schon in ihrer Biographie erzählt. Den Grundstein zu Petersburg legte er schon 1703 im eroberten Ingermannland. Auch die Kriege mit Persien und der Türkei brachten Ehre und Gewinn. Kräftig überwand der Kaiser allen Widerstand gegen seine Reformen, und seinem Wahlpruch: Rußland's Wohl vor Allem, mußte er selbst den am Alten hängenden Sohn, Alexei, opfern (1718). Viel zu früh für sein Reich starb der große Mann am 8. Februar 1725 in den Armen Katharinens. Er war fast in Allem ein nachahmungswürdiges Muster für die Regenten aller Zeiten, als Mensch wahrhaft verehrenswerth, großartig selbst in seinen Schwächen und Leidenschaften, ein Genie, wie ein solches nicht jedes Jahrhundert hervorbringt.
S.