Spleen

[362] Spleen, die schwarze Krankheit der Engländer, eine Tochter der Hypochondrie, die aus denselben Ursachen entsteht, dieselben Beschwerden zeigt, wie Störungen der Functionen des Nervensystems, Kopfschmerz, Gluth im Kopfe, Hitze und Schmerzen in den Eingeweiden, immerwährende Gemüthsverstimmung, Traurigkeit, vollkommene Nichtigkeit des Willens, der Wünsche etc., und wie jene Krankheit, aber im höchsten Grade, Lebensüberdruß, Furcht, nie genesen zu können, Neigung zum Selbstmord etc., nach sich zieht. Theils das feuchte, neblige, durch den unbeschreiblichen Qualm zahlloser Steinkohlenfeuer oft zum Unerträglichen gesteigerte Klima, die Luftbeschaffenheit, wenigstens in London und anderen großen Städten, vorzugsweise Mangel an bestimmter Beschäftigung, eine durch Schwelgereien zerrüttete geistige und körperliche Gesundheit, und in Folge deren ein überreiztes und daher schwaches Nervensystem, – dieß sind wohl die Ursachen des Spleens, einer meist Vornehme und Reiche befallenden Krankheit. Die possierlichsten Sonderbarkeiten, üppige[362] Auswüchse eines irregebildeten Geistes haben ihren Grund in der nach einem Etwas haschenden Stimmung der Spleenkranken, und es ist der Ausdruck, er hat Spleen, sprichwörtlich in das Volksleben als Bezeichnung für das närrische Treiben der von fast verrückt zu nennenden Ideen eingenommenen Sonderlinge übergegangen. Merkwürdig ist, daß der reisende Engländer häufig von Spleen heimgesucht wird, die den Charakter des Heimwehs annehmen.

D.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 362-363.
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