Praktisch

[133] Praktisch (von praxis, Handlung): auf das Tun, Handeln bezüglich. zum Handeln gehörig, passend, tauglich. der Willenstätigkeit in ihrer äußeren Richtung, nicht dem Erkennen, Erkenntnisgebiet als solchem angehörend, nicht »theoretisch« (s. d.). Praktische Disciplinen (Wissenschaften) sind Wissenschaften, die zum Object in erster Linie Willenshandlungen haben (Medicin, Technik, Pädagogik). die praktische Philosophie bestimmt das Wesen des Praktischen im allgemeinen und in seinen Grundformen (Ethik, Rechts-, Social-, Geschichtsphilosophie). Praktische Vernunft ist die Vernunft (s. d.), soweit sie das (sittliche) Handeln normiert.

Die Unterscheidung theoretischer (s. d.) und praktischer Wissenschaft schon bei PLATO: tautê toinyn sympasas epistêmas diairei, tên men praktikên proseipôn, tên de monon gnôstikên (Polit. 258 E). ARISTOTELES unterscheidet die epistêmê praktikê von der theôrêtikê und der Technik (s. d.) und Kunst, der poiêtikê (Met. VI 1, 1025 b 18). Er spricht von zôê praktikê (Eth. Nic. 98a 3) und von praktikoi (l. c. 95b 22. Met. II 1, 993b 23), auch von der praktischen Vernunft (s. d.) – WILHELM VON CONCHES bemerkt: »A practica ascendendum est ad theoreticam« (bei Stöckl I, 217). »Practicum« ist nach THOMAS, »quad ordinatur ad operationem« (De trinit. 2, 1, 1 ad 4). – MICRAELIUS erklärt: »Practica versatur circa ea, quae possunt sese aliter atque aliter habere: et ob id in illa requiritur electio cum recta ratione« (Lex. philos. p. 889 f.). – Nach KANT ist praktisch alles, was mit der freien Willkür zusammenhängt (Kr. d. prakt. Vern. S. 608. vgl. De mundi sens. sct. II, § 9). Praktisch-möglich ist »alles, was als durch einen Willen möglich... vorgestellt wird«. Praktisch-notwendig ist alles, was als durch einen Willen notwendig vorgestellt wird. »Ist der die Causalität bestimmende Begriff ein Naturbegriff, so sind die Principien technisch-praktisch. ist er aber ein Freiheitsbegriff, so sind diese moralisch-praktisch« (Krit. d. Urt., Einl.). Vgl. Praktische Philosophie, Theoretisch.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 133.
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