Wissenschaft

[799] Wissenschaft (epistêmê, scientia) ist, objectiv, die systematische (s. d.) Einheit einer Summe principiell zusammengehöriger, ein Gebiet ausmachender Erkenntnisse, formal der methodische Betrieb der Forschung. Das Formale der Wissenschaft ist die Methode (s. d.) und die Systematik (s. d.). Die Gegenstände der Wissenschaft gehören teils bestimmten Erfahrungsgebieten an (Einzelwissenschaften), teils sind sie die allem Wissen gemeinsamen Begriffe (allgemeine Wissenschaft = Philosophie, s. d.). Die Einzelwissenschaften unterscheiden sich voneinander teils durch ihre Sondergebiete, teils durch den Standpunkt, den sie principiell den Tatsachen gegenüber einnehmen. Nach[799] diesem Standpunkte ergeben sich zwei Hauptgruppen von Wissenschaften: Naturwissenschaften (s. d.) und Geisteswissenschaften (s. d.). Ein neutrales Gebiet haben die (rein) mathematischen Disciplinen. Die Unterscheidung beschreibender und erklärender Wissenschaften ist keine feste. Eine besondere Gruppe der Geisteswissenschaften bezw. der Philosophie sind die normativen (s. d.) Wissenschaften. Endlich lassen sich theoretische und praktische, angewandte Disciplinen unterscheiden. Das System aller Wissenschaften ergibt den »globus intellectualis«. Durch Differenzierung entstehen neue Zweige von Wissenschaften.

Nach ARISTOTELES geht die Wissenschaft (epistêmê) im Unterschiede von bloßer Empirie nicht nur auf das Daß (hoti), sondern auch auf das Warum (dioti), auf die Gründe (archai) der Dinge (Anal. post. I 2, 71 a 21. l. c. 981 a 36). Die Wissenschaft, Disciplin (technê) entsteht, hotan ek pollôn tês empeirias ennoêmatôn mia katholou genêtai peri tôn homoiôn hypolêpsis (Met. I 1, 981 a 5). Die Wissenschaft (wie das Wissen) ist entweder potentiell oder actuell vorhanden (dynamei, energeia, Met. XIII 10, 1087 a 15). Als ein System fester, sicherer Erkenntnisse bestimmen die Stoiker die Wissenschaft: epistêmên men einai tên asphalê kai bebaian kai ametaptôton hypo logou katalêpsin (Sext. Empir. adv. Math. VII, 151). tên epistêmên phasin ê katalêpsin asphalê ê hexin en phantasiôn prosdexei ametaptôton hypo logou (Diog. L. VII 1, 47). pasa gar epistêmê hyparktôn tinôn esti gnôsis. (Sext. Empir. adv. Math. XI, 184).

Nach ALBERTUS MAGNUS ist die Wissenschaft »habitus stans et immobilis ex intellectualibus acceptus et factus« (Sum. th. I, prol. Die »scientia universalis« handelt vom Seienden schlechthin, die »scientia particularis« von den »species entus« (l. c. I, 3, 4). Nach THOMAS ist »scientia« »recta ratio scibilium« (Sum. th. II. II, 55, 3 c), »rei cognitio per propriam causam« (Contr. gent. I, 94), »assimilatio scientis ad rem scitam« (l. c. II, 60), »descriptio rerum in anima« (De verit. 11, 1 ob. 11). »Ad scientiam requiritur cognitionis certitudo« (l. c. 1 ob. 13). – ZABARELLA erklärt: »Scientia... est firma ac certa cognitio rerum simpliciter necessariarum et sempiternarum« (De nat. log. I, 2. Opp. log. p. 3). G. BIEL bestimmt: »Scientia accipitur dupliciter, uno modo pro collectione multorum pertinentium ad notitiam unius vel multorum determinatum ordinem habentium. secundo modo pro simplici qualitate vel habitu distincto contra alios habitus intellectuales« (Sent. prol. qu. 1). MICRAELIUS erklärt: »Scientia... est virtus intellectualis, comparata ex conclusione certae rei per proprias et proximas causas« (Lex. philos. p. 985). – SANCHEZ definiert: »Scientia est rei perfecta cognitio« (Quod nihil scitur 1647, p. 51). Wir haben aber kein sicheres Wissen, »nihil scimus« (l. c. p. 53). Ein Wissenstrieb (»velle scire«) ist uns angeboren (l. c. p. 5).

Eine Classification der Wissenschaft nach den drei Geistesfähigkeiten: Gedächtnis, Phantasie, Verstand führt F. BACON durch: »Historia, poesis, philosophia secundum tres intellectus facultates: memoria, phantasia, ratio« (De dign. II, 1). Die Geschichte zerfällt in »historia civilis« und »naturalis« (ib.). Die Wissenschaft ist »veritatis imago«, ihr Ziel ist Beherrschung der Natur. »Tantum possumus quantum scimus« – Wissen ist Macht (vgl. Opuscul. philos., WW. V, 129 ff.). Die Erreichung höchster menschlicher Vollkommenheit bestimmt als Ziel der Wissenschaft SPINOZA (Emend. intell.). Nach HOBBES gibt es zweierlei Arten der Erkenntnisse: solche von Tatsachen und solche von Consequenzen, Folgerungen: »Cognitionis duae sunt species. Altera facti. et est[800] cognitio propria testium, cuius conscriptio est historia. Dividitur autem in naturalem et civilem.« »Altera est consequentiarum vocaturque scientia. conscriptio autem eius appellari solet philosophia« (Leviath. I, 9). GASSENDI bestimmt die Wissenschaft (das Wissen) als »alicuius rei certam, evidentem et per necessariam causam seu demonstratione habitam notitiam« Exerc. II, 6, 1). Ähnlich wie BACON classificiert die Wissenschaften D'ALEMBERT (Disc. prélim.). CHR. WOLF definiert ähnlich: »Per scientiam... intelligo habitum asserta demonstrandi, hoc est, ex principiis certis et immotis per legitimam consequentiam inferendi« (Log. disc. prael. § 30). »Durch die Wissenschaft verstehe ich eine Fertigkeit des Verstandes, alles, was man behauptet, aus unwidersprechlichen Gründen unumstößlich darzutun« (Vern. Ged. von d. Kr. d. m. Verst. § 2). H. S. REIMARUS definiert: »Wissenschaft ist eine Einsicht in den Zusammenhang der Wahrheiten, die aus unleugbaren allgemeinen Grundsätzen durch unzertrennte Verbindung der Schlüsse bewiesen werden« (Vernunftlehre, § 233). »Wissenschaften, deren Grundsätze lauter Grundsätze der Vernunft sind, sind reine Wissenschaften, wie die Arithmetik und Geometrie desfalls die Mathesin puram ausmachen« (l. c. § 236).

KANT bestimmt: »Eine jede Lehre, wenn sie ein System, d. i. ein nach Principien geordnetes Ganzes der Erkenntnis sein soll, heißt Wissenschaft« (Met. Anf. d. Naturwissensch., Vorr., S. IV). »Eigentliche Wissenschaft kann nur diejenige genannt werden, deren Gewißheit apodiktisch ist« (l. c. S. V). Nach KRUG ist Wissenschaft »ein Inbegriff von Erkenntnissen in bezug auf einen bestimmten Gegenstand« (Handb. d. Philos. I, 4. vgl. S. 81). Die Wissenschaften sind: freie (nur durch innere, eigene Gesetze in ihrer Organisation bestimmt), gebundene, gemischte. die freien Wissenschaften sind empirische, rationale, empirisch-rationale Wissenschaften (l. c. S. 102 ff.. vgl. Versuch ein. neuen Einteil. d. Wissenschaften, 1805).

Nach J. J. WAGNER ist die Wissenschaft »Universalität der Erkenntnis, ein geistiges Abspiegeln des lebendigen Universums« (Syst. d. Idealphilos. S. 3 ff.). Nach STEFFENS gibt es nur zwei Wissenschaften: Physik und Ethik, erstere als das »Naturleben des Geistes« (Anthropol. I, 371). So auch SCHLEIERMACHER (Philos. Sittenlehre, § 55). Nach HEGEL ist Wissenschaft der sich als solcher wissende Geist (Phänomenol. S. 20. vgl. Syst. d. Wissensch. S. 590 ff.

G. BIEDERMANN, Philos. als Begriffswissensch. I, 98 ff., u. a.). – Nach FRIES ist eine Wissenschaft ein systematisches Ganzes von Erkenntnissen (Syst. d. Log. S. 268). Die Wissenschaften sind Erfahrungs- und Vernunftwissenschaften (beschreibende – erzählende – erklärende Wissenschaften). Letztere zerfallen in reine und angewandte Wissenschaften (l. c. S. 325 ff.). CALKER bestimmt: »Wissenschaft ist überhaupt eine nach den Gesetzen des Denkens gebildete Erkenntnis des Zusammenhangs des Mannigfaltigen im Sein der Dinge mit der Einheit« (Denklehre, S. 461 f.). Nach BACHMANN u. a. ist die Wissenschaft das systematisierte Wissen (Syst. d. Log. S. 270 ff.). Nach CHR. KRAUSE ist die Wissenschaft an sich nur eine, ein organisches Ganzes (Urb. d. Menschh.3, S 37 ff.). Sie schaut in Gott »das ewig Wesentliche aller Dinge und ihres harmonischen Wechsellebens« (l. c. S. 34). Nach H. RITTER ist Wissenschaft »jede Verbindung mehrerer Acte des Wissens zu einer Gesamtheit« (Abr. d. philos. Log.2, S. 98). Nach L. FEUERBACH ist die Wissenschaft »das Bewußtsein der Gattungen« (WW. VII, 25). Nach SCHOPENHAUER sind die Wissenschaften »die Betrachtung der Dinge nach ihren Beziehungen gemäß den vier Gestaltungen[801] des Satzes vom Grunde« (Neue Paralipom. § 11). Alle Wissenschaft ist ungenügend zur Erkenntnis des An-sich der Dinge (l. c. § 15). Die Philosophie (s. d.) ist nicht Wissenschaft, sondern Kunst. Die Wissenschaften gliedern sich in: I. Reine Wissenschaften a priori. 1) Die Lehre vom Grunde des Seins. a Im Raum: Geometrie. b. In der Zeit: Arithmetik und Algebra. 2) Die Lehre vom Grunde des Erkennens: Logik. II. Empirische oder Wissenschaften a posteriori, geordnet nach dem Grunde des Werdens in seinen drei Modis. 1) Die Lehre von den Ursachen (Physik u.s.w.). 2) Die Lehre von den Reizen (Biologie). 3) Die Lehre von den Motiven (W. a. W. u. V. II. Bd., C. 12). AMPÈRE teilt die Wissenschaften ein in »sciences cosmologiques« und »sciences noologiques« (Essai sur la philos. des sciences 1834/43. ähnlich J. ST. MILL, S. Geisteswissenschaften). A. COMTE setzt die Function der Wissenschaft in die »prévoyance« der Erscheinungen und ihrer Folgen. Nach dem Grade der Abstractheit bezw. Concretheit ergibt sich eine »Hierarchie« der Wissenschaften, bei welcher die nachfolgenden sich auf die Ergebnisse der vorangehenden stützen: Die abstracten Wissenschaften haben es mit allgemeinen Gesetzen, die concreten mit den Besonderheiten der Dinge zu tun. Die Ordnung der Wissenschaften ist: Mathematik, Astronomie, Physik, Chemie, Biologie, Sociologie (die sechs »sciences fondamentales«). Nach den »lois des trois états« schreitet der Geist vom theologischen zum metaphysischen, von diesem zum positivistischen Studium fort (s. Positivismus, vgl. Cours de philos. posit. I, 1 ff.). Nach H. SPENCER ist Wissenschaft »teilweise vereinheitlichte Erkenntnis« (»Science is partially-unified knowledge«, First Princ. § 37). Er unterscheidet abstracte (Logik, Mathematik), abstract-concrete (Mechanik, Physik, Chemie), concrete Wissenschaften (Astronomie, Geographie, Biologie u.s.w.. The classif. of the sciences. Essays III, 12). Abstracte und concrete Wissenschaften unterscheidet auch A. Bain (Log. I, 24). »The perfect form of knowledge is science« (l. c. p. 23). Nach LEWES ist Wissenschaft »the analysis of the objects into their components and constituents« (Probl. I, 100). »Science is the systematisation of our experiences. it is common sense methodised and generalised« (l. c. III, 49). Nach L. DUMONT sind die Wissenschaften »die Systematisierung aller Tatsachen unseres Bewußtseins« (Vergn. u. Schmerz, S. 4). HARMS erklärt: »Vor der Wissenschaft gibt es nur Fragmente und Aggregate von Erkenntnissen, woraus Wissenschaft wird durch ihre methodische Verbindung zu einem Ganzen« (Psychol. S. 3). »In allen Wissenschaften gibt es... zugleich ein empirisches und ein speculatives, ein inductives und ein deductives Verfahren« (ib.). Nach VACHEROT ist die Wissenschaft »la pensée des choses« (Mét. III, 210). Sie ist einheitlich (ib.)., die Einzelwissenschaften sind Abstractionen (l. c. p. 211). Nach den Seelenvermögen: imagination, entendement, raison ergeben sich: Mathematik, Physik, Metaphysik (s. d. a.) (l. c. p. 211 ff.). Du PREL bemerkt: »Die Wissenschaft ist der Versuch des menschlichen Geistes, das begriffliche Abbild der Welt zu erzeugen, darin alle Tatsachen einzuordnen und systematisch zu verknüpfen, d.h. den Zusammenhang der einzelnen Teile des Ganzen aufzudecken« (Monist. Seelenlehre S. 4).

Nach DILTHEY ist Wissenschaft ein »Inbegriff von Sätzen, dessen Elemente Begriffe, d.h. vollkommen bestimmt, im ganzen Denkzusammenhang constant und allgemeingültig, dessen Verbindungen begründet, in dem endlich die Teile zum Zweck der Mitteilung zu einem Ganzen sich verbinden« (Einl. in d. Geisteswissensch. I, 5. vgl. I, 177 ff.). Nach A. DREWS ist alle Wissenschaft »Logificierung oder[802] Rationalisierung des Gegebenen« (Anmerk. zu Schellings Münch. Vorles. S. 270). Nach L. ZIEGLER ist die Wissenschaft »die Selbstbewußtwerdung des Unbewußten« (Wesen d. Cultur, S. 106 ff.). Die Philosophie ist die Wissenschaft kat exochen (l. c. S. 113). RABIER bestimmt: »La science est la recherche des raisons des choses« (Psychol. p. 2). HUSSERL erklärt: »Zum Wesen der Wissenschaft gehört... die Einheit des Begründungszusammenhanges, in dem mit den einzelnen Erkenntnissen auch die Begründungen selbst und mit diesen auch die höheren Complexionen von Begründungen, die wir Theorien nennen, eine systematische Einheit erhalten« (Log. Unters. I, 15) – Nach J. REHMKE ist Wissenschaft »die allgemeingültige Aussage von etwas, welches in fragloser Klarheit gegeben ist« (Allgem. Psychol. S. 1). Nach R. WAHLE ist Wissenschaft »ein Schatz von errungenen, positiven Wahrheiten« (Das Ganze d. Philos. S. 8).

A. RIEHL betont: »Es gibt keine ideographische, das Einzelne als solches nur beschreibende Wissenschaft« (Zur Einf. in d. Philos. S. 171). Der ökonomische Wert der Wissenschaft (Ersparnis von Erfahrungen) ist nicht der einzige, den sie besitzt, nicht der höchste. »In der Erkenntnis befriedigt sich zugleich der Einheitstrieb des Denkens« (l. c. S. 174). HÖFFDING bemerkt ähnlich: »Der Drang nach wissenschaftlicher Forschung ist eine specielle Form des Dranges nach Übereinstimmung mit dem eigenen Ich unter allen mannigfachen und wechselnden Erfahrungen« (Philos. Probl. S. 2).

Auf praktische Bedürfnisse basiert die Wissenschaft CLIFFORD (Üb. d. Ziele u. Werkzeuge d. wissensch. Denkens, 1896). So auch E. MACH. Nach ihm herrscht in der Wissenschaft das »denkökonomische« Princip (s. Ökonomie), demgemäß wir Erfahrungen in allgemeine Formeln bringen, die uns eine ganze Klasse von Fällen beherrschen lassen. Die Wissenschaft entsteht immer »durch einen Anpassungsproceß der Gedanken an ein bestimmtes Erfahrungsgebiet« (Anal. d. Empfind.4, S. 25). »Im Kampfe der erworbenen Gewohnheit mit dem Streben nach Anpassung entstehen die Probleme, welche mit der vollendeten Anpassung verschwinden, um andern, die einstweilen auftauchen, Platz zu machen« (ib.). Die Wissenschaft hat »teilweise vorliegende Tatsachen in Gedanken zu ergänzen«. Die genaue Beschreibung (s. d.) ist ihre Methode (Populärwissensch. Vorles. S. 269). Nach H. CORNELIUS ist alle Wissenschaft »nichts anderes als zusammenfassende Beschreibung der Erscheinungen durch Angabe der gesetzmäßigen Zusammenhänge, welchen dieselben sich einordnen« (Einl. in d. Philos. S. 271). OSTWALD bezeichnet es als die Aufgabe der Wissenschaft, »die in ihr auftretenden Mannigfaltigkeiten in solcher Weise darzustellen..., daß nur die tatsächlich in den darzustellenden Erscheinungen angetroffenen und nachgewiesenen Elemente in die Darstellung aufgenommen werden, alle andern ungeprüften Elemente aber fernzuhalten. Dadurch sind alle sogenannten anschaulichen Hypothesen oder physikalischen Bilder ausgeschlossen« (Vorles. üb. Naturphilos.2, S. 213 ff.).

Nomologische (s. d.) und ontologische Wissenschaften unterscheidet J. V. KRIES (Das Princ. d. Wahrscheinlichkeitsrechn. 1886, S. 85 f.). In Natur- und Geisteswissenschaften (s. d.) gliedert sich die Wissenschaft nach WUNDT, und zwar nach logischen Gesichtspunkten (vgl. Syst. d. Philos.2, S. 21. Philos. Stud. II, 1 ff.. V, 1 ff.. Einl. in d. Philos.). Natur- und Geschichtswissenschaften unterscheidet (wie WINDELBAND) H. RICKERT. Erstere betrachten die Gegenstände nach ihrer allgemeinen Gesetzlichkeit, letztere nach ihrer Individualität (Grenzen d. naturwiss. Begriffsbild.). AD. MENZEL teilt die Wissenschaften nach den [803] Objecten ein in Natur- und Culturwissenschaften, »je nachdem natürliche Dinge und Vorgänge oder die Erzeugnisse der menschlichen Cultur den Gegenstand der Forschung bilden«. »Die Culturwissenschaften haben Objecte der wissenschaftlichen Forschung, welche in verschiedenem Grade der menschlichen Einwirkung unterliegen. Im Mittelpunkte der Culturerscheinungen steht der nach Motiven handelnde Mensch.« Das teleologische Moment tritt hier neben der Kategorie der Ursache als richtunggebend auf. »Das gemeinsame Band aller Culturwissenschaften liegt... in der wissenschaftlichen Möglichkeit der Anwendung des Zwecks- und Wertgedankens der Kritik und in der durch die Theorie selbst herbeigeführten Veränderlichkeit der Objecte wissenschaftlicher Forschung« (Natur- und Culturwissenschaft, Wissensch. Beilage zum 16. Jahresbericht d. Philos. Gesellsch. zu Wien, 1903, S. 115 ff.. vgl. JODL, Die Culturgeschichtsschreibung, 1878). Eine reichgegliederte, systematische Einteilung der Wissenschaften gibt B. WEISS (Gesetze d. Geschehens, Arch. f. system. Philos. IX, 1903, B. 58 ff.). – Vgl. OPZOOMER, Logik, 1852. Du BOIS-REYMOND, Culturgesch. u. Naturwissensch., 1878. K. V. VIERORDT, Die Einheit der Wissenschaften, 1865. G. TH. MASARYK, Vers. ein. concret. Logik, 1887. JANET, Princ. de mét. I, 96 ff., 118 ff.. B. ERDMANN, Die Gliederung der Wissenschaften, Vierteljahrsschr. f. wissensch. Philos. II, 1878, S. 77 f.. P. DU BOIS-REYMOND, Üb. d. Grundlagen d. Erkenntnis in d. exact. Wissensch., 1890. – Vgl. Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften, Philosophie.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 799-804.
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