[805] Witz (ingenium) ist eine Art des Scharfsinnes (s. d.), die Fähigkeit, zwischen entfernten Dingen ein Band auf unerwartete, überraschende Weise[805] herzustellen. ein solches Ganzes heißt auch selbst ein Witz und zwar wenn es komische (s. d.) Wirkungen hat.
LOCKE definiert: »Wit lies most in the assemblage of ideas, and puts those together with quickness and variety, wherein can be found any resemblance or congruity, thereby to make up pleasant pictures, and agreeable visions in the fancy« (Ess. II, ch. 9, § 2). Nach CHR. WOLF ist der Witz »die Leichtigkeit, die Ähnlichkeit wahrzunehmen« (Vern. Ged. I, § 858). Nach CHR. GARVE besteht der Witz in einer »gewissen Erfindsamkeit, verborgene und doch einleuchtende Verbindungen unter Begriffen zu entdecken, die voneinander sehr entfernt scheinen« (Samml. ein. Abh. I, 64 ff.. vgl. FEDER, Log. u. Met. S. 39). KANT bemerkt: »Der Witz ist entweder der vergleichende (ingentum comparans), oder der vernünftelnde Witz (ingenium argutans). Der Witz paart (assimiliert) heterogene Vorstellungen, die oft nach dem Gesetze der Einbildungskraft (der Association) weit auseinanderliegen, und ist ein eigentümliches Verähnlichungsvermögen, welches dem Verstande..., sofern er die Gegenstände unter Gattungen bringt, angehört« (Anthropolog. I, § 52 f.). Nach G. E. SCHULZE versteht man unter Witz im weiteren Sinne »alles Sinn- und Geistreiche in den Urteilen« (Psych. Anthropol. S. 235). Im engeren Sinne geht der Witz dahin, an dem, was der Verstand einander entgegensetzt, noch Ähnlichkeiten zu entdecken (l. c. S. 235 f.). Der echte Witz »stellt die Ähnlichkeit des Ungleichartigen anschaulich dar« (l. c. S. 236. J. PAUL, Vorsch. d. Ästhet. II, § 42. BIUNDE, Empir. Psychol. I 2, 112 f.. SALAT, Lehrb. d. höher. Seelenkunde S. 220 ff. FRIES, Syst. d. Log. S. 348, 356). Nach C. G. CARUS ist der Witz ein geistiges Vermögen, unter Mitwirkung der Phantasie »unerwartete Ähnlichkeiten verschiedener Vorstellungen, Begriffe oder Begehrungen, und zwar in der Richtung gegen das Lächerliche, zusammenzufassen« (Vorles. üb. Psychol. S. 408. vgl. BENEKE, Lehrb. d. Psychol.3, § 119 f., 142. R. ZIMMERMANN, Ästhet. § 541. VOLKMANN, Lehrb. d. Psychol. II4, 294 ff.). Nach M. CARRIERE ist der Witz das Vermögen, Ähnlichkeiten aufzufinden, die für die gewöhnliche Ansicht gar nicht da sind (Ästhet. I, 205. vgl. Vischer, Ästh. § 193). Nach L. DUMONT ist (wie nach VOLTAIRE) der Witz die Vorführung einer neuen Beziehung zwischen entfernten Gegenständen (Vergn. u. Schmerz S. 197). Nach MICHELET ist der Witz »die Tätigkeit der Einbildungskraft, eine nicht gegebene Association zu producieren« (Anthropol. S. 292). K. FISCHER erklärt: »Das Urteil, welches den komischen Contrast erzeugt, ist der Witz« (Über den Witz2, S. 97). »Der Witz ist ein spielendes Urteil,« ein Urteil, »wodurch etwas Verborgenes oder Verstecktes hervorgeholt und erleuchtet wird« (l. c. S. 99 ff.). »Was noch nie vereint war, ist mit einemmale verbunden, und in demselben Augenblick, wo uns dieser Widerspruch noch frappiert, überrascht uns schon die sinnvolle Erleuchtung« (l. c. S. 102 f). – Vgl. S. RUBINSTEIN, Psychol.-ästhet. Essays 1884, II, 134.