[580] CABÍRI, orum, Gr. Κάβειροι, ων, waren die Einwohner eines Ortes in Böotien, deren einer Prometheus hieß, bey welchem die Ceres, als sie ihre geraubte Tochter, die Proserpina, suchte, einkehrete, und ihm, sammt dessen Sohne, dem Aetnäus, etwas aufzuheben gab, welches sie auch heiligst verwahreten, ob gleich bis jetzo niemand eigentlich zu sagen weis, was es gewesen. Indessen war solches der Anfang zu dem geheimen Gottesdienste der Ceres, welchen besagte Kabiren verrichteten, indessen aber doch in dem Kriege der Epigonen wider die Thebaner auch von besagtem Orte mit vertrieben wurden, bis der Ueberrest von ihnen unter dem Telonda sich wieder daselbst einfand. Wie aber solcher Gestalt diese nichts mehr, als Priester besagter Göttinn waren; Pausan. Bæot. c. 25. p. 578. so hat dieß einige Schriftsteller verleitet, daß sie dieselben mit den Kureten, Korybanten und Daktylen für einerley gehalten, Strab. L. X. p. 466. Cf. Voss. de theol. gent. L. I. c. 57. welches aber nicht füglich seyn kann. Ban. Erl. der Götterl. II B. 493 S. Es machen dagegen andere ganz andere Personen aus den Kabiren, und sie zu wirklichen Göttern, deren Dienst zuerst von den Pelasgern nach Samothracien gebracht worden. Herodot. L. II. sect. 51. sq. Es soll aber [580] der erste, der ihn daselbst eingeführet hat, Eetion geheißen haben. Clem. Alexand. in Protrept. p. 8. Indessen bleibt doch ihr wirklicher Ursprung sehr dunkel, indem nach einigen ihrer dreye männliches, und dreye weibliches Geschlechts von dem Vulcanus und der Kabira, des Proteus Tochter, sollen seyn gezeuget worden, denen man auch beyderseits ihre Tempel gewidmet habe. Pherecydes ap. Gyrald. Synt. I. p. 23. Nach andern aber sollen deren nur zweene gewesen seyn, nämlich Alkon und Eurymedon. Nonn. Dionys. L. XIV. v. 19. oder von einem andern Vater Jupiter selbst und Dionpsus, oder auch Dardanus und Jasion, Jupiters und der Elektra Söhne, ap. Gyrald. l. c. oder auch, und zwar insonderheit in Samothracien, insgesammt viere, nämlich Axieros, Axiokersa, Axiokersus und Kasmilus, und soll die erste die Ceres, die zweyte die Proserpina, der dritte den Pluto, und der vierte den Mercur bedeuten. Mnaseas ap. eumd. l. c. Cf. Schol. Apollon. ad l. I. v. 917. Nach dieser Anzeige sollen sie denn die Götter der Todten gewesen seyn. Reland. Dissert. misc. P. I. Diss. V. §. 6. Andere wollen, es wären die Dii penates gewesen, welche Aeneas mit nach Italien gebracht, Serv. ad Aen. II. 325. die mit Labans Götzen, welche Rahel mitgenommen, einerley gewesen seyn sollen. Dacier. ad Hor. L. II. Od. 4. Gutberleth. de myster. Deor. Cabirar. C. II. p. 14. Wie nun hierbey einige ihren Namen bald von besagter Kabira, des Proteus Tochter, bald von dem Berge Kabirus in der Landschaft Berecynthia herleiten; Stesimbrotus ap. Strabon. lib. X. p. 472. also machen ihn andere zu einem ebräischen Worte, und wollen, daß er von Kabir, groß, stark, Voss. Theol. gent. lib. II. c. 31. Cf. Gutberleth. de myster. Deor. Cabir. C. I. p. 11. oder auch Gabir, stark, mächtig, herkomme, Reland. l. c. §. 8. welches denn in so fern gar richtig ist, weil man solche Kabiren zum wenigsten für Popanze hielt, welche im mindsten zu beleidigen höchst gefährlich war. Paus. l. c. Indessen scheint ihr Dienst aus Aegypten [581] hergekommen zu seyn, woselbst ein berühmter Tempel solcher Kabiren war, in welchen niemand, als der Priester, gehen durfte; jedoch gieng Cambyses, als er Aegypten bezwungen, auch in denselben, und nachdem er sein Gespött mit den darinnen befindlichen Statüen solcher Götter getrieben, so ließ er solchen endlich gar verbrennen. Herodot. c. 1. L. III. sect. 37. Ihr Dienst wurde dadurch besonders ehrwürdig, daß niemand anders, als Eingeweihete, solchen anhören durften, und sich die Priester bey ihren Cärimonien einer fremden Sprache bedienten. Diod. Sic. L. V. c. 49. p. 223. welche man für die phönicische halten will. Bochart. Chan. L. I. c. 12. Einige halten sie für einerley mit den Dioscuren, und geben für ihren Vater den Sydyck oder Jupiter an. Sanchuniathon ap. Euseb. laudante Marsham. Can. Chron. Sæc. I. p. 35. Nach diesen sollen denn ihrer sieben gewesen seyn, und den Aeskulapius, als ihren achten Bruder noch dazu bekommen haben. Euseb. Præp. Ev. L. I. c. 10. Sie wurden zuerst in Berytus, einer phönicischen Stadt, welche ihnen und dem Neptun Saturn geschenket hatte, verehret. Ib. Doch war der Aeskulapius, der daselbst mit unter den Kabiren verehret wurde, weder der griechische noch der ägyptische, sondern ein eingeborener Phönicier, und wurde auch Esmunus genannt. Damascius in vit. Isidor. ap. Phot. p. 1074. Da nun die Phönicier ihrem Ursprunge nach Aegyptier gewesen, so sollen sie auch die Verehrung der Kabiren von da mitgenommen haben, obgleich deren Benennung nicht ägyptisch ist. Wie aber dieser ihre Kabiren Kinder des Syduk oder des Gerechten seyn sollten: so waren der Aegypter ihre des Phthas, oder des Allesregierenden, unter welchen beyden Namen beyde Völker gleichwohl nur einerley Wesen, nämlich die ewige Ursache aller Dinge verehret haben. Iablonski Panth. ægypt. proleg. §. 26. p. 60. Diese sieben Kabiren der Aegypter und Phönicier nun sollen nichts anders, als die sieben Planeten, und der achte, welcher noch hinzu [582] gekommen und aus diesen allen bestanden, die Welt gewesen seyn. Xenocrat. ap. Clement. Alex. in Protrept. p. 44. oder wie er vom Cicero de Nat. Deor. L. I. c. 13. angeführet wird, so sollen fünfe in den Irrsternen genannt werden, einer aus allen Gestirnen an dem Himmel, gleichsam wie aus zerstreuten Gliedern, zusammen genommen seyn, wozu er denn noch siebentens die Sonne und achtens den Mond füget. Dieses sollen denn die so berufenen acht ältesten Götter der Aegypter seyn, da man im Anfange nebst der Verehrung des wahren Urhebers der Welt die sieben Planeten, als dessen Kinder, verehret: nachdem aber die Kenntniß des wahren Gottes gänzlich verloren gegangen, einen Syduk, Phthas oder Vulcan dafür an die Stelle gesetzet. Iablonski l. c. p. 62. Hier könnte man nun leicht unser ganzes Weltgebäude zu der ägyptischen Lehrverfassung von den Kabiren machen; man dürfte nur die Erde mit unter die sieben Planeten schieben, und die Sonne für den Phthas oder den Vulcan und das Feuer erklären, von welchem sie alle regieret, umgetrieben und bestralet würden. Es machen aber einige einen großen Unterschied unter diesen und den andern Kabiren, weil sie weder von dem Jupiter oder Sydyk, noch von dem Vulcan oder Phthas insgesammt herkommen. Gutberleth l. c. c. 5. p. 39. Doch begreift man auch unter sie die samothracischen Götter, weil sich ihr Dienst vornehmlich in dieser und der nicht weit davon gelegenen Insel Imbrus fest gesetzet hatte. Stephan. in voc. Ἴμβρος, p. 327. Sie führen unter andern die Beynamen, Θεοὶ δυνατοὶ, oder die mächtigen Götter, Varro ex Augurum libris de R. R. lib. IV. Θεοὶ μεγάλοι, die großen Götter, Θεοὶ χριστοὶ, die guten oder nützlichen Götter, Cassius Hemina ap. Macrob. Saturn. l. III. c. 4. und so ferner. Es ließen sich auch viele Fürsten zu ihren Geheimnissen einweihen, wie man in den alten Geschichten überall findet, weil man in den gefährlichsten Unternehmungen großen Beystand von ihnen zu erhalten [583] hoffete. Cf. Astorius de Diis Cabiris §. 8. in Poleni Thesaur. Antiq. T. II. p. 888. Sie wurden hiernächst auch in Phönicien, imgleichen in den Inseln Lemnus und Imbrus, ferner bey den Tyrrhenern und anderwärts mehr verehret. Huet. Demonstr. Evang. Prop. III. c. 6. §. 2. Zu Zerynth, einer Höhle in Thracien oder Samothracien, die den Kabiren geheilige war, opferte man der Hekate Hunde, welche Göttinn mit der Proserpina oder Ceres oft vermenget wird, und folglich mit zu den Kabiren gehöret. Stephan. in v. Ζηρύνθος, p. 289. Nonn. Dionys. L. XIII. 400. Es sollen ihnen auch selbst zu Rom drey Altäre in dem großen Rennkreise gewidmet gewesen seyn, Tertull. ap. Struvium Synt. A. R. c. 2. p. 172. Sonst aber war ihr geheimer Gottesdienst wohl nichts, als eine Nachäffung des mosaischen Gottesdienstes. Huet. loc. cit. Ihre Abbildung soll den Bildnissen des Vulcans ähnlich gewesen seyn, und doch die Gestalt eines kleinen Zwergjmännchens gehabt haben; weswegen sie eben vom Kambyses sollen seyn verspottet worden. Herodot. l. c. Man hat aber darinnen eine Art des Widerspruches zu sehen geglaubet, und daher gemeynet, es müssen Herodots Worte πυγμαίου ἀνδρὸς μίμησις das Bild eines starken handfesten Mannes heissen. Gutberleth. l. c. c. 6. p. 34. Wie aber, wenn es nun wirklich solche kleine Bilder, als des Labans Götzen gewesen wären, die doch wohl den Vulcan könnten vorgestellet haben? Sie kommen auf verschiedenen Münzen derjenigen Städte vor, worinnen sie verehret worden; und man trifft den Kabir vornehmlich auf den thessalonischen Münzen vielfältig an. Gemeiniglich steht er, mit einem Mantel bekleidet, zwischen einem brennenden Altare, den einige für einen Ambos halten, und einer Urne mit einem Palmenzweige, und hält in der linken Hand einen Hammer, und in der rechten Hand einen Ambos, den man auch zuweilen nur für Feuer ansieht. Wilde sel. numism. n. 96. conj. 92. & 93. Zuweilen steht er auch so in einem Tempel. Ib. n. 90. Auf einigen [584] hat er statt des Amboses das Zeichen des Sieges in der rechten Hand, und nur einen Palmenzweig und eine Urne mit einem Palmenzweige neben sich. Ib. n. 94. Auf andern steht er ganz frey, und hat den Hammer in dem linken Arme liegen, und in der rechten das Zeichen des Steinbockes. Ib. n. 69. Seguin. ses numism. 15. Anderer beym Beger Thes. Brand. T. I. p. 483. Harduin. num. antiq. illustr. p. 203. u.a. zu geschweigen. Aus einigen derselben erkennet man, daß den Kabiren zu Ehren auch pythische Spiele gehalten worden. Wilde sel numism. n. 94. p. 123. welche auf solchen auch wohl Cabiria genannt werden. Morelli specim. tab. 13. So hießen aber überhaupt die Feste, welche für sie anfänglich zu Lemnus eingesetzet worden. Die Einwohner der Insel Imbrus nahmen sie bald darauf an, von da sie nach Griechenland und vornehmlich nach Theben kamen, wo sie sehr berühmt wurden. Meurs. Græc. fer. L. IV. v. Καβείρια.
Buchempfehlung
Diese »politische Komödie in einem Akt« spiegelt die Idee des souveränen Volkswillen aus der Märzrevolution wider.
30 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro