Bonaparte [3]

[605] Bonaparte, Lucian, Fürst von Canino, geb. 1775 zu Ajaccio, wurde 1796 durch seinen Bruder Kriegscommissar in Italien, 1797 Mitglied des Raths der 500, half als dessen Präsident wesentlich zum 18. Brumaire, wurde dann Minister des Innern. 1800 Gesandter in Madrid, 1802 Tribun, 1804 Senator; er war Napoleons talentvollster Bruder, beredt und feurig, wollte ihm aber nicht als Werkzeug dienen und zog sich daher von ihm zurück, alle Anträge ablehnend. Erst 1815 ging er zu ihm nach Frankreich, wurde zum franz. Prinzen und Pair ernannt, aber von den Oesterreichern gefangen. Nach seiner Freilassung lebte er in Italien, in England einige Jahre nach 1830 u. st. 30. Juni 1840 zu Viterbo. Von dem kleinen Fürstenthume Canino im Kirchenstaate, das er angekauft, führt seine Nachkommenschaft den Titel. Aus seiner ersten Ehe mit Christine Boyer, einer Bürgerstochter, gest. 1801, wurden ihm geb. 1796: Charlotte, seit 1815 mit dem Fürsten Gabrielli verheirathet, von ihm Mutter von 5 Kindern; als Wittwe heirathete sie 1842 den röm. Arzt Settime Centamore; Christine Egypte, geb. 1798, gest. 1847, mehrmals verheirathet aber kinderlos. Aus L.s 2. Ehe 1802 mit Alexandrine Laurence de Bleschamp, Bankierswittwe, stammen: Charles Lucian Jules Laurent B., Fürst von [605] Canino und Musignano (s. d. Art.); Lätitia, geb. 1804, vermählt 1824 mit dem engl. Diplomaten Wyse von Waterford, später geschieden; Jeanne B., geb. 1806, mit dem Marchese Honorate verheirathet, gest. 1828, hinterließ eine Tochter Clelia; Paul Marie B., geb. 1809, Philhellene, gest. 1827 als griech. Seeoffizier; Louis Lucian B., geb. 1813, Chemiker und Mineralog, seit 1853 Senator; Pierre Napoleon B., geb. 1815, diente einige Zeit in Südamerika, kam 1834 nach Italien zurück, wurde 1836 von den päpstlichen Gerichten wegen frevelhafter Tödtung eines Sbirren zum Tode verurtheilt, aber zum Exil begnadigt, 1848 Mitglied der Nationalversammlung, Bataillonschef in Algier, wo er kein kriegerisches Lob ärntete, kam nach Paris zurück und spielte »den rothen« Prinzen, ist aber seit 1852 ruhig; Antoine B., geb. 1816, Mitschuldiger im Sbirrenhandel und deßwegen flüchtig, 1849 Mitglied der franz. Nationalversammlung; Alexandrine Marie B., geb. 1818, seit 1836 Gemahlin des Valentin de Canino, in unglücklicher Ehe; Constanze B., geb. 1823, Aebtissin der Schwestern zum heil. Herzen Jesu in Rom.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 605-606.
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