[24] Gastfreundschaft, die Aufnahme u. Pflege von Fremden, als hilfsbedürftigen Menschen ohne Ansprüche auf Bezahlung, war und ist eine Nothwendigkeit, wo die Verkehrsmittel schwach, die Zahl der Reisenden gering u. die Rechte des Fremden nicht völkerrechtlich geschützt sind. Bei den alten Hebräern war sie eine der heiligsten Pflichten, viele Bibelstellen geben Beispiele (Abraham und Loth) der G. und Erläuterungen des Gastrechtes. Bei den Griechen und Römern (Beispiele im Homer; Themistokles und Admet) gedieh die Polyxenie oder hospitalitas zu einem vertragsmäßigen, auf Gegenseitigkeit der Leistungen beruhenden und sich forterbenden Verhältnisse. Zu Christi Zeit gab es schon mannigfache Verpflegungsanstalten für Reisende u. Fremde, aber die G. blühte noch u. die Thatsache, daß Juden u. Samariter dieselbe nicht gegeneinander beachteten, war das gewichtigste Zeugniß ihrer unversöhnlichen Feindschaft. Die Religion Christi empfiehlt G., da Armuth der Reisenden sie bei den cultivirtesten Völkern nothwendig macht (Math. 10,42. 1 Timoth. 5,10. Römer 12,13. Apg. 16,15 u.s.w.). Wie vielseitig das christl. Mittelalter durch geistliche Orden und Vereine die Pflichten der G. übte, ist erst in neuester Zeit wieder anerkannt worden, bis heute gibt es gastl. Klöster u. mahnte das Hospiz auf dem St. Bernhard (s. d.) an den Unterschied zwischen christl. Herbergen u. modernen Hotels. Im Orient blühte die G., namentl. bei den Arabern, fort; Mohammed, dessen Anhänger sich durch Wohlthätigkeit gegen Glaubensgenossen auszeichnen, gab ihr auch hier die Weihe der Religion. In Norwegen, auf den poln. Edelhöfen, bei den Russen hat die G. ihren patriarchalischen Charakter noch nicht ganz eingebüßt.