Tortur

[500] Tortur, lat.-deutsch, Anwendung körperlicher Peinigung zur Erlangung eines Geständnisses. Der Angeschuldigte bei dringlichem Verdacht wurde unter Vorlage der Marterwerkzeuge oder Versetzung in die Marterkammer zunächst mit der T. bedroht (Territion); dann stufenweise die T. qualen angewendet u. gesteigert auf alle erdenkliche Weise (schlagen, kneipen, stechen, brennen, krümmen, auseinanderzerren u.s.w. mittelst Daumenschrauben, Leitern, Beinstiefeln, Hasen, Schwefelfedern, Pechpflaster, glühenden Kohlen, Eisen, heißem Wasser, Pulver, Haarseil, Kienstöcken, Zangen, Rädern, Hunger, Durst, Wachen u.s.w.) in Gegenwart der Gerichtspersonen. Wollte er bekennen, so legte man die T. weg und führte ihn ins Verhörzimmer, damit das Geständniß als ein freies erscheine. Gestand er nicht trotz erschöpfter T., so erschien er als nichtschuldig. – Die T. in der alten u. neuen Welt erklärt sich einerseits aus dem rohen Charakter der Zeiten, vornämlich aber aus der Anschauung, daß außer dem Geständniß kein anderer Schuldbeweis zureichende Gewißheit gebe zur Verurtheilung. Sie verschwand deßhalb allmälig überall, sowie der Schuldbeweis im Strafproceß auf andere Grundlagen gestellt wurde (ordentliche Beweismittel, später Inzichten).

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 500.
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