Willkür

[694] Willkür (liberum arbitrium) heißt die niedrigste Stufe der Freiheit, nämlich die Fähigkeit, zwischen verschiedenen Möglichkeiten beliebig und ohne sittliche Gründe zu wählen. Daß der Mensch dabei ganz indeterminiert sei, ist nur ein Schein, welcher aus dem Zugleichsein mehrerer Bestimmungsgründe in unserm Innern entspringt. Wer die Freiheit des Willens und des Wesens der Willkür in der Indeterminiertheit sieht, verwechselt das Unvermögen des Beobachters, das Resultat der Überlegung vorherzubestimmen, mit einem jede Vorherbestimmung ausschließenden Vermögen im Wählenden. Wählen aber heißt das einem besser Scheinende vorziehen; da dies nur auf Grund einer Überlegung geschehen kann, setzt die Wahl gerade die Motivation durch äußere Gründe oder die innere Entscheidung voraus; wer aber unter willkürlich handeln grundlos handeln versteht, der hat kein Recht, noch von sittlichem, freiem Tun überhaupt zu sprechen. Vgl. Indeterminismus, Äquilibrismus.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 694.
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