|
[320] Der Krieg zog aus, zu kaufen
Ein ungewisses Los,
Und wirft zu ganzen Haufen
Dem Sieg die höchsten Güter in den Schoß.
In freudigem Vertrauen
Kränzt sich, wer übrig blieb,
Und ich muß niederschauen,
Denn Einer sank, er war den Besten lieb.
Du Spiegel aller Güte,
Du frommes Jugendblut,
Du sankst, du Adelsblüte,
Mein Stolberg, o wir waren dir so gut.
So stark, so frei, so tüchtig,
So kindlich, freudig, fromm,[320]
So mutig und so züchtig,
Mein Stolberg war im Himmel recht willkomm.
Sagt! wer verdient zu siegen,
Wer gilt so hohen Preis,
Wenn solche Opfer liegen
Zu des Triumphes blut'gem Ehrengleis.
Drum horcht, ihr Siegesmeister,
Wenn man die Fahne schwingt,
Drin rauschen edle Geister,
Die keine Lügenkunst je wiederbringt.
Wißt, daß ein Tag muß kommen
In Volks-, in Gotteskraft,
Wo Rechnung wird genommen
Für alle, die der Sieg hat hingerafft.
Der Braunschweig ist gestorben,
Der hat sich ausgelöst
Rechtfertigung erworben,
Von allen Fürstenschulden sich entblößt.
Es stirbt durch Rosses Hufen
Kein Hälmlein in dem Feld,
Daß, der den Reuter gerufen,
Nicht werde drum in das Gericht gestellt.
Die Saaten sollt ihr hüten,
Die frommes Blut getränkt,
Dem Vaterland vergüten,
Das Leben, das der Opfernde ihm schenkt.
Nur darum ist gefallen
Stolberg aus freiem Mut,
Daß den Gerechten allen
Sein freies teutsches Leben komm zu gut.[321]
Dies ist der letzte Willen
Bei jedes Helden Tod,
Und diesen zu erfüllen,
Das tut euch Fürsten, und dir Teutschland not.
Mit seines Vaters Segen
Und mit dem Kuß der Braut,
Und mit dem teutschen Degen
Hat seinen ganzen Schatz er Gott vertraut.
Der hat ihn hingenommen
Aus dieser wilden Welt,
Den Starken, Reinen, Frommen
Dort bessern Kampfes Siegern zugesellt.
So ihr den Sieg nicht ehret
Den solches Blut erkauft,
So ihr zum Bösen kehret
Den Sieg, den solcher Unschuld Blut getauft,
Dann sterbt für Volkes Taten,
Die ihr im Wappen tragt,
Den Tod der Diplomaten,
Die um verhaltnen Lohn solch Blut anklagt.
O Gott im Himmelreiche
Erleuchte unsre Herrn,
Daß unsre Ernde gleiche
Der Saat, dann fielen unsre Lieben gern.
Ausgewählte Ausgaben von
Ausgewählte Gedichte
|
Buchempfehlung
Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.
106 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro