Zweites Kapitel

[300] Nach allgemeinem Familienbeschluß

Nennt man den Knaben Hieronymus. –

Meistens war er ganz gut zufrieden,

Besonders, wenn ihm ein Schnuller beschieden.


Zweites Kapitel

Aber dann kamen die bösen Insekten,

Welche ihn immer so leckten und neckten,


Zweites Kapitel

Zweites Kapitel

Daß er sich nicht zu helfen wußte

Und seinen Schnuller entlassen mußte.

Weithin erscholl sein Wehgeschrei

Und lockte die guten Eltern herbei.


Zweites Kapitel

[300] Die gaben dann manchen zärtlichen Kuß

Ihrem lieben kleinen Hieronymus.


Als nun Hieronymus sieben Jahr

Und auch bereits in der Schule war,

Da hat es sich leider Gottes gezeigt,

Daß er dem Lernen sehr abgeneigt.


Zweites Kapitel

Statt dessen fing er häufig mit Spucke

Zwischen den Fingern sich eine Mucke,

Und tat's auch dann noch, wenn es hieß:

»Hieronymus, unterlasse dies!«


Auch trieb er noch manch andere Possen,

Die den Herrn Rektor sehr verdrossen.


Zweites Kapitel

[301] Zum Beispiel stutzt er sich seinen Zopf


Zweites Kapitel

Und stopft das in den Pfeifenkopf.


Zweites Kapitel

Der gute Rektor kommt gegangen,

Greift nach der Pfeife voll Verlangen,
[302]

Zweites Kapitel

Und, da er sie noch geladen findet,

Hat er sie baldigst angezündet.


Zweites Kapitel

Aber schon nach den ersten Zügen

Macht ihm die Sache kein rechtes Vergnügen.
[303]

Zweites Kapitel

»Bäbä!« – so spuckt er. – »Ich glaube gar,

Dies schmeckt wie gebratenes Menschenhaar!


Zweites Kapitel

Ei ei! Hieronymus, du Tropf!

Da fehlt ja was hinten an deinem Zopf!«
[304]

Zweites Kapitel

Der Rektor, welcher in heftigem Zorn,

Schlägt nach hinten und zieht nach vorn.


Zweites Kapitel

Des Rektors Pfeife ist ruiniert;

Hieronymus ist mit Tinte beschmiert. –

Hieraus zieht der Rektor den Schluß:

's wird nichts aus diesem Hieronymus.[305]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 2, Hamburg 1959, S. 300-306.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Bilder zur Jobsiade
Bilder zur Jobsiade

Buchempfehlung

Mickiewicz, Adam

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz oder Die letzte Fehde in Litauen

Pan Tadeusz erzählt die Geschichte des Dorfes Soplicowo im 1811 zwischen Russland, Preußen und Österreich geteilten Polen. Im Streit um ein Schloß verfeinden sich zwei Adelsgeschlechter und Pan Tadeusz verliebt sich in Zosia. Das Nationalepos von Pan Tadeusz ist Pflichtlektüre in Polens Schulen und gilt nach der Bibel noch heute als meistgelesenes Buch.

266 Seiten, 14.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon