Selige Ewigkeit

[294] Selig' Ewigheit,

Lohn der Himmels-Erben,

Derer Hertzeleid

Die in Sünden sterben.

Bild doch dich allein

Immer mir recht ein.
[295]

Laß mir nichts dein Wort

Aus dem Hertzen lencken,

Sondern fort und fort

Mich an dich gedencken:

Sey mein Tritt, mein Gang

Vnd mein Lebens-Zwang.


Hast du dich gesellt

Wol zu meinen Sinnen,

Nichts in dieser Welt

Wird mein Hertz gewinnen:

Denn was gleicht allhier

Deiner hohen Zier?


Deinen rechten Stand

Würdig auszusprechen,

Wird uns Witz und Hand

Zung und Mund gebrechen:

Hier hat Wissenschafft

Weder Art noch Krafft.


Gott von Angesicht,

Wie Er ist, erkennen,

Durch das grosse Licht

Seiner Liebe brennen:

Sprechen: Meine Ruh,

Gott, bist einig Du.


Vber alle maß

Gnügsam sein geniessen,

Ihn ohn unterlaß

In die Arme schliessen:

Vnd sich spiegeln gantz

Nur in seinem Glantz.


Aller Wünsche Macht,

Aller Weißheit Gaben,

Aller Hoheit Pracht

Allen Reichtthum haben:

Nirgends sehn Verdruß

In dem Vberfluß.


Aller Väter Schar

Vnd die lieben Seinen

Sprechen immerdar:

Nirgends über weinen.

Ohn Gefahr und Pein

Vnd ohn Kranckheit seyn.


Seine Stimm empor

Mit den Engeln schwingen

Vnd in vollem Chor

Vnserm Schöpffer singen:

Heilig bist du, Gott,

O Herr Zebaoth.


Vnd diß alles zwar

Nicht nur lange Zeiten,

Hundert tausend Jahr,

Die zuletzt verschreiten,

Nein ohn' End und Zeit

Vnd in Ewigheit:


Dieses und was mehr,

Vber Menschen Zungen,

Vns in kein Gehör,

In kein Hertz gedrungen

Wohnt, du Himmels-Zier,

Ewigheit, in dir.


Solt' ich nicht allhie

Gern umb dich ertragen

Armut, Blösse, Müh,

Hohn und KranckheitPlagen?

Ja die höchste Noht

Biß in meinen Tod?


Gott, der du bereit

Warst für uns zu sterben

Bloß der Ewigheit

Heil uns zu erwerben:

Dieses theure Gut

Kostet dir dein Blut.


Laß hie meinen Leib

Wol gezüchtigt werden,

Schlag, haw, brenn, zerreib

Ihn zum Klößlein Erden,

Nur die Seel' entgeh

Ewig ihrem Weh.


Keiner Wollust Schuld

Steige mir zu Hertzen,

Daß ich deine Huld

Wolt' hierumb verschertzen,

Ewig auch dazu

Meiner Seelen Ruh.
[296]

Täglich tödt in mir

Meiner Lust beginnen,

Keiner Welt begier

Komme mir zu Sinnen,

Ihre falsche Lust

Sey mir Gram und Wust.


Laß mich nirgends hin

Aus der Vnschuld wancken

Vnd mir in dem Sinn

Wercken und Gedancken

Schallen jederzeit

Selig' Ewigheit!

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 3, Halle a.d.S. 1937, S. 294-297.
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