Christliche Sterbens-Lust

[209] Biß zur Grabes-Kammer

Vnd biß an den Tod,

Weiter muß kein Jammer,

Weiter keine Noht.

Hier hält uns die stille Ruh

Ewig Ohr- und Augen zu,

Und verhütet

Daß, was wütet,

Vns durchaus nicht Schaden thu.


Vnsre Seelen schweben

Hoch in Gottes Reich,

Da sie ewig leben

Selbst den Engeln gleich,

Voller Glantz und Herrlicheit,

Doch dafern sie in der Zeit

Vnschuld lieben,

Gutes üben,

Vnd der Sünden sich befreyt.


Muß dann in der Erden

Vnsrer Leiber Zier

Staub und Asche werden,

Ey die Stund' ist hier,

Da dieß Fleisch und dieß Gebein,

Bringt man es gleich traurig ein

Jetzt der Hölen,

Mit der Seelen

Wieder wird vereinigt seyn.


Da wird man mit Preisen

Vor den Höchsten gehn,

Ihm auff tausent Weisen

Ehr' und Danck gestehn,

Singen nicht ohn Lust-Geschrey,

Daß er heilig, fromm, getreu

Im Gemüte,

Ja die Güte

Vnd die Langmuht selber sey.


Wer giebt solcher massen

Etwas auff den Tod?

Weis nicht Trost zu fassen

Wider alle Noht?

Gott, bereit uns allzumal,

Daß wir aus dem finstern Thal

Dieser Thränen

Stets uns sehnen

In den ewign Himmels-Saal.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 209.
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