Hochzeit-Scherz

Weil bey Flammenreichen Kriegen

Phabus Künste gar erliegen/

Hat sich unser Freund bedacht

Und giebt Büchern gute Nacht.


Wer wolt auch wol hier studiren

Wo man nur pflegt einzuführen

Leinwand/ Wolle/ Korn und Waltz

Ochsen/ Grötzer-Bier und Saltz?


Wie man mir gewiß wil sagen:

Hat sich noch für wenig Tagen/

Der uns Bücher trug hervor

Weg gemacht durchs Polnsche Thor


Weil er nichts denn nur Donaten/

Büchlein/ wie man ein soll rathen/

Eulen-Spiegel/ A.B.C.

Hat verkauffet je und eh.
[157]

Warum solte denn zum Weben

Sich nicht unser Freund begeben?

(Wäben schafft uns Brod ins Hauß

Bücher kauffen/ trägt es rauß.)


Wenn zumahl der/ der ihn lehret

Wird von jederman geehret/

Und die goldne Kunst versteht

Dir da nicht nach Brodte geht.


Kan es einer darzu bringen

Daß er mag mit Jungfern dingen

Wieviel Jahr er lernen soll/

Basta der befindt sich wol.


Diß Glück/ hab ich recht vernommen/

Ist euch jetzt zu Hause kommen

Wehrter Freund/ mein ander Hertz/

Offt mein Trost in meinem Schmertz.


Ey greifft weil sie kommt gefahren

Die Gelegenheit bey Haaren/

Andre mögen müßig stehn/

Oder Gassen treten gehn.


Schreckt nicht für den Wäber Körben/

Wer was redlichs wil erwerben

Trägt diß offt mir Körben ein/

Was zu Fudern kan gedeyn.


Wird/ die euch soll unterrichten

Können recht die Werffte schlichten

Wird die Schütz euch läuffig seyn

Tragt ihr saubre Faden ein.


Wenn auch das Gezöh recht feste/

Ey so webet ihr auffs beste

Bilder/ Vögel/ See und Land/

Trotz/ Gevatter Grantzes Hand.


Wolt ihr ausgelernet kriegen/

Wäbt ein Kindlein in der Wiegen

Eine Wöchnerin ins Bett

Loßgesagt geht ihr; Ich wett.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 3, Tübingen 1963, S. 153-154,157-158.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Rameaus Neffe

Rameaus Neffe

In einem belebten Café plaudert der Neffe des bekannten Komponisten Rameau mit dem Erzähler über die unauflösliche Widersprüchlichkeit von Individuum und Gesellschaft, von Kunst und Moral. Der Text erschien zuerst 1805 in der deutschen Übersetzung von Goethe, das französische Original galt lange als verschollen, bis es 1891 - 130 Jahre nach seiner Entstehung - durch Zufall in einem Pariser Antiquariat entdeckt wurde.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon